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Das zarte Gift des Morgens

Das zarte Gift des Morgens

Titel: Das zarte Gift des Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanova
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Schulter. »Aber vergiss nicht: Es kann leicht passieren, dass du dein gemütliches Zuhause gegen eine finstere Gefängniszelle tauschen musst, deswegen rate ich dir, bleib bei dem, was du uns gesagt hast.«
    »Und noch etwas, Juri, falls Sie jemand aus dem Restaurant, in dem Ihre Schwester gearbeitet hat, anruft und Ihnen aus irgendeinem Grund ein Treffen vorschlägt, dann informieren Sie uns bitte sofort«, sagte Kolossow. »Denken Sie daran: Ihre Schwester ist ermordet worden. Es kann durchaus sein, dass Sie als Nächster drankommen, wenn Sie nicht alles tun, was wir Ihnen sagen.«
    Worobjow murmelte nur etwas Unverständliches zur Antwort. Kolossow fiel ein, was Katja erzählt hatte – dass nach dem Tod des Kirchenvorstehers von Pirogowskoje die Gemeinde nicht von dessen ältestem Sohn übernommen worden war, obwohl dieser das Priesterseminar absolviert hatte, sondern dass man sie einem anderen jungen Priester anvertraut hatte. »Es lag also nicht am Alter«, hatte Katja gesagt, »sondern an etwas anderem. Die Kirche handelt weise.«
    Vielleicht hatte man hier des Rätsels Lösung zu suchen -bei den Kindern des Priesters? Bei dem jüngsten Sohn, der bereit war, einem Unbekannten für dreihundert Dollar eine tödliche Dosis Gift zu verkaufen? Bei seiner ältesten Tochter, die an diesem Gift gestorben war?
    Gemischte Gefühle beherrschten Nikita nach diesem Verhör. Die Theorie, die er von Anfang an favorisiert hatte, schien sich zu bestätigen. Aber Genugtuung oder gar Freude empfand er deshalb nicht.
    »Was haben wir nun unter dem Strich als Ergebnis?«, fragte Lessopowalow. »Eins ist sonnenklar: Jelena Worobjowa hat das Thallium über ihren Bruder beschafft, und sie war es, die es ins Essen getan hat. Du hattest Recht, Nikita – für sie als Kellnerin war es am einfachsten. Vielleicht hatte sie tatsächlich von irgendwem den Auftrag, Studnjow zu beseitigen. Sie selber hatte für diesen Mord jedenfalls kein überzeugendes Motiv. Und nachdem sie den Auftrag ausgeführt hat, ist sie selbst beseitigt worden, um die Spuren zu verwischen. Tja, und uns bleibt jetzt nur noch eine letzte Kleinigkeit zu tun.« Lessopowalow grinste bitter. »Den Auftraggeber festzustellen.«
    »Vorläufig sind das alles nur unsere Vermutungen«, sagte Nikita, obwohl er im Grunde der gleichen Meinung war. »Weißt du was, Kostja, jetzt sollten wir endlich Gussarow vernehmen. Die Zeit dafür ist reif.«
    »Das weiß ich selbst, aber leider muss das noch warten. Ich habe heute Erkundigungen eingezogen: Auroras Ex hält sich zur Zeit in Finnland auf und kommt erst in einigen Tagen zurück. Übrigens war er auch an dem Tag, an dem Studnjow ermordet wurde, nicht in Moskau – er war nach Sotschi zu einem Filmfestival geflogen.«
    »Und am Todestag der Worobjowa, war er da auch noch in Sotschi?«
    »Nein, am Abend davor ist er wiedergekommen. Um ganz genau zu sein, er war schon am Montagabend in Moskau. Am Freitag ist er dann erneut abgedüst, mit dem Linienflug Moskau – Helsinki.« Lessopowalow grinste. »Kommt einem verdammt vertraut vor, Nikita, stimmt’s? Alle diese Flüge hin und zurück. Bei einem echten Auftragsmord pflegt der Drahtzieher auch immer auf Achse zu sein. Und noch ein anderes sehr interessantes Detail ist mir aufgefallen, Nikita.«
    »Nämlich?«
    »Worobjow hat doch von einem Geländewagen geredet, in dem seine Schwester gesessen hätte. Gussarow hat das passende Auto – einen Mercedes 320, Silbermetallic.«
    »Auch Simonow hat so einen Wagen, einen silberfarbenen Rover. Er ist damit zur Beerdigung gefahren, ich habe ihn selbst gesehen. Und es gibt ja Informationen, dass er ein Verhältnis mit der Worobjowa hatte.«
    »Der Rover gehört ihm nicht«, sagte Lessopowalow, »das habe ich überprüft. Die Halterin ist Maria Potechina, sie hat den Wagen vor sieben Monaten im Autosalon ›Avtoljux‹ gekauft. Aber ich verstehe schon, was du meinst. Solange Gussarow noch nicht zurück ist, können wir uns ja erst mal Simonow vornehmen. Ich persönlich glaube allerdings, er hat damit nichts zu tun. Das ist nicht sein Kaliber. Selbst wenn er was mit der Worobjowa hatte . . . Warum zum Teufel hätte er Studnjow aus dem Weg räumen sollen? Das ist nicht logisch.«
    »Trotzdem müssen wir ihn überprüfen«, sagte Kolossow. »Dann werden wir weiter sehen.«

24
    Das »Al-Maghrib« öffnete am Mittwoch mit großem Pomp. Das Restaurant war für eine Hochzeit gemietet worden – und zwar nicht für eine gewöhnliche, sondern für eine

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