Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
Vom Netzwerk:
auf ein großes Tor mit einem Kreuz darauf, das sich vor dem strahlend blauen Himmel über einer Ansammlung von Gebäuden erhob. »Die Dame und die jungen Damen – da ist es! Das Kloster Las Golondrinas!«

KAPITEL 23
    Aus der Chronik der Sors Santas de Jes ú s, aus der Feder von Esperanza, in der Neuen Welt, Herbst 1552
    Ich überreichte der Pförtnerin das Schreiben, das die Äbtissin mir mitgegeben hatte, und sie schickte eine Dienerin, die die Oberin von unserer Ankunft unterrichten sollte. Die Laienschwester, die uns auf unserer Reise begleitet hatte, war darauf bedacht, zusammen mit dem Kutscher und den Wachen zurückzukehren, sobald die Maultiere gefressen hatten, doch zwei Beatas kamen heraus und drängten sie, hereinzukommen, ein wenig zu essen und sich auszuruhen. Ein barfüßiges Mädchen brachte uns zu einem großen Innenhof. In der Mitte sahen wir einen Brunnen, der mit gemusterten Kacheln belegt und von tönernen Töpfen umgeben war, in denen Büsche mit rosa- und orangefarbenen Blüten wuchsen. In diesem Innenhof herrschte noch geschäftigeres Treiben als in dem, den wir gleich nach unserer Ankunft gesehen hatten. Dort ging es recht schicklich zu; hier war es jedoch viel voller und lauter. Im Hof wimmelte es von Damen, die mit ihren Dienerinnen umherspazierten, sich gegenseitig etwas zuriefen, stehen blieben und Grüße austauschten, Anweisungen gaben, schimpften oder laut stritten. Kinder hüpften herum und einige Dienstmädchen, die am Brunnen Wäsche schrubbten, unterhielten sich laut und angeregt. Von Zeit zu Zeit tauchten Nonnen und Novizinnen auf, die barfüßige Gruppen von schwatzenden kleinen Mädchen vor sich herscheuchten, um sie von der Kapelle ins Schulzimmer zu geleiten.
    Wir wurden in einen großen Raum geführt, in dem es nach der Sonnenhitze angenehm kühl war. An den weißen Wänden hingen große rechteckige Webstücke, sie sahen aus wie Wandteppiche, hatten jedoch bunte Muster anstelle von Bildern. Es gab silberne Kerzenleuchter, so groß wie Sanchia und so dick wie der Arm eines Mannes, mit gewaltigen Bienenwachskerzen darin. An der Wand hing ein großes Kruzifix aus Silber und Gold. Eigentlich hätten wir erleichtert sein sollen, weil wir endlich an unserem Ziel angekommen waren, doch der Gedanke an Marisol ließ uns allen das Herz schwer werden. Eine Dienstmagd mit einem langen geflochtenen Zopf, der ihr über den Rücken hing, brachte uns ein Tablett mit Hibiskuswasser und Keksen. Wir hockten auf der Stuhlkante, nippten an unserem Wasser und fühlten uns staubig und traurig.
    »Hört nur!«, sagte P í a pötzlich und legte ihren halb gegessenen Keks beiseite. »Schwalben!« Und dann vernahmen wir alle das vertraute Gezwitscher und Gekratze unter dem Dachvorsprung. »Genau wie in Spanien.« Ich versuchte, etwas Fröhliches und Ermutigendes zu sagen, wie, dass es ein gutes Omen sei, doch die Worte erstarben mir in der Kehle. Ich konnte nur an Marisol denken, der die Banditen schreckliches Leid antaten. Und wir waren irgendwo am Ende der Welt und konnten ihr nicht helfen.
    Auf der anderen Seite des locutio waren Schritte zu hören und wir erhoben uns und machten einen Knicks vor der Respekt einflößenden Frau, die ein wenig außer Atem zu sein schien. Eine junge Nonnen begleitete sie und wich ihr nicht von der Seite. Die Frau sagte: »Ich bin die Oberin und dies ist Sor Ana. Ich habe den Brief Eurer Äbtissin gelesen. Meine lieben Mädchen, willkommen in Las Golondrinas! Aus Spanien! Welch eine Reise Ihr hinter Euch habt!«
    Sor Ana hatte einen Stuhl mit hoher Lehne ans locutio geschoben und wisperte: »Bitte setzt Euch, Mutter Oberin.« Auch wir zogen unsere Stühle zu dem Gitter und setzten uns. Ich wusste, dass ich die Medaille und die Chronik nicht erwähnen sollte, bevor ich eine zufriedenstellende Antwort auf die Fragen bekommen hatte, die die Äbtissin und Sor Beatriz mir aufgetragen hatten. Ich erkannte, wie klug ihre Anweisungen waren. Es gab hier so viele Klöster und ich musste mich vergewissern, dass dieses das richtige war.
    Nach einer höflichen kleinen Unterhaltung über unsere Gesundheit wandte sich die Oberin geradewegs der heiklen Frage nach dem Zweck unserer Reise zu. »In ihrem Brief erklärt die Äbtissin, dass Ihr Waisen aus guten Familien seid und Euch hier Ehemänner suchen wollt. Um Euretwillen hoffe ich, dass Ihr Männer findet, die diese lange Reise lohnen. Doch warum seid Ihr nur zu dritt? Im Brief ist von vier Mädchen die Rede. Wo ist Mar í a

Weitere Kostenlose Bücher