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Das Zeichen der Vier

Das Zeichen der Vier

Titel: Das Zeichen der Vier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Direkt neben uns saß Holmes mit dem Ausdruck stiller Belustigung.
    »Holmes!« rief ich aus. »Sie hier! Aber wo ist der alte Mann geblieben?«
    »Hier ist der alte Mann«, antwortete er und hielt eine Fülle weißen Haares empor. »Hier ist er – Perücke, Backenbart, Augenbrauen, das ganze Drum und Dran. Ich wußte zwar, daß meine Maskerade ziemlich gut ist, aber daß sie dieser Prüfung standhalten würde, hätte ich kaum gedacht.«
    »Sie Schuft, Sie!« rief Jones, aufs höchste amüsiert. »Sie hätten einen Schauspieler abgegeben, und zwar einen, wie man ihn nicht alle Tage sieht. Sie hatten einen waschechten Armenhäuslerhusten, und die Nummer mit den schwachen Beinen ist zehn Pfund die Woche wert. Allerdings ist mir das Glitzern Ihrer Augen irgendwie bekannt vorgekommen. Wie Sie gesehen haben, wären Sie uns nicht so leicht entwischt.«
    »Ich habe den ganzen Tag in diesem Aufzug gearbeitet«, sagte Holmes und steckte sich eine Zigarre an. »Sie müssen wissen, daß ich in Verbrecherkreisen allmählich bekannt bin, vor allem seit unser Freund hier angefangen hat, einige meiner Fälle zu veröffentlichen. Ich kann mich deshalb nur noch leicht verkleidet wie jetzt eben auf den Kriegspfad begeben. Haben Sie mein Kabel erhalten?«
    »Ja, deshalb bin ich hier.«
    »Wie gedeiht Ihr Fall?«
    »Es hat sich alles im Sand verlaufen. Ich war gezwungen, zwei meiner Gefangenen freizulassen, und gegen die anderen zwei liegen auch keine Beweise vor.«
    »Halb so schlimm. Wir werden Ihnen als Ersatz zwei neue liefern. Vorausgesetzt, Sie unterstellen sich meinem Befehl. Der öffentliche Ruhm steht voll und ganz zu Ihrer Verfügung, aber Sie müssen sich an die Weisungen halten, die ich Ihnen gebe. Einverstanden?«
    »Voll und ganz, wenn Sie mir zu den Männern verhelfen.«
    »Nun gut; zuerst einmal brauche ich ein schnelles Polizeiboot, ein Dampfboot, das um sieben Uhr bei den Treppen von Westminster für uns bereitliegt.«
    »Das läßt sich leicht machen. Da ist immer eins in dieser Gegend, aber ich kann rasch über die Straße gehen und telephonieren, um sicher zu sein.«
    »Außerdem brauche ich zwei zuverlässige Männer, für den Fall, daß Widerstand geleistet wird.«
    »Es werden zwei oder drei in dem Boot sein. Sonst noch etwas?«
    »Wenn wir die Männer fassen, wird uns auch der Schatz in die Hände fallen. Ich denke, daß es meinem Freund hier Freude machen würde, die Schatztruhe der jungen Dame zu überbringen, der die Hälfte davon rechtens zusteht. Sie soll die erste sein, welche die Truhe öffnet. Na, Watson, was meinen Sie dazu?«
    »Es wäre mir eine große Freude.«
    »Ein ziemlich regelwidriges Vorgehen«, bemerkte Jones kopfschüttelnd. »Aber was soll’s, die ganze Sache ist regelwidrig; es bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als ein Auge zuzudrücken. Danach muß der Schatz jedoch den Behörden übergeben werden, bis die offizielle Untersuchung abgeschlossen ist.«
    »Selbstverständlich, das wird sich leicht machen lassen. Noch etwas; es läge mir sehr viel daran, einige Einzelheiten im Zusammenhang mit diesem Fall aus dem Munde von Jonathan Small selbst zu erfahren. Sie wissen, daß ich Wert darauf lege, meine Fälle bis in die letzte Einzelheit zu klären. Sie haben doch nichts dagegen einzuwenden, wenn ich, sei es nun hier in meinem Quartier oder anderswo, ein kleines Privatgespräch mit ihm führe, vorausgesetzt, daß er streng bewacht wird?«
    »Nun, Sie sind der Herr der Lage. Ich habe bis anhin noch keinen Beweis dafür, daß es diesen Jonathan Small wirklich gibt. Sollte es Ihnen jedoch gelingen, ihn zu fangen, so sehe ich nicht, wieso ich Ihnen ein Gespräch mit ihm verweigern sollte.«
    »Sie sind also damit einverstanden?«
    »Ja, absolut. Sonst noch etwas?«
    »Ja, ich bestehe darauf, daß Sie uns beim Abendessen Gesellschaft leisten. Es wird in einer halben Stunde bereit sein. Ich habe Austern, zwei Birkhühner und etwas vom Erleseneren, was man an Weißwein finden kann. Es ist an der Zeit, Watson, daß Sie meine Talente als Hausherr einmal gebührend würdigen.«
10. Das Ende des Insulaners
    Unser Mahl nahm einen heiteren Verlauf. Holmes war ein blendender Unterhalter, wenn er wollte, und an diesem Abend wollte er. Er schien sich in einem Zustand nervöser Hochstimmung zu befinden. Nie zuvor hatte ich ihn so brillant erlebt. Er streifte in rascher Folge die verschiedensten Themen – Mirakelspiele, mittelalterliche Töpferkunst, Stradivari-Geigen, den Buddhismus auf Ceylon und die

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