Das Zeichen Des Dunklen Gottes
letzten Satz seines Beraters plötzlich wieder etwas in den Sinn gekommen. Am Rande bemerkte er, dass Paktaï zwar verschwunden war, aber keine Tür geklappert hatte. »Apropos Gott, lieber Vetter. Kommt mit. Ich muss Euch etwas zeigen und möchte danach von Euch hören, was Ihr von der Sache haltet.«
Er setzte sich in Bewegung und führte seinen neugierig gewordenen Konsultanten ins Teezimmer. Ein schneller Griff in die Schublade und er reichte dem Mann mit dem Silberhaar das Schreiben des Oberen des Ulldraelordens. Anschließend goss er zwei Gläser mit süßem Dessertwein ein. Geduldig wartete er.
Die Augen Mortvas wurden größer und größer, in seinen Pupillen entstand im Schein des Kaminfeuers ein triumphierendes Glitzern. Dann senkte er das Papier. »Damit haben wir einen Freibrief gegenüber dem Orden, Hoher Herr.«
»Es ist viel besser.« Der Kabcar hielt seinem Konsultanten einen der durchsichtigen Kelche hin, der ihn entgegennahm. »Ich habe damit den indirekten Beweis, dass der erste Attentäter in Granburg vom Ulldraelorden gesandt wurde. Und dass Matuc den Auftrag hatte, mich zu töten. Mich, den Kabcar. Das ist also eine Verschwörung gegen den Thron.« Er nippte an dem Alkohol und schloss für einen Moment die Augen. »Und eine Verschwörung wird nach wie vor mit dem Tode bestraft. Die Unterschrift des Hauptschuldigen haben wir glücklicherweise, dieser Fall ist zumindest eindeutig. Aber vorher werde ich herausfinden lassen, wer noch alles an diesem Vorhaben beteiligt war. Zumindest der Geheime Rat Tarpols muss befragt werden. Unter Anwendung aller Mittel, die dem Richter«, er deutete eine Verbeugung an, »mir, zur Verfügung stehen. Und abhängig vom Ergebnis dieser Untersuchung werde ich weitere Schritte gegen den Orden in meinem Reich in die Wege leiten.«
Der Konsultant hing seinem Schützling gebannt an den Lippen. »Das ist tollkühn. Niemand, bei allen Irrungen und Wirrungen in der Geschichte des Landes, hat es jemals gewagt, Hand an den Orden zu legen.«
»Niemand außer Sinured«, verbesserte Lodrik grimmig lächelnd. »Aber mehr und mehr verstehe ich, warum er das getan hat. Solch eine intrigante Organisation von Heuchlern, die um ein Haar meinen Tod verursacht hätte, hat nicht das Recht, sich als Freund des Volkes aufzuspielen.« Er leerte sein Glas. »Ich werde meine Pläne aber genau anlegen, bevor ich losschlage. Ich werde die Reden für die Ausrufer und Kopien des Briefes anfertigen lassen, und sobald alles Notwendige in die Wege geleitet wurde, rüttele ich an dem mit Gold übersäten Palast des Ordens, dass sie meinen, es sei ein Erdbeben über sie gekommen. Oder der Zorn ihres Gottes für die Taten, die ihre Führer begangen haben.«
»Ein Hoch auf Tarpol!«, sagte Mortva begeistert. »Und ein Hoch auf den größten Kabcar, den das Volk jemals auf dem Thron sah.«
»Sollte hier etwas gefeiert werden, ohne dass mir mein Gemahl Bescheid geben ließ?«, gurrte eine vertraute Stimme von der Tür her. »Verzeiht mir, aber ich habe geklopft. Da ich aber Stimmen hörte …«
Lodrik eilte Aljascha entgegen, deren Anblick ihm beinahe die Sprache raubte. »Es war nur ein ungeplantes Treffen«, beeilte er sich zu erklären und ließ seinen Blick am Körper seiner Cousine entlanggleiten. »Hinreißend«, sagte er und reichte ihr sein Glas. »Wie immer ein Traum von Frau.«
Aljascha betrachtete den Alkohol, und ihre gute Laune war verflogen. »Ich habe eine freudige Nachricht für den Kabcar«, sagte sie in einem Ton, der genau das Gegenteil vermittelte. Aufmerksam sahen die beiden Männer die Rothaarige an. »Ihr werdet Vater, wenn ich und der Hofmedicus die Zeichen richtig interpretiert haben.«
»Das ist ja großartig!«, entfuhr es Mortva, der sofort eine Verbeugung hinterherschickte. »Meine Glückwünsche an die Herrscher von Tarpol. Das Volk wird außer sich sein vor Freude, wenn es hört, dass dem Kabcar Nachwuchs ins Haus steht.«
Lodrik wusste nicht recht, wie er auf diese Eröffnung reagieren sollte. Man konnte meinen, Mortva freute sich mehr als er selbst. Dann machte er beinahe widerstrebend einen Schritt nach vorne und umarmte seine Gemahlin. »Das ist … schön.«
»Ich bedauere es sehr, dass ich in ein paar Monaten nicht mehr den Ansprüchen meines Gatten gerecht werden kann«, knirschte Aljascha. Ihr hübsches Gesicht verzog sich. »Ich werde unansehnlich sein. Dick, aufgedunsen, hässlich. Alle werden über mich lachen.«
Der Kabcar fasste ihre Hände.
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