Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
doch er brummte nur, dass ich das noch früh genug herausfinden würde. Und wenn ich nicht täte, was er mir befahl – nun, die Inquisition habe Protestanten wie meine Mutter und mich verurteilt und er würde mich an sie übergeben. In der Schule hatte ich genug erfahren, um die Inquisition zu fürchten, sogar mehr als meinen Vater.
Am nächsten Tag sagte mein Vater, ich solle mein bestes Kleid anziehen und den Rest zu einem Bündel schnüren. Als ich damit fertig war, holte er einen kleinen Tiegel mit roter Creme hervor und betupfte damit meine Wangen und Lippen. Wir legten uns gerade unsere Umhänge um die Schultern, um auszugehen, als es klopfte und der alte Mann vom Tag zuvor in der Tür stand. Diesmal streckte er meinem Vater einen größeren Lederbeutel entgegen. Mein Vater zögerte, dann öffnete er den Beutel. Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus und er schob mich zu dem Mann hin. »Geh«, befahl er mir.
»Wohin, Papa?«
»Wo du hingehörst«, antwortete er. Er beugte sich schon über den Tisch und zählte die reales aus dem Beutel. »Nehmt sie«, sagte er, ohne aufzusehen. »Ihre Sachen sind in dem Bündel dort.« Ich hörte das Klirren der Münzen auf dem Tisch, als mir der Mann das Bündel in den Arm drückte und mich aus dem Zimmer zog. Mit seinem festen Griff tat er mir weh und der Ausdruck auf seinem Gesicht gefiel mir nicht.
»Steig ein, damit wir uns die hübsche Beute genauer ansehen können«, murmelte er und schob mich in eine geschlossene Kutsche. Ich hatte viel zu viel Angst, um zu fragen, wohin wir fuhren. Dann war er neben mir, drückte seinen Körper an meinen und versuchte, mit den Händen meinen Umhang zu öffnen, obwohl ich ihn so fest wie möglich um mich geschlungen hielt. »Lass los«, keuchte er und blies mir seinen fauligen Atem ins Gesicht, »sonst schlage ich dich später, bis du …«
Ich schrie, so laut ich konnte, und wehrte mich mit all meiner Kraft. Er schlug mich ins Gesicht und drückte mich mit einer Hand in den Sitz. Mit der anderen riss er mir den Umhang herunter und zerrte an meinen Röcken, als draußen ein Tumult entstand. Die Pferde wieherten angstvoll und der Kutscher schrie entsetzt auf, dann setzte sich die Kutsche mit einem Ruck in Bewegung. Immer schneller raste sie wild schwankend dahin. Die Leute auf der Straße schrien, die Räder rumpelten über allerlei Hindernisse und der Mann und ich wurden von einer Seite zur anderen geschleudert. Die schreckliche Fahrt endete, als sich die Kutsche zur Seite neigte und sich dann mit grauenvollem Krachen überschlug, sodass der Mann gegen das zersplitterte Dach geworfen, auf das Straßenpflaster geschmettert und ich auf ihn geworfen wurde.
Es war, als sei sein Kopf explodiert. Er lag halb in, halb außerhalb der blutigen Kutsche und als jemand die Tür aufdrückte, klammerte ich mich an mein Bündel und spürte etwas Warmes und Feuchtes auf meinem Gesicht. Ich hob meine Hand und sah, dass sie rot verschmiert war. Die Pferde wieherten wild, Hufe donnerten gegen die Kutsche. Ich hörte Leute rufen, dass sie durchgegangen seien, andere riefen, sie seien in ihrem Geschirr eingeklemmt, und eine weitere Stimme berichtete aufgeregt, sie hätten gescheut, als ein Schwarm kleiner Vögel wie aus dem Nichts auf sie zugeschossen sei. Wieder andere meinten, es sei der flatternde Umhang einer Frau gewesen, der, vom Wind aufgebläht, die Pferde erschreckt habe.
Die lärmende Meute fiel über die Kutsche her. Hände schoben sich durch das zerschmetterte Dach und durchsuchten die Taschen der Leiche. Ich war zu verängstigt, um zu schreien, als ich die schmutzigen Finger eines Gassenjungen einen Ring und die Schuhe des Mannes stehlen sah.
Dann zogen mich Hände aus dem Wrack. Unter der Kapuze eines braunen Umhangs sagte die Stimme einer Frau, ich sei nun in Sicherheit. Sie nahm meine Hand. »Du kannst noch laufen. Schnell!« Ich wurde auf die Füße gestellt. Sie verbarg mich unter ihrem Umhang und wir hasteten davon. Dann wurde alles dunkel und still.
Sor Sof í as Bericht über das, was geschehen ist, ist auch nicht viel aufschlussreicher. Sie war in ihrer geschlossenen Kutsche eingeschlafen und eine Stimme berichtete ihr von einem Unfall – eine Kutsche sei umgestürzt, ein böser Mann sei tot. Dann wurde Sor Sofía geweckt, als würde eine unsichtbare Hand sie wachrütteln. Auf der Straße waren laute, aufgeregte Stimmen zu hören. Plötzlich schob jemand die Vorhänge beiseite und P í a wurde um sich
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