Das Yakuza-Mal
nein! Sei still und halte deine Knarre bereit.«
»Wie ist es möglich, daß man jemanden liebt, den man überhaupt
nicht ausstehen kann?«
Er sah sie an und lachte: »So was nennt man verheiratet sein.
Vielleicht sollten wir's mal probieren.«
»Soll das heißen ...?«
»Ja. Kannst du was damit anfangen?«
»Ich glaube schon«, antwortete sie.
»Los, gehen wir weiter.« Das Hoflicht brannte jetzt und warf
einen gelben Lichtkegel iiuf die Gasse, der vom Regen verzerrt
wurde. Mulvaney blieb ein paar Schritte vor der Tür stehen:
»Laß mich anklopfen. Wenn wir heiraten wollen, muß ich doch
deine Freunde kennenlernen.«
»Halt die Klappe. Wenn du jetzt getötet wirst, nachdem du mir
einen Heiratsantrag gemacht hast...«
»Wirst du mir das nie verzeihen. Ich weiß, ich weiß.«
Er drehte am Türknauf. Die Tür ging nach innen auf. Es war
dunkel. Er rief: »Hallo, Heien!«
Keine Antwort. Er versuchte es noch einmal:
»Helen?«
»Hallo?«
»Helen, hör zu, ich bin nachtblind. Kannst du nicht Licht machen? Bei der Dunkelheit hier drin werd ich gleich auf der Schnauze liegen. Das wäre Andy sicherlich sehr peinlich.«
Mulvaney wartete. Er war keineswegs nachtblind, aber das wußte Helen ja nicht.
»Moment. Ich versuche, den Lichtschalter zu finden.«
»Wunderbar. Weißt du, ich versteh dich gut, ich schau auch gern in den Regen hinaus.«
Er hätte gern eine Zigarette geraucht, aber mehr noch wollte er seine Pistole in der Hand behalten, deshalb ließ er das Rauchen lieber bleiben.
»Ich hab den Schalter«, tönte es aus dem dunklen Raum.
»Na wunderbar!«
Das Licht ging an. Es war eine Falle. Das war ihm von Anfang an klar gewesen. Aber er war bewußt in diese Falle getappt. Er trat über die Schwelle. Andy blieb so dicht hinter ihm, daß er sich wie eine Sandwichhälfte vorkam. Er kniff die Augen zu, so daß er gerade noch sehen konnte.
Wenn sie nicht allein war - und er nahm nicht an, daß sie diese Sache ohne fremde Hilfe durchziehen wollte -, hatten sie ihm vielleicht die Nachtblindheit abgenommen, und er konnte das Licht ausmachen, bevor es richtig losging.
Er stand jetzt in dem Raum.
Andy flüsterte ihm zu: »Ich hab furchtbare Angst.«
»Ich auch«, gestand er.
Eine große, dunkelhaarige Frau in einem Trenchcoat, der an den Schultern durchnäßt war, tauchte plötzlich hinter einem hohen Stapel von Packkisten auf. Manche waren mit der englischen Aufschrift »Produkt der Volksrepublik China«
beschriftet. Er erschrak so, daß er beinahe abgezogen hätte.
»Hallo, Helen. Andy hat mir schon viel von dir erzählt.«
Mulvaney nahm die Pistole in die linke Hand und ging rasch auf sie zu. Er packte ihr rechtes Handgelenk und zog sie zu sich her. Die linke Hand, in der er die Pistole hatte, legte er über ihre rechte Hand. Die Mündung zeigte direkt auf ihren Bauch. Er flüsterte ihr zu: »Ich weiß, daß das hier ein Hinterhalt ist. Wenn du mir das Foto dieser Ikuta gibst, versprech ich dir, daß du lebend hier rauskommst und vierundzwanzig Stunden Zeit hast zu verschwinden. Du gehst sonst als erste drauf, wenn deine Freunde von der Yakuza mit der Schießerei anfangen. Bauchschuß - eine scheußliche Sache. Man stirbt ganz langsam, und die Ärzte können rein gar nichts unternehmen. Hast du kapiert, Kindchen?«
Sie sah ihn mit weit aufgerissenen blauen Augen an. Das Blau ihrer Augen erinnerte ihn an die chinesischen Teller, die seine Mutter früher immer benutzt hatte. »Sie sind ... Sie sind ...«
»Verrückt?« schlug Mulvaney vor.
»Sie ... äh ...«
»Hast du das Foto?«
»Ja ...«
»Das richtige Foto? Von dem richtigen Mädchen?«
»Ja, aber ...«
»Was?«
Sie zitterte am ganzen Leib. Er packte sie noch fester.
»Ihr werdet nie lebend hier rauskommen.«
Andy sagte: »Das kannst du dir in den Hintern stecken, Helen.«
»Liegt da dein Problem, Helen?« fragte Mulvaney grinsend. Helen machte eine Bewegung mit der linken Hand. Mulvaney trat ihr mit seinem Absatz auf den Fuß. »Das Bild, Helen. Dann überlebst du das vielleicht. Wenn nicht, stirbst du als erste.«
Sie fuhr sich mit der Zunge über ihre schönen Lippen.
»Gib ihm das Foto, Helen. Deine Freunde von der Yakuza warten nicht ewig«, zischte Andy ihr zu.
»Also gut.« Sie griff in die linke Außentasche ihres Trenchcoats und zog ein Foto heraus. Es war das Foto eines hübschen, sehr japanisch aussehenden jungen Mädchens, mit jener Art von Augen, in denen er und jeder andere Mann versinken konnten.
»Ikuta
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