Das wunderbarliche Vogel-Nest
muste; Jch aber legte mich in eine stinckente Cloac der Jmmen ferneren Verfolgung zu entrinnen / nicht anderst vermeinende / als daß ich allbereit die höllische Marter selbst lidte.
Da lerne nun du sicherer Narr (sagte ich zu mir) du elender Mensch! der du vor allem Gewalt der gantzen Welt genugsam gesichert zu seyn vermeinest / der du alle deine Thaten / deinen gantzen Handel und Wandel genugsam verborgen zu seyn glaubest: der du thust was dir beliebet / und denckest trutz wer will mirs wehren / wie leichtlich dich die allenthalben Göttliche Gegenwart seiner Allmacht finden / und entweder seiner Güte nach demütigen / oder seiner Gerechtigkeit und unergründlichen Urtheil nach augenblicklich gar biß in den Abgrund der Höllen hinunter stürtzen könne.
Aus obenbesagtem unflätigem Bad begab ich mich in ein anders / nemlich in ein fliessend Wasser / weil ich auß dem ersten so belampert stiege / daß mich wol kein Mensch (wann man mich gleich hätte sehen können) vor einen Menschen / aber wol vor eine lebendige Dreckseul (mit Gunst) hätte halten und ansehen mögen: Jn diesem letzteren oder zweyten Bad flößte ich zwar die äusserliche Besudelung ab / aber die hin und wider steckende Angel / die mir das Bienen-Volck gesteckt / und zu einem guten Gedächtnus in meiner Haut hinterlassen / konte ich samt dem darauß entstandenen Schmertzen so wenig vertreiben / als die Gewissens-Angst darinn ich schwebte: Jn welche ich mich gleichwol auß unvorsichtiger Leichtferdigkeit selbst gestürtzet hatte.
Hernach zoge ich mich Mutternackend auß / und trücknete hinter den Hecken meine Kleider durch die Stralen der Sonnen / welche allgemach gegen den Westen zustriche: so sich so lang verzögerte / daß ich dieselbe ob zwar kurtze Sommer-Nacht in eben demjenigen Wald verlieb nehmen muste / darinn etwa die Springinsfeldische Leyrerin gewohnet / und als ein wunderseltsame Melichina oder Meerfein / ihren guten Becken-Knecht erstmals angetroffen und bethöret hatte; Meine bey mir gehabte Speisen waren in dem Morast / darinn ich gesteckt / verderbt und zum Genuß untüchtig worden / derowegen muste ich Hunger leyden / ob ich gleich den verwichenen gantzen Tag weder Essen noch Trincken zu mir genommen; Was ich aber im Übrigen vor eine lustige Nacht gegen der vorigen gehabt / beliebe mein großgünstiger Leser unbeschwert selbst zu erachten.
Doch ists besser hie als dort gelitten; und in Behertzigung eines solchen / tröstete ich mich so gut ich immer konte; vornemlich dieweil sich die Schmertzen von den Jmmenstichen allgemach legten / oder weil ich ihrer nunmehr gewohnete.
Gleichwol befande ich mich am Morgen frühe wiederumb wol auff / ohne daß ich innerlich eine Mattigkeit und Begierde zum Essen / äusserlich aber hie und da an meinem Leibe eine Sammet-weiche Geschwulst empfande; Meine Gedancken handelten dieselbe Nacht nichts anders als daß sie mit Verwunderung betrachteten / was massen GOtt der Allmächtige seine Widerspenstige auch durch die allergeringste Insecta heimsuchen und züchtigen könne / und deswegen keine gewaltige Haupt- oder Landstraffen zu senden bedörffte; deß Morgens frühe aber bedachte ich / daß der grundgütige GOtt seine heilsame Artzney und Hülff-Mittel / auch in geringe verächtliche Dinge verborgen; Massen ich die Ursach meiner so geschwinden Cur der Mistlachen zuschreibe darinn ich gelegen / sintemal man auß der Erfahrung weiß / daß der Urin / die Jmmenstich damit gewaschen / beydes Schmertzen und Geschwulst augenblicklich hinweg nimmt.
Als ich nun meiner Sachen Beschaffenheit damals ferner hin und her erwoge / und so wol in das künfftige als vergangene sahe / was mir nemlich begegnet war und noch begegnen mögte / zumalen greiffen konte / daß mir alle meine widrige Begegnussen / durch Vermittlung deß Vogel-Nests zugestanden wären; So fieng ich derohalben an desselbigen überdrüssig zu werden / insonderheit als ich bedachte / daß dessen vorige Possesserin dardurch so elend umbs Leben kommen und als eine Zauberin verbrannt worden; Jch hielte darvor / daß es eine Art an sich haben müste / wie das Seianische Pferd / seine Besitzer in alles Unglück zu stürtzen; sahe auch nicht was es mir sonderlich hätte nutzen können / wann ich nicht durch Krafft so unsichtbarer Gestalt stelen wolte / welches mir aber ein widerwertiger Eckel worden war / wiewol ichs zuvor so festiglich in Sinn genommen hatte; ich verliesse es zwar gar ungern / nicht allein darumb weil es rar und ein solches
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