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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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Freunde giengen in alle Winckel deß Hauses / und fanden alles ordentlich und unverruckt; sie visitirten auch so gar oben wo ich lag und noch höher droben / so wol als unten im Keller und allen Gewölbern; der Mann und Gadendiener konnten von ihrem Schlaff nicht erweckt werden / ohnangesehen sie die Augen öffneten / und etliche Fabelhaffte Ding redeten wie theils Träumende zuthun pflegen; Endlich wurde vor gut befunden / nach der Obrigkeit zu schicken / da wurde diß und das und jenes gerathen / und doch nirgends nichts getroffen; zween Schürgen oder Büttel musten den Cörper auß dem Weg raumen / da hörete man die Diebs-Schlüssel (die neben verborgenen Gewehr von grossen scharfen Messern bey ihm gefunden worden) klingeln.
    Derowegen ward nach dem Scharf-Richter geschickt / der seine Kleider durchsuchte und unterschiedliche Stuck bey ihm fande / die deß entleibten Boßheit bezeugten / derselbe erkannte auch die zauberische Schlaff-Flamme / welche bißher noch niemand anzurühren erkühnen dörffen; so bald er dieselbe löschte / erwachten beydes der Herr und sein Diener / welche sich verwunderten / daß so ein hauffen Leute / sonderlich die Obrigkeit mit Henckern und Stadtknechten im Hause versamlet waren; Weilen dann auch die angesetzte Leiter gefunden wurde / und alle Anzeigungen bezeugten / daß der Entleibte (GOtt geb wer ihn auch umbbracht haben möcht) ein Ertz-Dieb gewest seyn müste / so wurde dem Hencker der Cörper zuerkannt / solchen hinweg zuthun und den folgenden Tag unter dem Galgen zubegraben / unter allen diesen seltzamen Händeln gienge ich mitten unter den anwesenden Leuten herumb / und hätte ihnen am besten auß dem Traum helffen können / daß sie dieser Geschichte halber die Köpffe mit Nachsinnungen nicht so sehr zerbrechen dörffen; aber ich schwieg wie ein Weiser / weil mich die Haut nicht juckte; ich gedachte halt / du hast das deinig gethan / und nicht allein den getruncknen Peter-Simon: sondern auch noch wol ein mehrers verdienet / aber was schierst du dich umb eine Verehrung / die dir zwar billich gebührte / du aber mit Gefahr fordern müßtest? würdest du dich offenbaren / so würde man glauben du seyest deß Ertödten Gesell im stehlen / und auch deines Kammerrathen Mörder gewesen; mithin finge es schon an zutagen / derowegen ersahe ich meinen Vortel und kam noch einmal über das Faß meines so hoch geliebten Geträncks / nahm dessen an statt eines Branteweins so viel zu mir / als ich mit guter Vernunfft zuertragen getraute / ohne daß ich auch Hamburger Zwibachens hinein hätte weichen sollen / und gieng damit auß dem Hauß und noch denselbigen Morgen gar auß der Stadt.

Jch schlug mich auff die rechte Hand gegen der Polnischen Gräntze der Meinung einem reichen Juden desselbigen Königreichs so viel Ducaten außzuwischen / als ich würde tragen können / dann ich fieng an so Gewissenhafftig zu werden / daß ich durchauß keinen Christen bestehlen wolte / er hätte dann ärger als ein Jud seyn müssen / dergleichen ich mir aber nirgends zu finden getraute / und solte ich gleich alle Winckel der Welt außlauffen. Denselben Tag fieng es an Regenwetter abzugeben / derowegen wars vor mich nicht beym besten zuräisen / jedoch stampffte ich bey vier Meilen fort / und verlore darüber einen Absatz vom Schuh / welches mir gar einen beschwerlichen Gang verursachte / und mich nichtsdestoweniger zwang noch förders zu gehen / biß ich irgends in einer Stadt anlangte / meine Schuh umb neue zuvertauschen / weil ich mich nicht sehen lassen wolte / einen andern Absatz ansetzen zulassen / so die Dorff Schuhflicker ohne das nicht so leicht können.
    Jn dem aber der Regen gar zu starck anhielte / übernachtet ich in einer Schäferey / warauff der Schäfer eben ein fettes Lamm abgestochen hatte / und durch sein Weib beydes gesotten und gebraten zurichten liesse. Recht lächerlich kam mirs vor / als er seinem Weib ein gebraten Hinter-Viertel darvon vor die Nase hielte und sagte; Ach schmeck! wie wol reucht diß Ding? und doch weiß ich / wanns unser Herr schmeckte / daß ihm der so liebliche Geruch dannoch im Hertzen wehe thäte; und eben darumb ists billich / daß mans ihm nicht auff die Nase binde / damit er mit Zorn nicht sündige; Sie machten sich gar lustig bey ihrer Mahlzeit / ob sie gleich leyder nur Wasser darbey zu trincken hatten; Jch behalff mich wol zween Tag bey ihnen / weil ich erstlich deß Regens und zweytens deß angeloffenen grossen Gewässers halber nicht ferners kommen

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