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Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)

Titel: Das Zeichen der Schwalbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Bryan
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Handbewegung, in der sie den Palast und die Ornamente einschloss. Dann zog sie sich gemeinsam mit ihren Töchtern würdevoll zurück und alle eingeborenen Frauen und Sklavinnen warfen sich auf den Boden, als sie vorübergingen. Unsere Verbeugungen schienen im Vergleich dazu kaum ehrerbietig genug.
    An jenem Abend sprachen wir, nachdem wir ein sehr großes und köstliches Festmahl genossen hatten, unsere Gebete und legten uns zum Schlafen auf unsere Liegen. Die ganze Nacht hindurch hörten wir die anderen seufzen und sich unruhig hin- und herwälzen. Uns war unbehaglich zumute und wir machten uns große Sorgen um die armen Matrosen.
    Dann sandte Gott uns ein Zeichen. Am nächsten Morgen hatten wir gerade unsere Gebete gesprochen, als wir ein vertrautes Tschilpen hörten. »Golondrinas!« , riefen wir erfreut. Wir gingen dem Gezwitscher nach und entdeckten einen Garten, in dem die lieben, vertrauten Vögel zwischen Pflanzen mit glänzenden Blättern und schillernden Blüten umherhüpften. Solche Pflanzen hatten wir noch nie gesehen. Sie waren üppig und glitzerten seltsam. Eine Novizin beugte sich hinunter, um eine Blume zu pflücken und zog ihre Hand mit einem Aufschrei zurück: Der Garten bestand aus Silber, Gold und Edelsteinen!
    »Hier gibt es für euch nichts zu fressen«, sagte Sor María Manuela munter zu den Schwalben. »Wir müssen Brotkrumen für euch streuen. Und hier, so glaube ich, lehrt Gott uns eine Lektion, Schwestern – wenn diese Vögel sich nicht von Gold und Juwelen ernähren können, so können wir Gottes Arbeit nicht tun, wenn wir uns dem Luxus und der Bequemlichkeit hingeben. Gott muss uns statt nach Gran Canaria an diesen Ort geleitet haben, um hier unsere Mission zu errichten. Wir müssen zu einem Lebensstil zurückkehren, wie er für Nonnen angemessen ist, müssen die Sprache der Eingeborenen lernen und uns hier nützlich machen.«
    Ihre entschlossenen Worte erinnerten uns an unsere Pflichten. Unsere ersten Versuche, bei den Arbeiten im Haushalt zu helfen, wurden von unseren Dienerinnen und Sklavinnen empört zurückgewiesen. Sie waren scheinbar sehr bemüht, uns unsere Wünsche zu erfüllen, versuchten aber trotzdem zu verhindern, dass wir irgendwo mit Hand anlegten, und sei es bei den leichtesten Aufgaben. Zu ihrem Entsetzen blieben wir jedoch hartnäckig und in den Tagen, die folgten, fragten wir nach den Namen für das, was uns umgab, während wir Seite an Seite arbeiteten: Wie lautete das Wort für Frauen, Wasser, Essen und Tiere, Kleidung, waschen, schlafen, Sonnenlicht oder Regen in der Sprache, die man Quechua nannte, wie wir später erfuhren. Das wichtigste Wort in dieser Sprache schien » Inka « zu sein und es bezeichnet das Land, die Leute und ihren König, was alles eins ist.
    Wir hatten unsere Habseligkeiten zum Trocknen am Strand liegen lassen und hatten keine Hoffnung, dass wir sie je wiedersehen würden, doch eines Tages trugen zu unserer Freude die Dienerinnen unsere Truhen herein. Wir waren überrascht zu sehen, dass unsere Habite, Hemden, Schuhe und Messbücher und Rosenkränze ebenso vollständig waren wie die Truhe mit Arzneimitteln, Federkielen und Tinte und dem Buch über Kräuter und der medizinischen Abhandlung. Sor María Manuelas Kruzifix hängten wir in unserem Hauptraum auf und hatten das Gefühl, dass wir ein wenig angekommen waren. Wir dankten den Frauen und versuchten, ihnen unsere Erleichterung zu schildern, dass unsere Sachen nicht gestohlen worden waren. Die einheimischen Frauen konnten nicht verstehen, was »gestohlen« bedeutete. Als es uns endlich gelungen war, es zu erklären, waren sie entsetzt und beteuerten, dass im »Land der vier Teile«, wie sie das Reich nennen, niemand etwas an sich nehmen würde, was ihm nicht gehört.
    Die Dienerinnen staunten immer wieder über unsere Unwissenheit. Nach und nach erfuhren wir, dass die Inkas viele Götter anbeten, von denen die Sonne an erster Stelle stand. Der Herrscher über die Eingeborenen war der Sapa Inka . Sie glaubten, er sei der allmächtige Sohn des Sonnengottes und verehrten ihn über alle Maßen. Die Novizinnen spotteten über diesen heidnischen Aberglauben, doch eine der Beatas bemerkte: »Denkt daran, wie schnell die Kälte einsetzt, sobald die Sonne untergegangen ist, selbst an einem heißen Tag. Es ist nicht verwunderlich, dass sich ihre Religion der Sonne zuwendet und dass die Welt ohne sie so kalt und dunkel wäre wie die Nächte, die wir am Strand verbracht haben.«
    Es dauerte jedoch eine

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