Das Yakuza-Mal
Kampfsituation meinen Mann stehe. Und das ist keine Angeberei, das ist eine Tatsache.«
»Das habe ich überhaupt nicht bezweifelt. Ich habe nur eine Frage: Warum haben Sie den sai vom Schaft des Speers abgebrochen?«
Mulvaney antwortete prompt, sah dabei aber auf seine Turnschuhe hinunter. »Der Übung halber. Ich wußte, daß mein Gegner in diesen Dingen geübter war als ich, und ich wollte nicht sehen ...«
»Mulvaney wird mich doch nicht anlügen!«
Mulvaney sah ihm in die Augen.
Tsukahira senkte die Stimme und sagte langsam, aber bestimmt: »Sie möchten mit auf die Insel und Sergeant Oakwood befreien. Ich werde nicht zulassen, daß Sie mitgehen, wenn Sie mir jetzt nicht die Wahrheit sagen.«
Mulvaney wollte sich eine Zigarette anzünden, merkte aber, daß er noch eine im Mund hatte, und steckte das Päckchen wieder ein. Er wußte nicht, was er mit dem beinahe zu Ende gerauchten Zigarettenstummel anfangen sollte. Den Stummel vor den Augen Tsukahiras einfach auf den Boden neben das Übungsfeld zu werfen wäre schändlich.
Also behielt er die bis fast zu seinen Fingern heruntergebrannte Zigarette in der Hand. Tsukahira sah ihn unverwandt an, ohne mit der Wimper zu zucken.
Der Zigarettenstummel verbrannte seine Finger.
Mulvaney warf ihn trotzdem nicht weg. Tsukahira ließ die Augen nicht von ihm. Mulvaney spürte die Glut an seinen Fingern. Die Haut war angesengt. Er behielt den Stummel in der Hand. Tsukahira sah ihn unverwandt an.
»Ich werde nicht mit einem Messer oder einem Schwert töten. Das habe ich einmal getan. Nie wieder. Und wenn Sie mich nicht mitnehmen wollen, müssen Sie mich töten, um mich davon abzuhalten.«
Die Glut verbrannte seine Finger.
Tsukahira trat auf ihn zu und nahm ihm das glühende Zigarettenende aus der Hand. Er hielt den Stummel zwischen dem Daumen und dem Mittelfinger und schnippste die Glut aus. »Wo haben Sie das getan?«
»Vietnam.«
»Wie kam es dazu?«
»Ich ... äh ... ich wurde gefangengenommen.
Beinahe gefangengenommen. Sie hatten mich in der Falle. Ich hatte keine Munition mehr und war von meiner Einheit abgeschnitten. Meine Pistole verlor ich, als ich mit allen Kameraden, die noch selbst laufen oder wenigstens getragen werden konnten, entkommen wollte. Aber ich hatte ein Messer. Ein großes Randall-Bowiemesser. Dann kamen sie. Zu dritt. Entweder hatten sie selbst keine Munition mehr, oder aber sie wollten ein Spielchen mit mir spielen. Sie kamen mit ihren Bajonetten auf mich zu. Damit fingen sie an. Ich tötete einen, verwundete den zweiten schwer und wollte mir sein Gewehr schnappen. Genau in dem Moment tauchten ihre Kumpels auf der Anhöhe auf und schossen auf mich. Ich rannte weg. Sie verfolgten mich. Jagten mich. Ich habe mich zehn Tage lang im Dschungel herumgetrieben. Ich habe getötet, um an eine Waffe heranzukommen. Es war ein AK, und ich fand auch viel Munition dafür. Aber ich konnte die Waffe nicht benutzen, ohne auf mich aufmerksam zu machen. Also mußte ich das Messer benutzen. Sie haben das doch auch tun müssen, hab ich recht? Während des Zweiten Weltkriegs?«
»Auch davor und danach, Mulvaney.«
»Dann wissen Sie ja, wovon ich spreche.«
»Und was ist mit der Pistole? Ist das nicht dasselbe?«
»Nein. Es ist nicht dasselbe.«
»Töten ist entschuldbar, aber nur bestimmte Methoden.«
»Das meine ich nicht damit.« »Was haben Sie mit dem Messer getan?« »Ich habe es einem Kameraden geschenkt, als Souvenir.«
»Glauben Sie, daß er von Ihrer Tapferkeit berichtete, als er das Messer zu Hause vorführte, oder hat er sich seine eigene Geschichte dazu ausgedacht?«
»Ich weiß es nicht. Es ist mir auch gleichgültig«, antwortete Mulvaney.
»Was meinen Sie, warum es für mich nicht belastend ist, mit einem Messer zu töten?«
Mulvaney überlegte kurz und sagte dann: »Sie sind damit aufgewachsen. Mit einem Messer oder einem Schwert zu kämpfen war für Sie eine Lebensart. Für mich nicht. Bislang jedenfalls nicht.«
»Aber Sie haben sich doch tüchtig geschlagen.
Oder waren die drei Männer, die Sie angriffen, blind oder behindert?«
»Nein, das waren sie nicht.«
»Wo haben Sie dann den Umgang mit diesen Waffen gelernt? Ich habe Sie beobachtet, wie Sie mit dem Speer, wie Sie es nennen, umgingen. So etwas muß man gelernt haben. Selbst dem Sohn eines Ninjas ist der Umgang mit diesen Waffen nicht angeboren.«
»Ich belegte in der High School und im College Kurse in Kampfsportarten. Außerdem gehörte ich dem Spezialteam einer
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