Das Zeichen der Schwalbe (German Edition)
Erste-Hilfe-Koffer Zeichen, während er die Frauen durch das Tor scheuchte.
»Der Fahrer hat versucht, die Mädchen im Laster zu erschießen; drei sind gestorben, doch diese hier konnten wir retten. Kümmern Sie sich um sie, bis ich zurück bin.« Eine Frau, die aus einer Wunde an der Schulter blutete, brach zusammen und die Sanitäterin beugte sich über sie. Almira begann zu kreischen und klammerte sich an Alejandros Jacke, doch er schubste sie kurzentschlossen hinter das Tor und verschwand.
Menina zog alle hinter die Mauer und verriegelte das Tor. Um die beiden Verletzten herum sanken die anderen Frauen schluchzend und wehklagend auf die Knie. Die Sanitäterin gab der ersten eine Spritze und wandte sich dann der zweiten zu, die offenkundig einen Schock hatte und am ganzen Körper zitterte.
Dann tauchte Sor Teresa auf. Sie war fuchsteufelswild und verlangte auf der Stelle Aufklärung, warum ein derart unheiliger Lärm den Frieden der Osternacht störe. Die älteren Nonnen seien überzeugt, dass die Falangisten zurückgekehrt seien. Menina sprang auf und sagte ihr, dass es mit der Polizeiaktion zu tun habe, von der sie ihr erzählt hatte. Rasch fügte sie hinzu, dass einige Frauen bei der Aktion verletzt worden seien und dass Alejandro wiederkommen und alles erklären werde. Sor Teresa rang verzweifelt die Hände. Menina legte ihr die Arme um die schmalen Schultern und versicherte ihr, alles werde gut. Am besten solle sie nun gehen und den anderen Nonnen erklären, was los war. Und vielleicht ein Gebet für die verletzten Frauen und für Alejandro sprechen.
Die nächsten Stunden vergingen in einem heillosen Durcheinander aus Tränen, Lärm und blutdurchtränkten Mullbinden. Die beiden verletzten Frauen lagen still da, sie hatten ein Beruhigungsmittel bekommen und waren verbunden worden. Die Polizeisanitäterin sagte, sie habe alles getan, was sie unter diesen Umständen für sie tun könne, und versicherte allen, dass sie unter Polizeischutz in eine sichere Unterkunft gebracht würden, sobald der Weg frei sei. Die beiden Verletzten werde man ins Krankenhaus bringen und dort von der Polizei bewachen lassen. »Wird Hauptmann Fernández Galán auch ins Krankenhaus fahren oder kommt er hierher?«, fragte Menina vorsichtig. »Ich meine, er sollte mit seiner Tante reden.«
»Oh, ich glaube, er kommt hierher, sobald er kann«, antwortete die müde Sanitäterin und grinste. »Achten Sie darauf, dass diese beiden hier sich nicht rühren. Sie müssten soweit okay sein. Ich muss wieder los, falls jemand Hilfe braucht.«
Menina ließ sie hinaus und verriegelte das Tor hinter ihr.
Menina und Almira richteten Schlafplätze für alle her. Es waren ungefähr zwei Dutzend Frauen und sie beschlossen, ihre Matratzen in den Gängen auszubreiten und sich dort dicht gedrängt hinzulegen. Niemand wollte allein sein. Im Morgengrauen hieß die Glocke der Kapelle den Ostersonntag willkommen und an Schlaf war nicht mehr zu denken. Menina, die nun schon die zweite schlaflose Nacht hinter sich hatte, glaubte, ihr Kopf würde explodieren.
Dann erschien Sor Teresa wieder. Diesmal scheuchte sie alle in die Küche, wo dicke heiße Schokolade in angeschlagenen, wild durcheinandergewürfelten Bechern und gebratene und gezuckerte churros zum Tunken auf sie warteten. In die verweinten Gesichter der geretteten Frauen kehrte etwas Farbe zurück. Menina fiel auf, dass sich in der Küche wunderbar duftende Speisen türmten – offenbar hatte das Dorf für das österliche Festmahl der Nonnen gesorgt.
Dann läutete wieder die Glocke am Tor. Sanitäter mit Tragbahren kamen, um die beiden Verletzten abzuholen, und schließlich erschien die versprochene Polizeieskorte, um die anderen Frauen in ihre sichere Unterkunft zu bringen. Menina nahm Almira fest in den Arm und sagte ihr immer wieder, dass sie nun in Sicherheit sei und sich keine Sorgen mehr machen solle, dann kehrte sie in ihre Zelle zurück und sank auf ihr Bett. Sie war vollkommen erledigt. Sie wusste nicht mehr, was es mit dem Stapel Notizen auf der offenen Chronik auf sich hatte. Sie wusste nicht, welcher Tag es war. Und es war ihr vollkommen egal.
Sie schlief tief und fest, bis sich das unerbittliche Läuten der Glocke in ihr Bewusstsein bohrte. Zunächst ignorierte sie es, doch es war eine sehr laute Glocke. Sie läutete und läutete, bis Menina schließlich widerstrebend ein Auge öffnete. Dann schloss sie es wieder. Sollte die Glocke doch läuten. Und das tat sie auch, bis Menina das
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