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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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wir, von bewaffneten Vorreitern bewacht, in einer gemieteten Kutsche, während unsere Truhen auf einem von Maultieren gezogenen Karren folgten. Der Weg führte bergan bis zu einem Plateau, wo die Luft trockener und so klar war, dass wir die Berge sehen konnten. Die Wachen erklärten uns, dass diese Straße von den Inkas gebaut worden sei, so wie sie viele andere Straßen angelegt hätten, die ihr gesamtes Königreich durchzogen. Unterwegs sahen wir viele Inkas, Bauern mit breitem, kupferfarbenem Gesicht, das Sonne und Wind verbrannt hatten. Sie führten Lasttiere mit langem Hals bei sich. Ihre Felder befanden sich auf Terrassen, die sich bis weit hinauf in die Berge erstreckten. Als wir noch größere Höhen erreichten, kreisten am klaren blauen Himmel gewaltige Vögel über uns. »El c ó ndor« , sagten unsere Führer und bekreuzigten sich.
    Kurz vor Sonnenuntergang am Ende des ersten Reisetages schlugen wir unser Nachtlager auf. Die Wachen zündeten ein Lagerfeuer an. Sobald die Sonne verschwand, wurde es bitterkalt und wir waren schnell bis auf die Knochen durchgefroren. Die Männer gaben uns schwere Decken, die nach Hammelfleisch rochen, und brauten auf dem Feuer ein Getränk, das sie » chicha « nannten. Obwohl wir das Gesicht verzogen, weil es so bitter schmeckte, bestanden sie darauf, dass wir es tranken. Danach fühlten wir uns ein wenig benommen und spürten die Kälte nicht mehr. Als wir uns zum Schlafen niederlegten, drang ein gespenstischer Laut an unser Ohr, wie die Musik des Windes. Die Laienschwester, die uns begleitete, erklärte uns, es seien die Flöten der einheimischen Kutscher.
    Drei Nachmittage später erreichten wir ein breites Plateau. Durch das Schaukeln der Kutsche waren wir eingenickt, als uns der Schrei eines unserer Bewacher weckte. Wir hörten, wie er seine Peitsche knallen ließ und merkten, dass die Kutsche plötzlich sehr schnell fuhr. »Sieh nur, Marisol, dieser Mann vom Hafen reitet hinter uns her«, rief Sanchia, die sich weit aus dem Fenster der Kutsche lehnte. »Der gut aussehende, der sich vor dir verneigt hat und lachte, als du ihn keines Blickes gewürdigt hast. Er winkt mit dem Hut. Aber ich glaube nicht, dass er uns einholt, dafür fahren wir viel zu schnell.«
    »Das reicht, Sanchia! Wage es nicht, zurückzuwinken, sonst setzt es was!« Marisol zog Sanchia in die Kutsche zurück und sah selbst hinaus. »Ich glaube, wir haben ihn abgehängt«, sagte sie und schaute noch lange aus dem Fenster, um sich zu vergewissern.
    Am fünften Tag gelangten wir zu einem schmalen Durchgang zwischen zwei Felsen. Die Kutsche hielt an, um den Wagen mit unserem Gepäck passieren zu lassen. Alle Bewacher bis auf einen folgten. Dann schrie der Fahrer plötzlich » bandidos!« und als wir hinaussahen, sahen wir eine Gruppe von Reitern mit Tüchern vor dem Gesicht hinter den Felsen auf uns zukommen. Der Mann, der bei uns geblieben war, legte seine Muskete an, doch die Banditen hatten die Kutsche schon erreicht, warfen den Mann zu Boden und rissen von ihren sich aufbäumenden Pferden aus die Kutschentür auf. Sie stießen Sanchia und P í a von den Sitzen, dann zeigte ihr Anführer auf Marisol und winkte sie zu sich. Als sie den Kopf schüttelte, griff er blitzschnell in die Kutsche und zog Marisol hervor, die kreischte, trat und biss. Er warf sie ohne Anstrengung vor sich auf sein Pferd und dann ritt er mit seinen Begleitern davon, während uns Marisols Schreie noch in den Ohren klangen. Unser Bewacher zielte, wagte aber nicht zu schießen, weil er befürchtete, Marisol zu treffen. »Bandidos!« , zischte er erbittert und schüttelte den Kopf. »Sehr schlechte Männer.«
    Der Überfall hatte nur wenige Augenblicke gedauert. Die Laienschwester stimmte ein Wehgeschrei an und flehte jeden Heiligen einzeln an. Wir drei brachen in Tränen aus, wie betäubt durch das, was geschehen war. Die Wachen, die vorausgeritten waren, kehrten zurück, um nachzusehen, warum wir nicht folgten. Als sie hörten, was geschehen war, fluchten sie und sprachen davon, den Banditen hinterherzureiten – wenngleich ihnen deutlich anzusehen war, dass sie es widerstrebend taten und sicherlich nicht sehr schnell reiten würden.
    In den Tagen, die folgten, beteten wir voller Kummer für Marisol und waren ängstlich auf der Hut, für den Fall, dass die Banditen wiederkamen. Die Berge schienen nicht näherzurücken, obwohl wir schon seit Tagen unterwegs waren. Doch schließlich rief Sanchia: »Ich sehe es!« Der Kutscher zeigte

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