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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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gab ihm gleich hernach einen solchen Stoß / daß er die Stege hinunter rumpelte und ein solches Gebolder machte / daß ich gedachte / er würde Halß und Bein zerbrochen haben; Sein Kammerrath gieng darauff näher zur Stegen / ohne Zweifel zu fragen wie ihm geschehen wäre; er hätte aber solcher Frag nicht bedörfft / dann ich wiese ihm gleich auch denselben Sprung den jener gethan / also daß dißfalls ohngefragt er so viel wuste als sein Gesell / ohne daß jener ein Bein samt dem Ruckgrad zerbrochen / dieser aber nichts entzwey gefallen hatte: Es war artlich zu hören / als je einer zum andern sagte / Ach Bruder was ist das?
    Der Gesunde oder ganghailige stund gleich wieder auff / und vermahnet den Krancken zu folgen / damit sie das vorgenommen Werck enden mögten; der Will bey selbigem war gut / aber die Folge unmöglich / dann so bald er sich nur ein wenig bewögte / schriehe er wieder aller Diebe Gewonheit überlaut / daß ihm sein Kammerrath deßwegen ich weiß als nicht was vor ein Hauffen gut Dings in den Hals wünschte; Er hätte ihn gern hinweg getragen oder geschleppt / aber der Krancke konnte deren keines vor hefftigen Schmertzen erleyden; derowegen sagte der ander zu ihm / Bruder ich sehe wol was es abgeben wird / du wilst hier liegen bleiben und mich und dich auffs Rath bringen; Nein antwortet jener / ich weiß wol zu schweigen / laß mich nur liegen; du Hundsfutt sagt dieser / kanst du doch das Maul nicht halten / wann ich dich in deine Freyheit tragen und das Leben erhalten wil / was würdest du erst thun / wann du dich gefangen sehest und mit der Folter umb unsere Händel gefragt würdest; darauff fasset er ihn geschwind bey der Gurgel / daß er nicht weiters schreien konte / und gab ihm mit einem Dolchen wol zwantzig Stich nacheinander in die Brust / so ich gern verhindert hätte / wann ich zukommen mögen; und da Er mit ihm fertig war / stiege er wieder gegen mir die Stege hinauff / nicht weis ich wolte er das angezünte Zauberwerck holen / oder der ersten Jntention nach das Hauß bestehlen; aber so bald er sich mir näherte / stiesse ich ihn wieder rücklings hinunter / daß ich nicht anders glauben konte / als daß er bey seinem Kammerraten liegen bleiben: und ihme wie im Leben: also auch im Todt Gesellschaft leisten müssen / aber er hatte Katzenart / welche / wann man sie gleich hoch herab wirfft / dannoch ohne Schaden wieder auffstehen; dann er stunde wieder auff von seines Gesellen todten Cörper / und sagte zu sich selbst / ich will hinauff und solte der Teufel und seine Großmutter darwider seyn; darauff antwortete ich ihm / und kommst du mir wieder unter die Hände / so wil ich dir den Hals brechen; darvon der Kerl dermassen erschrack / sonderlich weil er niemand sahe / und doch meine bedrohenliche Stimme so nahe bey sich hörete / daß ihm das Stegen steigen vor dißmal gantz verleidete / dann er verliesse seine zauberische Flamme / die noch oben im Hauß bey mir brannte / und lieffe zur Haußthür hinauß als wann ihn der Teufel gejagt hatte.
    Dieselbe schlug ich nach ihm wider zu / stiege wiederumb zu öberst ins Hauß hinauff / und legte mich auff meine Plauen / worauff ich die vorige Nacht so trefflich wol geruhet hatte; Jch konte aber drumb nicht schlaffen / dann mein Gewissen quelete mich / daß ich ein Ursach gewesen / daß ein Mensch ohne Bereuung seiner Sünden sterben: und also besorglich in die ewige Verdamnuß gehen müssen; doch tröstet mich dargegen umb etwas / daß hierdurch der Hauß-Herr und Gadenknecht erhalten worden / welche vielleicht diese zween Unmenschen im Schlaff und vielleicht die Frau und Magd darzu / wann sie zeitlich genug heimkommen wären / ermordet haben möchten:
    Es war bereits nach Mitternacht als gemelte Frau von etlichen ihren Verwandten von der Hochzeit nach Hauß begleitet wurde; die Magd schlosse indessen die Thür auff / als der Frauen Freunde ihre Abschieds-Complimenten machten / sie versperre sie auch wieder / nachdem jene hinweg und ihre Frau im Hauß war / nachdem sie aber zu deß ermordten Mörders Cörper kam / und selbigen im Blut todt liegen sahe / liesse sie einen lauten Schrey! wie sehr aber die Frau selbst erschrocken / kan ich nicht sagen / dann ich lag damals auff der obern Bühne / und hörte daß die Thür wieder geöffnet / und die Geleits-Leute zuruck geruffen wurden; die sahen nun gleichfalls das Specktacul mit Erstaunen / und als sie die Stege hinauff kamen / die blaue zauberische Schlaffflamme mit Verwunderung an; Frau und

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