Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
Vom Netzwerk:
Hauffen Reuter ins Feld stellen konte; was weiters? Jch wuste andern ihre Rohr zuzubannen / daß keiner schiessen mochte / wann ichs nicht haben wolte / und war hingegen versichert / daß mirs keiner thun konte / und über diß musten alle meine Kuglen gewiß treffen / und Blut haben; Mit solchen Künsten außstaffirt / gedachte ich im Krieg keinem Helden nichts nachzugeben / sonder viel mehrers Hectorem und Achillem , ja den Herculem selbst zu übertreffen / und also mich den alten berühmten Heydnischen Halb-Göttern gleich zu machen; Jch liesse mir schon träumen / wie alle Woch die Extra - und Ordinari -Zeitungen mein Lob ausbreiteten / und das Volck nahe und fern von sonst nichts anderst / als von meinen Helden-Thaten zu sagen und zu rühmen wuste; Jn 14. Tagen auffs längst getraute ich wegen meiner unvergleichlichen Dapfferkeit allbereit ein Capitain / in einem Monat hernach ein Obrister / und ehe gar ein viertel Jahr herumb gieng / ein grosser General zu seyn / der mit einer eintzigen Compagnie den König in Franckreich / und alle seine dapffere Generalen demüthigen / den Vereinigten Niderländern dardurch den Namen der aller-unüberwindlichsten Völckerschafft erwerben / mir selbst aber unsägliche Beute und Reichthumber / und über diß alles auch diese Ehr erobern und zu wegen bringen würde / daß man mir an allen Kreutz Wegen auff dem Land / und an allen Eck-Häusern und Volckreichen Plätzen in den Stätten gewaltige Triumph-Bögen und Ehren-Säulen auffrichte / und meine grosse Thaten zu ewiger Gedächtnus in Felsen und Marmor eingehauen / der lieben posterit ät hinderlasse.
    Weilen dann eben damahlen die Waffen deß Aller-Christlichsten Königs / mit assisten tz deß Königs in Engelland zu Wasser und Land die verlassene Holländer anwendeten / und in deme sie selbige unversehens übereylet / mit trefflichen progressen fort giengen / bedauchte mich Zeit zu seyn / dem betrangten Volck (so nannte ichs / weil ich mir gar viel einbildete) mit meiner Dapfferkeit zu Hülff zu kommen / und ihm meinen Valor weit besser / als ein anderer Martin Schenck zu erkennen zu geben.
    Zu Pferd wolte ich mich nicht einstellen / weil ich selbiges nicht zugleich mit mir unsichtbar machen konte / zumahlen auch sonst zu Fuß besser zu agir en getraute / und weil ich mich auch nicht so stracks vor einen gemeinen Knecht verbunden machen wolte / die nicht jedesmahl befürdert werden / wann sie es verdienen / so gab ich mich zu einem Hauffen Freywilliger / die eben so viel vom Krieg verstunden als ich / ob sie gleich nicht so kunstreich waren / unter denselben warff ich mich hervor / wie das Böse in einer Wannen / und wünschte sonst nichts mehr / als eine scharpffe Occasion , und demnach es hier und dort etliche Scharmützel setzte / erzeigte ich lauter Courage , und bey nahe mehr als einen Löwen-Muth / ich schertzte mit den Musqueten-Kugeln / wie mit denen / so auß einem Blaß-Rohr geschossen werden / und legte hingegen mit den meinigen manchen auff die Erde / und ob wir gleich schier jedesmal gejagt wurden / so war ich doch allzeit der letzt im weichen / und brachte jederzeit etwas zum Wahrzeichen / und Zeugnus meines Hertzhafften Soldaten-Gemüts zur Beut mit mir heim / so ich vermittelst meiner Unsichtbarkeit gar leicht thun konte / ohne daß es jemand von Freund oder Feind hätte wahrnehmen können.
    Jch gieng offt allein hinauß auff die Schnapphanerey zwischen der Feind Quartier , und wo ich wuste oder muthmaßte / daß einige von ihnen vorbey passir en würden / da laurete ich auff sie im verborgenen / und wann gleich 3. 4. oder gar 5. angestochen kamen / so gab ich doch Feuer drauff / fiele dann einer / wie gemeiniglich geschahe / und die andere wolten viel Mist machen ihm auffzuhelffen / oder sonst zusehen / was da zu thun wäre / so hatte ich geschwind wieder geladen / und noch einen nidergelegt / und wann der Rest seines Wegs nicht bald fort ritte / so machte ichs dem dritten und vierdten auch nicht besser / wolten dann einige mich suchen / und dem der sie angegriffen / weisen / daß sie Soldaten wären / so vexierte ich sie viel ärger / weil sie mich nicht sehen konten / und also opfferte ich vielmahl gantz allein ihrer etliche auff.
    Diß Leben triebe ich / und häuffte mein habendes Gelt schier täglich beydes mit recht- und unrechtmässigen Beuten / biß es zwischen beyderseits Waffen mehr ein grössere Occasion , als ein gemeines Gefecht setzte / worinn die Frantzosen den Sieg und das Feld behielten;

Weitere Kostenlose Bücher