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Das wunderbarliche Vogel-Nest

Das wunderbarliche Vogel-Nest

Titel: Das wunderbarliche Vogel-Nest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen
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sein Versprechen halten und sie alsobalden zu frieden stellen; Es bleib darbey / antwortet das Weib; mein Begehren ist / daß ihr mirs noch einmal thun solt / dieweil die Thür noch zu ist; Ja / sagte der Mann / das ist mir jetzt ungelegen; Haha! antwortet das Weib / so sehe ich wol / ihr seyd auch einer von den Männern / die mehr versprechen als sie zu halten gedencken; Es war mir auch ungelegen / und dannoch willigte ich in euer Begehren; aber hinfort weiß ich; wie weit ich mich auff euer Versprechen zu verlassen habe; Endlich lieffe alles auff freundliches Schertzen hinaus / und als die Frau die Thür wieder öffnete / und zur Hochzeit gieng / machte ich mich auch fort den Kirchgang und andere hochzeitliche Ceremonien zu sehen.
    Solches thät ich nicht allein / sondern ich gieng auch mit in das Hauß worinn die Hochzeit-Gäste gespeiset wurden / sintemal mein Mage etwas Warms von mir præetendirte / so ich ihm daselbst in der Kuchel verschaffte; hernach spatzierte ich ein Weil auff dem Marckt herumber / zu vernehmen / was man guts neues sagte / und hörete von den Leuten nicht allein was sich mit der Kuhe / Mantel und zinnen Schüssel zugetragen / sondern daß auch diselbe Nacht etlichen Meißnern ein Balle wüllen Tuch entfremdet worden wäre / worauß ich muthmassete / daß der Kühe-Dieb denselben auch hätte stehlen helffen.
    Als nun gegen Nacht Essens-Zeit war / begab ich mich wieder in mein voriges Quartier / und fande den Gaden-Diener das Journal extrahirn / die Magd aber dem Herrn sein Nacht-Jmbs anrichten; so da war ein Salätgen: ein Perlegerstsüppgen: ein grün Kräutigen von Spinat; ein mit Butter / Sparglen und Citronen Eingemachtes: und ein gebratnes junges Hänngen; ich gieng mit in die obere Stub / und sahe daß er in eben demselben Bett sitzend speisete / worinn er sich den Vormittag liegend so munter gehalten hatte; sein Trunck war ein abgelegenes Striger Mertzen-Bier / welches gar gesund seyn soll; Jch mogte aber gleichwol mit ihme nicht schmarotzen / sondern gedachte an den Signor Peter Simon / der mich vortrefflicher zu seyn bedunckte / als Madam Ptisina; derowegen gieng ich wieder hinunter in das Hauß / zu sehen ob ich bey gedachtem Herrn zur Audientz gelassen würde / das widerfuhr mir gar leicht / als indessen die Magd oder Köchin samt dem Gaden-Diener ebenmässig einen Salat / ein dörre Rinds-Zung / ein Stuck Sulper-Fleisch und ein Mäßgen alten Wein / neben einer Portion Holländischen Käs und Butter expedirten.
    Diese zwey waren denselben Abend freundlicher miteinander / als meines Bedunckens Herr und Frau denselben Morgen gewesen; wie sie mich dann ein Stückgen ihrer Kunst sehen liessen / gleich als wann ich darüber hätte urtheilen sollen / ob sie oder ihre Obern die Sach am besten könten / und ich glaub wann ich deßwegen gefragt worden wäre / daß ich den Preis nicht dem Herrn sondern dem Diener gegeben hätte.
    Als nun der Herr sein Liecht ausgelöscht hatte / der Diener auch ins Bette: und die Magd mit einer Laternen nach ihrer Frauen gegangen war / hielte ich meines Bedunckens mitten im Hause und zwar gerad vor deß Herrn Stub die Wacht / desto besser zu hören / und geschwind nahe darbey zu seyn / die Dieb mögten gleich einbrechen wo sie wolten; Jch bedorfft auch nicht lang zu warten; dann als es umb die Zeit deß ersten Schlaffs: zumaln auch bald an dem war / daß Frau und Magd wieder heim kommen solten / hörete ich hinden am Hause wo es an den Garten und Hof stiesse / ein Genüstel / allwo die Mauser eine kurtze Leiter auf einen Stoß Brennholtz gesetzt und an ein sonst vom Erdboden hohes Fenster angelehnet hatten: dardurch sie so ordentlich hinein passirten / als wann es ihr alltäglicher gewohnter Weg gewest wäre: sie hatten auch alles so fleissig ausgesonnen / und wie sie es machen wolten / zuvor berathschlagt / daß ich mich über ihre Spitzfindigkeit verwunderte; dann indessen der eine einen Hauffen dorthin hoffirte / gieng der ander hinunter ins Hauß und öffnete die Thür / damit wann etwan jemand im Hauß wider ihr Verhoffen alert würde / sie sich bey Zeiten dahinaus retirirn könnten; derselbe brachte / ich weiß nicht woher / ein Liecht mit sich / und als er damit wieder die Stege hinauff zu seinem Kammerrathen kam (welchem ich mich fleissig an die Seite gestellt) und sein Zauberwerck herfür suchte / die Leute im Hauß zu bezaubern / daß keins vom Schlaff erwachen könnte / liesse ich solches zwar geschehen / und dasselbe Ding anzünden / aber ich

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