Das Yakuza-Mal
gegenüberliegenden Straßenseite gut erkennen.
»Was steht auf dem Schild?«
»Man kann es mit Die Glücklichsten Damen übersetzen.«
»Du bleibst hier. Ich werd mich schon verständlich machen, wenn ich erst mal drin bin.«
Er nahm die Pistole in die Hand. »Es gibt ein paar Dinge, die versteht man überall.«
Er machte die Autotür auf und wollte gerade aussteigen. Plötzlich spürte er ihre Hand auf seinem Nacken. Er drehte sich um. »Küß mich -
ganz fest«, bat sie. Sie hatte ihre Hände auf sein Gesicht gelegt. Er schob die Beretta unter die Schenkel, um beide Arme frei zu haben, umarmte und küßte sie. Dann schob er die Pistole unter seine Jacke und trat in den strömenden Regen hinaus.
Wie Eiswasser peitschte ihm der Regen ins Gesicht. Er rannte über die Straße und zog dabei die Schultern hoch. Die Scheibenwischer der Autos, die ihm entgegenkamen, bewegten sich rasend schnell hin und her. Sie kamen ihm vor wie die Fühler eines von panischer Angst erfüllten Insekts. Er rannte zwischen den Autos durch und erreichte den Gehweg auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Das Schild, auf dem in japanischen Schriftzeichen Die Glücklichsten Damen stand, war leuchtend pink. Die Aufschrift auf dem Schild verschwamm, wenn der Regen dagegen peitschte.
Mulvaney verlangsamte seinen Lauf; er ging auf das Schild zu. Er war bereits völlig durchnäßt und mußte sich den Regen aus den Augen wischen, um das Schild noch erkennen zu können.
Schließlich stand er unter der pink-schwarz gestreiften Markise. Der Regen prasselte darauf und machte ein dumpfes Geräusch, Vor der Eingangstür hatten sich riesige Pfützen gebildet. Er machte die Tür auf und warf dabei fast den Türsteher um. Der Mann lächelte ihn an und sagte auf Englisch: »Willkommen bei den Glücklichsten Damen. Es regnet wie aus einem Faß, nicht?« Es klang, als hätte er das aus einem Kinderlied gelernt.
»Wenn es Whisky wäre, hätte ich nichts dagegen.« Mulvaney stand in der Eingangshalle.
»Ich möchte zu Shinoda.«
Der Türsteher kniff die Augen zusammen.
»Shinoda-san ist heute sehr beschäftigt. Vielleicht ein anderes Mal.«
Mulvaney grinste: »Bist du hier nur der Türsteher oder auch der Rausschmeißer?«
Der Türsteher strahlte. »Je nachdem.«
»Ist doch toll, daß du so vielseitig einsetzbar bist.« Mulvaney versetzte ihm mit dem linken Knie einen Stoß in die Eier, mit der rechten Hand zog er seine Beretta heraus und hielt dem Kerl den Lauf genau unters linke Nasenloch. Der Mann war nach vorn gekippt und hustete.
»Bring mich zu Shinoda-san, oder ich wichs dir die Nase. Kapiert?«
»Ja doch, Mann.«
Mulvaney wartete, bis sich der Türsteher-Rausschmeißer wieder etwas erholt hatte. Er sah ihn durchdringend und voller Haß an. »Hier kommst du nicht mehr lebend raus, Mann.«
»Was du nicht sagst! Ist das Gesöff hier so miserabel, daß man Dünnpfiff davon bekommt?
Vielen Dank für den Tip. Und jetzt beweg deinen Arsch, Rausschmeißer.«
Die Tür, durch die man in die eigentliche Bar gelangte, war aus Holz und wirkte japanisch.
Mulvaney trat ein. Im Unterschied zu dem reißerischen Schild draußen über der Markise war die Innenausstattung eher gedämpft. Die Rot-, Schwarz- und Goldtöne entsprachen dem Stil von Las Vegas, die Beleuchtung war wie in einer Cocktailbar. Der Türsteher stand nur knapp einen Meter von ihm entfernt, aber Mulvaney konnte sein Gesicht kaum noch erkennen. An der Bar standen ein paar der »Glücklichsten Damen«, eine stand hinter der Bar, die restlichen saßen im ganzen Raum verteilt. Die meisten von ihnen waren Weiße, ein paar schwarze Mädchen waren auch darunter.
Mulvaney hielt die Pistole unter dem Mantel versteckt und gab dem Türsteher einen Stoß. Er lief eng an der Wand entlang durch den Barraum, als dürfte er sich in der Mitte nicht blicken lassen. Die Gäste waren ausschließlich Männer, fast ausnahmslos Japaner oder andere Asiaten. Sie kamen an einer der Nischen vorbei. Ein glatzköpfiger Mann hatte den Arm weit unter den Rock einer Dame mit rot gefärbtem Haar gesteckt.
Er führte offenbar eine gynäkologische Untersuchung durch. Mulvaney ging weiter. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raums befanden sich drei Türen.
Kurz vor der Tür drehte sich der Türsteher so ruckartig um, daß
Mulvaney beinahe seine Pistole gezogen hätte.
»Hör mal, er wird mir den Arsch eintreten.«
»Und ich werd ihn dir wegblasen. Such dir aus, was dir lieber ist.«
Er zuckte mit den
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