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Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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antwortete der Lord, so spricht man uns ja immer vor, und wenn wir es nicht können, sind wir Thoren, aber auch, wenn wir es vermögen, eben nichts Besseres. Das ist das Ende alles Tiefsinns.
    Die Männer schieden von einander, und bald darauf ging der bekümmerte Vater auf das Zimmer seiner Tochter. Sie hatte sich eben zum Ausreiten angekleidet und drückte den grünen Hut mit den schwankenden Federn auf die schwarzen Locken. Als der Vater eintrat, setzte sich die große Gestalt, die ihn fast überragte, wieder zu ihm. Das Gespräch nahm bald eine Wendung, die nicht ungewöhnlich war. Liebster Vater, sagte sie endlich, lassen Sie mir meine Freiheit. Warum soll ich mich an irgend einen Mann, auch wenn er mir als Freund wohlgefällt, wegwerfen? Ist denn die Ehe wirklich die Bestimmung aller weiblichen Wesen? Ich glaube es nicht. Ich bin nur in der Lage glücklich, in welcher ich mich jetzt befinde. Der Himmel erhalte Sie mir nur lange; nachher muß ich selbst für mich sorgen, und nach meinem Tode kann das Vermögen, das zurückbleibt, manchem ärmern Verwandten zu Gute kommen. Auch mögen Sie, Liebster, schon über einen Theil, oder über so viel Sie wollen, Ihre Anordnung treffen; was ich brauche, wird mir immer bleiben. Wenn Sie wüßten, welches Grauen ich vor diesem Leben empfinde, wie ich es die meisten Menschen führen sehe, Sie würden niemals, auch nur mit einem Worte noch, in mich dringen. Wenn die Menschen freier und weniger Sklaven der Leidenschaft oder der Gewohnheit wären, sich nicht von Kleinigkeiten, Tand und dem nichtigen Flitter des Lebens beherrschen ließen, so möchte ich ein Kloster für Jungfrauen von meiner Gesinnung stiften.
    Nach einigen Worten nahm sie Abschied, und der Vater sah mit Kummer und Freude der Heldengestalt nach, wie sie auf dem großen Rosse rasch über den Hügel hinritt, nur allein vom Lord Falmouth begleitet. Dieser fand sie heut schöner, als jemals, aber dennoch faßte er den Entschluß, sich schon morgen zu entfernen, um zu erfahren, ob er die Trennung ertragen, oder ob sie wohl sogar seine Leiden vermindern würde. Als sie im Walde waren und langsamer neben einander ritten, ließ er einige Winke von seinem Vorsatz fallen. Florentine war befremdet. Daß seine Abreise möglich sei, war ihr noch gar nicht beigekommen, so sehr hatte sie sich an seine Gesellschaft gewöhnt. Als Lord Falmouth hiervon Gelegenheit nahm, seine Wünsche nur aus der Ferne anzudeuten, brach sie kurz ab und fing ein anderes Gespräch an. So kamen sie nach verschiedenen Wendungen der Rede auf die Herrscher, welche in der Geschichte berühmt sind. Florentine sagte, indem sie sich auf den Rückweg begaben: von allen den Sterblichen, welche jemals den Scepter geführt haben, und von denen ich in meiner beschränkten Kenntniß etwas erfahren habe, hat Keiner so ganz meine Bewunderung und Liebe, wie unsere englische hochgesinnte Königin Elisabeth. Daß sie klug und vorsichtig gegen die größten Monarchen von Europa zu kämpfen hatte, ist es nicht, was zumeist meine Bewunderung erregt, auch nicht der feste Sinn, mit dem sie unter so vielen streitenden und mächtigen Parteien den Glauben aufrecht erhielt, der ihr der rechte dünkte, oder der ihrem klugen Ueberblick am meisten zu statten kam; nein, das hat ihr mein ganzes Herz erworben, daß sie unvermählt blieb, so dringend auch mehr als einmal die Veranlassung schien, daß sie sich gefangen geben sollte. Und herrlich ist es, daß ihr Auge nicht für die Vorzüge der Männer blind war, unter denen sie manchem ausgezeichneten großen Geiste ihr Vertrauen und ihre Freundschaft schenkte. Scheint es doch, als wenn ihr Wohlwollen für mehr als einen eine Richtung genommen habe, die Mancher wohl poetisch, romantisch oder leidenschaftlich nennen möchte. Doch wenn ihr Herz sich auch ganz den Eindrücken jener edeln oder schönen Geister hingeben konnte, so blieb darum doch ihr Sinn und ihre Freiheit unbewegt. Was einige elende Lästerer von ihr haben fabeln wollen, ist so gemein, daß es selbst meiner Verachtung zu niedrig dünkt. Aber freilich ist es wohl nur einer so großen Königin gegönnt, daß sie Freunde und vertraute Freunde haben darf, mit denen sie in glücklicher Freiheit lebt. Nur auf dieser hohen Stelle kann sie, ohne zu sehr zu kränken, jeden, der ihre Zärtlichkeit in Anspruch nehmen will, in die Bahn zurückweisen, die ihm und ihr geziemt. Eben dies war Elisabeths Glück und ihr Ruhm. –
    Und Sie wollen abreisen? fragte Florentine, als sie dem

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