Das Zeichen Des Dunklen Gottes
und Magie, die er nun besitzt, immer noch der kleine Junge, den ich damals schon in Granburg um den Finger wickeln konnte. Und daran wird sich nichts ändern.«
»Aber Ihr wünscht Euch, dass ich Euch ebenso verfallen wäre, nicht wahr?« Der Ratgeber lächelte sie wissend an und näherte sich ihrem Platz. Er beugte sich herab, stützte die Hände auf die Sessellehnen und brachte sein attraktives Gesicht ganz nah vor das der Kabcara. »Aber es ist genau umgekehrt«, flüsterte er. Wie ein Vorhang aus Quecksilber rutschten die Haare vom Rücken herab und kitzelten die Haut Aljaschas. »Ihr verlangt nach mir. Ihr könnt es kaum erwarten, dass ich Euch berühre.«
Die Frau schluckte laut, ihre Brust hob und senkte sich schnell. Unwillkürlich reckte sie ihr Kinn empor, um ihre Lippen auf seine pressen zu können. Aber Mortva wich zurück, und ein enttäuschter Laut entfuhr der Herrscherin. »Seht Ihr? Was wärt Ihr für einen einzigen Kuss von mir bereit zu tun?«
»Alles«, raunte sie, ihre grünen Augen, die vorhin noch voller Berechnung gewesen waren, blickten flehend zu dem Berater auf.
Er legte den Zeigefinger an ihre Lippen. »Bald werdet Ihr vielleicht das und noch viel mehr erhalten, hoheitliche Kabcara. Dinge, die Ihr bisher nur in Euren Träumen mit mir tatet.«
»Was muss ich tun? Bitte, sagt es, und ich …« Hastig brachen die Worte aus ihr hervor, wieder kam ihr Kopf ein wenig nach vorne.
»Ihr habt versucht, das Leben in Euch zu töten. Aber es muss das Licht der Welt erblicken«, sagte Mortva leise und genoss den erschrockenen Ausdruck auf dem Gesicht der Frau. »Fast nichts bleibt mir in Ulsar verborgen, warum dann ausgerechnet Euer Tun? Versteht mich nicht falsch, ich verstehe Eure Sorge um Euer Äußeres. Aber das, was Ihr in Euch tragt, ist wichtiger. Es muss geboren werden. Es muss.« Obwohl er beinahe wisperte, drangen die Worte kristallklar in ihren Verstand, setzten sich fest und ließen keinen Widerspruch gegen die Anordnung zu. »Das ist die Bürgschaft für Eure Position als Kabcara, die ich Euch immer noch zusichere. Ihr werdet Tarpol, Tûris und alle anderen Reiche, die bald noch dazukommen werden, regieren. Sinured wird sein Versprechen halten und zurückerobern, was einst Tarpol gehörte.« Er fixierte sie. »Versprecht mir, schwört mir bei Tzulan, dass Ihr keinen weiteren Versuch unternehmen werdet, den Nachwuchs wegmachen zu lassen.«
Aljascha nickte verzückt, berauscht von dem Gedanken an die Macht, die ihr in Aussicht gestellt worden war. »Ich schwöre bei Tzulan.«
Erst jetzt klärte sich ihr Blick ein wenig, und sie verstand, in wessen Namen sie soeben Treue gelobt hatte. Doch bevor sie etwas hinzufügen konnte, spürte sie die Lippen des Beraters auf den ihren.
Ein Rausch erfasste sie augenblicklich, alles in ihr schien zu kribbeln, zu vibrieren. Schnell versuchte sie, ihre Arme um den Nacken des geheimnisvollen Mannes zu legen, aber er entzog sich ihr mit einem triumphierenden Lächeln.
»Nicht so eilig, hoheitliche Kabcara. Alles zu seiner Zeit.« Mortva sah sich um. »Und schon gar nicht im Teezimmer, wo doch der Hohe Herr immer erscheinen könnte. Freut Euch auf unsere gemeinsamen Vergnügungen, die folgen werden.«
»Ihr quält mich«, beschwerte sich die hübsche Frau und verzog enttäuscht den Mund. Sie lehnte sich in die Polster des Sessels und griff nach der Flasche. »Ich bin es nicht gewohnt, dass man mich warten lässt.«
»Ganz genau. Und das reizt Euch umso mehr«, gab der Konsultant zurück, die Miene wurde kalt, der Zug um seinen Mund hart. »Tut, was Ihr geschworen habt. Ich halte mich ebenfalls an den Teil meiner Abmachung.«
Als der Berater hinausging, fiel seine Aufmerksamkeit auf eines der Bücher, das er Lodrik zum Studieren überlassen hatte. Es stand etwas versteckt hinter einer Urne auf dem Kaminsims. Er registrierte, dass aus dem Buchrand ein Lesezeichen ragte, das nicht von ihm stammte.
Die Kabcara sah Mortva hinterher, als der den Raum verließ. Dann schloss sie die Augen, um sich die Erinnerung an den Kuss des Beraters zurückzuholen. Allein der Gedanke daran jagte einen Schauder des Wohlbefindens durch ihre Adern.
Seufzend nahm sie einen Schluck aus der Flasche und betrachtete wieder das noch eng anliegende Mieder.
Es war der Kabcara ein Rätsel, wie der Konsultant Wind von ihrer Unternehmung bekommen hatte. Sie trug damals andere Kleider, reiste in einer unbekannten Kutsche und fast ohne Gefolge, als sie sich entschlossen hatte, eine
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