Das Zaubergift
überhaupt nichts, doch dann erscheint quälend langsam ein flackerndes grünliches Schimmern.
Astral richtet sich auf. Er wirkt beunruhigt und scheint
nicht sprechen zu wollen. Ich fordere ihn auf, endlich mit der Sprache herauszurücken.
»Davon kann sich keiner erholen«, sagt er und blickt auf den Kristall, dessen Schimmern bereits wieder erloschen ist und der jetzt farblos auf Makris Stirn liegt.
Es scheint offenkundig, dass nur Makris große innere Stärke – eine Folge ihres gemischten Blutes – sie so lange am Leben gehalten hat. Doch selbst die versiegt allmählich.
»Zieht den Bolzen heraus!«, schreit Gurdh plötzlich, als seine Gefühle ihn überwältigen.
Chiruixa schüttelt den Kopf. Der Bolzen hat sich tief in ihr Brustbein gegraben. Jeder Versuch, ihn zu bewegen, würde Makri mit Sicherheit umbringen.
»Ich gebe ihr Amacia-Kräuter«, sagt die Heilerin. »Die werden sie stärken. Mehr kann ich nicht tun.«
Astral spricht einen Zauber über Makri aus. Ich erkenne in den Worten einen Spruch, der die Selbstheilungskräfte des Körpers verstärkt. Das ist sehr gut. Vor allem, wenn man die Pest hat. Aber es nützt nur wenig, wenn einem ein zwanzig Zentimeter langer Armbrustbolzen in der Brust steckt. Astral und Chiruixa haben nur noch wenig Hoffnung. Die Amacia-Kräuter und der Stärkungszauber werden das Unausweichliche nur hinauszögern. Die beiden können nicht abschätzen, wie lange Makri noch am Leben bleibt, weil sie eigentlich längst tot sein sollte. Und mir bleibt nichts übrig als zu warten, bis sie tot ist, und dann loszugehen und Sarin zu töten.
»Was ist denn hier los?«
Es ist Dandelion. Sie schreit vor Entsetzen auf, als sie Makri sieht. Ich bin viel zu aufgeregt, um mich darum zu kümmern. Meine Ärmel sind immer noch feucht von Makris Blut.
Dandelion klammert sich an mich. »Der Heilstein der Delfine!«
Die Lage ist so verzweifelt, dass ich bereit bin, selbst nach dem schwächsten Strohhalm zu greifen. »Der Heilstein? Gibt es den denn wirklich?«
»Natürlich gibt es ihn. Das sage ich dir doch schon die ganze Zeit. Er heilt alles, aber er ist gestohlen worden.«
Eine plötzliche Eingebung trifft mich wie ein Blitz. Sie hätte ruhig schon etwas früher einschlagen können. Vexial der Sehende. Er konnte sich unmöglich von diesen Wunden erholen, und trotzdem hat er es getan.
»Wie sieht der Heilstein aus?«, will ich wissen.
»Keine Ahnung.«
»Was meint Ihr mit: Keine Ahnung?«, brülle ich sie an.
Dandelion quiekt vor Schreck, weil sie glaubt, dass ich sie schlagen will. Ganz Unrecht hat sie damit nicht.
»Ich habe nie gefragt, wie er aussieht. Ich weiß nur, dass es ihr Heilstein ist.«
Ich will losstürmen und Vexial suchen, aber ich zwinge mich dazu, ruhig zu bleiben und nachzudenken. Es ist sinnlos, blindlings durch die Stadt zu rennen und gar nicht zu wissen, wonach ich suche. Die Delfine in der Bucht reden doch angeblich. Ein Ritt dorthin dauert zwanzig Minuten. Das ist zu lange.
»Ich könnte versuchen, sie vom Hafen aus zu rufen«, sagt Dandelion. »Manchmal sind sie nah genug, dass sie mich hören.«
Ich bin bereit, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Und ich frage Astral, ob er Vexial für mich aufspüren kann.
»Vielleicht, wenn Ihr etwas habt, das ihm gehört. Wenn nicht, dann eher nicht.«
Ich habe aber nichts. Jedenfalls nichts, was er berührt hat. Ich zermartere mir das Hirn nach einer Inspiration. Das Gold in der Statue. Wenn er hinter diesem frechen Raub steckt, könnte er es berührt haben.
Ich ziehe den magischen Beutel heraus und öffne ihn. Alle stehen noch unter dem Schock über das, was Makri wiederfahren ist, also zucken sie nicht mal mit der Wimper, als plötzlich der Kopf der Statue auftaucht.
Astral Trippelmond schüttelt den Kopf. »Das ist sinnlos, Thraxas. Es war in dem Magischen Raum. Jede Aura, die darauf gewesen sein mag, ist weggewischt.«
Ich gehe kurz hinaus und komme mit dem Vorschlaghammer wieder zurück. Damit zertrümmere ich noch mehr von der Bronzeschicht und enthülle ein frisches Stück Gold. »Wie wäre es damit? Es war die ganze Zeit bedeckt, während es da drin war.«
Astral streicht sich über seinen kurzen grauen Bart. »Daran könnte ich vielleicht etwas finden.«
»Tut, was Ihr könnt, und wartet dann am Ende des Mond-und-Sterne-Boulevards auf mich.«
Gurdhs altes Ross würde keinen weiteren Ausritt mit zwei Personen auf seinem Rücken überstehen. Ich eile den Quintessenzweg entlang und suche
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