Das zarte Gift des Morgens
.«
»Meine Güte, was ist denn mit Ihrem Auge?«, rief Maria. Nikita zuckte zusammen und bedeckte sein Veilchen verlegen mit der Hand.
»Nicht der Rede wert, so was kommt vor . . .«
»He, junger Mann!« Maria drohte ihm mit dem Finger. »Müsst ihr Kerle denn immer den Helden spielen.«
»Ich komme wegen eines Todesfalls, es geht um Maxim Studnjow«, sagte Kolossow. »Ist Ihnen der Name bekannt?«
»Ich hab’s doch gewusst!«, rief Maria, an Simonow gewandt, triumphierend aus. »Aurora wollte mir auch erst nicht glauben. Serafim, sag doch bitte Bescheid, man soll unserem Gast einen Pfefferminztee bringen, unsere Hausmarke. Und hör mal nach, ob Poljakow inzwischen gekommen ist. Natürlich ist dieser Name mir bekannt«, wandte sie sich wieder an Kolossow und seufzte. »Mit der armen Aurora habe ich gestern zwei Stunden lang über ihren Besuch bei der Miliz geredet. Ich habe sie gewarnt, sie solle besser nicht hinfahren.«
»Wieso? Ich selber habe sie vorgeladen. Sie ist eine Bekannte des verstorbenen Studnjow und hatte bei ihm angerufen.«
Maria Potechina schaute Kolossow forschend an.
»Keine Ausflüchte, junger Mann, sagen Sie mir ohne Umschweife und ehrlich – Maxim ist ermordet worden, nicht wahr?«
»Ohne Ausflüchte und Umschweife«, sagte Kolossow. »Studnjow ist aus dem siebten Stock seiner Wohnung gefallen. Vielmehr seines Hauses, wollte ich sagen . . .«
»Ist er gefallen – oder wurde er gestoßen?«, fragte Maria. »Oder hat er sich selbst hinausgestürzt?«
»Wir ermitteln noch, wie es tatsächlich passiert ist. Inzwischen wissen wir, dass er den Abend vor seinem Tod hier in Ihrem Restaurant verbracht hat. Daher möchte ich Sie, Maria Sacharowna, bitten, mir diesen Abend, dieses Essen, so genau wie möglich zu schildern. Sie haben doch auch daran teilgenommen?«
»Ja, allerdings. Ich hab rotiert wie ein Hamster im Rad.« Maria schüttelte den Kopf und schob sich den Pony aus der Stirn. »Was soll ich Ihnen sagen? Es war ein ganz normales privates Abendessen. Eine gute alte Freundin von mir, die bekannte Popsängerin Aurora, hatte das Restaurant für diesen Abend gemietet. Sie wollte ein kleines Fest für ihre Freunde geben.«
»Aus welchem Anlass – hatte sie Geburtstag, oder war ein neues Album oder ein Videoclip von ihr herausgekommen?«
»Greifen Sie höher, junger Mann. Sie wollte ihre endgültige Befreiung feiern.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie hat sich scheiden lassen, das meine ich. Hat ihrem Mann ein für alle Mal den Laufpass gegeben. Sie war mit dem Produzenten Dmitri Gussarow verheiratet, von dem haben Sie bestimmt schon gehört – der Herr ist ja Dauergast im Fernsehen. Tja, und jetzt sind sie geschieden. Es geht nur noch ums Geld. Hat sie Ihnen gestern denn nichts davon erzählt?«
»Nein.« Kolossow schüttelte den Kopf. »Über dieses Thema haben wir nicht gesprochen. Wer außer Ihnen hat an dieser Feier noch teilgenommen?«
»Maxim Studnjow war dabei«, antwortete Maria traurig, »und dann dieser Hanswurst hier, der Ihnen Tee bringen sollte und spurlos verschwunden ist. . .«
»Simonow? Wer ist er eigentlich?«, fragte Kolossow naiv.
»Mein Mann, allerdings ohne amtliches Siegel. Genügt Ihnen diese Antwort? Und gleichzeitig ein Mühlstein an meinem Hals.«
Kolossow schwieg einen Moment. Der Altersunterschied zwischen Maria Potechina und dem schönen Simonow betrug mindestens zehn Jahre, wenn nicht mehr.
»Und was macht er? Arbeitet er hier im Restaurant?«
»Er ist Theaterschauspieler.«
»Ach ja, er kam mir gleich so bekannt vor!«, sagte Nikita lebhaft. »An welchem Theater spielt er?«
»Im Augenblick macht er gerade eine schöpferische Pause«, antwortete Maria mit einem Seufzer. »Eine kurzfristige. Ja, und dann war noch Pjotr Mochow dabei – er ist Journalist, ein bekannter Restaurantkritiker und guter Freund von mir. Und Anfissa Berg. Anfissa habe ich durch Aurora kennen gelernt. Sie ist auch Journalistin, arbeitet bei irgend so einer Media Holding. Aurora und ihr Mann Gussarow haben, als sie noch zusammen waren, mit Anfissas Hilfe alle möglichen Werbeaktionen, Präsentationen, Fototermine für Zeitschriften und dergleichen organisiert. Anfissa mag unser Restaurant sehr, in letzter Zeit war sie oft hier zu Gast.«
»Und wer hat die Gäste bedient?«, fragte Nikita. »Geben Sie mir bitte die Namen Ihrer Angestellten.«
»Das Essen hat mein Chefkoch Poljakow zubereitet. Unser zweiter Koch, Lew Saiko, hatte ebenfalls Dienst. Ja, und die anderen
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