Das Yakuza-Mal
Trenchcoat. Aber sie war kräftiger gebaut als Ikuta Chie, ihr Körperbau paßte nicht zu dem schmal geschnittenen Gesicht auf dem Foto. Ein Wagen fuhr vor, der Portier öffnete der Frau die Wagentür. Jetzt sah Osgood ihr Gesicht. Sie war es nicht. Er legte das Fernglas wieder weg, nahm einen letzten Zug von der Zigarette und drückte sie dann im Aschenbecher seines Jaguars aus.
Auf der anderen Straßenseite hielt ein Auto, ungefähr einen halben Häuserblock vom Eingang des Clubs entfernt. Der Motor wurde abgestellt.
Osgood nahm das Fernglas zur Hand und drehte an der Entfernungseinstellung.
Die Scheibe auf der Fahrerseite wurde heruntergedreht. Osgood erkannte das glänzende Haar und das äußerst attraktive Gesicht Sergeant Oakwoods.
Osgood beobachtete den Wagen weiter. Am linken Rand seines Blickfelds sah er ein Feuerzeug oder ein Streichholz aufblitzen. Mulvaney saß neben ihr.
Was hatten Oakwood und Mulvaney hier zu suchen? Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er dachte daran, daß er einfach zu ihnen hinübergehen, sich vorstellen und sie fragen könnte. Aber das war selbstverständlich nicht möglich. Eine der Direktiven seines Auftrags lautete, daß Oakwood und Mulvaney nie etwas über seine Anwesenheit erfahren sollten, wenn sie je überlebten.
Er warf einen Blick auf seine Rolex und stieß einen tiefen Seufzer aus. Er saß im Dunkeln und wartete.
Ein Mann und eine Frau kamen aus dem Club.
Ihr Haar schien ihm zu kurz, als daß sie Ikuta Chie hätte sein können. Als sie in den Wagen einstieg, den ein Angestellter vor den Eingang gefahren hatte, konnte Osgood sie besser sehen. Das waren keinesfalls Ikuta Chies Gesichtszüge. In der nächsten halben Stunde kamen vier Männer und sechs Frauen fast gleichzeitig aus dem Club.
Osgood fürchtete einen Moment lang, daß die größte der Frauen möglicherweise Ikuta Chie sein könnte, aber nachdem er sie von vorne gesehen hatte, war er sicher, daß er sich geirrt hatte.
Offenbar leerte sich der Club allmählich. Wenn sie überhaupt noch auftauchte, dann würde sie sicher sehr bald herauskommen. Auf der Rückseite des Fotos stand Ikutas Adresse. Wenn sie nicht bald erschien, würde er einfach dorthin fahren. Ab und zu richtete er das Fernglas auf Oakwood und Mulvaney. Sie warteten anscheinend ebenfalls auf die Dame. Er fragte sich, wie sie wohl an ihre Adresse gekommen waren. Woher wußten sie überhaupt etwas von Ikuta Chie?
Jetzt fuhr ein schwarzer Mercedes-Sportwagen vor, ein Angestellter flitzte auf den Wagen zu und riß die Tür auf. Ein Mann in einem schwarzen Trenchcoat und einem schwarzen Filzhut stieg auf der Fahrerseite aus.
Osgood war sicher: Das mußte Tsukiyama Koji sein. Wenn nur Oakwood und Mulvaney ihm jetzt nicht in die Quere kamen. Keine Sekunde später blitzte die Innenbeleuchtung in dem Auto auf, in dem Oakwood und Mulvaney saßen. Das Licht erlosch wieder, aber Mulvaney stieg aus dem Auto aus. »Mein Gott«, flüsterte Osgood. Wollte sich Mulvaney wirklich mitten auf der Straße mit Tsukiyama Koji anlegen?
Der schwarze Mercedes rührte sich nicht von der Stelle, der Angestellte war vor dem Regen unter die Markise über dem Eingang geflüchtet, die Lichter des Autos brannten und beschienen Mulvaney.
Tsukiyama holte sein Mädchen ab.
Jetzt standen Tsukiyama Koji und eine Frau in der Eingangstür des Clubs und blieben unter der Markise stehen. Osgood holte sich das Gesicht der Frau durch das Fernglas näher heran. Kein Zweifel, es war Ikuta Chie. Er studierte das Gesicht Tsukiyama Kojis. Ein Gesicht, das oft als hager bezeichnet wurde, mit langgezogenen Gesichtszügen, die Augen bewegten sich, als hätten sie einen eigenen Willen. Für einen Japaner war Tsukiyama Koji groß - vielleicht war das auf seinen Großvater, den Ninja-Führer Tsukahira, zurückzuführen. Osgood meinte ein Lächeln um Tsukiyamas Mund zucken zu sehen. Aber es war sofort wieder verschwunden. Tsukiyama wußte, daß man ihn beobachtete. Er blieb absichtlich stehen, damit man ihn ja nicht verpaßte und damit man Ikuta Chies schönes Gesicht bewundern konnte.
Mulvaney ging auf dem Gehweg auf Tsukiyama zu.
Tsukiyama trat einen Schritt vor und stellte sich zwischen ihn und Ikuta. Mit einer erstaunlichen Grazie warf er Hut und Mantel in die Pfützen auf dem Gehweg. Er trug eine Art weiten, schwarzen Schlafanzug. Jetzt flogen mit einer Bewegung der Beine die Schuhe in den Rinnstein und er stand barfuß auf dem Gehsteig. Er faßte unter seinen Anzug und zog einen
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