Das Zeichen Des Dunklen Gottes
ein. Sie durfte es nicht tun. Das Mädchen war zu klein, zu jung.
Sanft und gegen ihren Willen legten sich ihre Hände auf die Schultern des Mädchens und zogen es an sich heran.
»Hast du schon immer grüne Haare, oder malst du sie an?«, fragte das Kind neugierig. Versuchsweise wickelte es eine Strähne um den Finger und ließ die Locke wieder wegschnellen. »Sie sind sehr weich. Ich wollte, meine wären auch so.«
Belkala riss sich zusammen. Hart stieß sie ihre kleine Besucherin von sich.
»Lauf! Lauf nach Hause, Kleine.« Das Gesicht der Kensustrianerin verzerrte sich. Der innere Kampf war deutlich auf ihrem Antlitz ablesbar. Die Iris glomm auf, wechselte von Bernstein zu Gelb.
Verunsichert und überrascht wich das Mädchen zurück. Dann rannte es weg.
Schwer atmend stützte sich Belkala auf die Mauer, benetzte sich die Stirn mit Wasser und rang mit ihrer Fassung. Um ein Haar wäre ihr anderes Wesen hervorgebrochen, und wie knapp das Kind vor dem sicheren Tod gestanden hatte, konnte sie nicht sagen.
Vorsichtig und ein wenig taumelnd verließ sie den Hof und bog nach rechts ab.
»Belkala?«
Die Priesterin wandte sich um. Ein gerüsteter Kensustrianer mit langem Gesicht stand vor ihr, ein Schwert und einen Dolch gezogen. »Welch Zufall.« Der Krieger senkte den Kopf ein wenig und begab sich in Angriffsposition. »Die Ausgestoßene.«
Am Ende der Gasse tauchte der zweite, jüngere Kensustrianer auf, riss seine Waffen hervor und rannte in ihre Richtung.
Doch ihr erster Gegner wartete nicht. Ansatzlos begann er eine kombinierte Attackenserie gegen die Priesterin, die knurrend zurückwich. Der Rákshasa in ihr brach hervor.
Immer wieder erwischte eine Schneide ein Stück Stoff ihrer Robe, kleinere Schnittwunden zeigten sich, die aber ohne nachhaltige Wirkung blieben. Nur mit dem Verlust des Hauptes war die Priesterin wirklich geschlagen.
Nun stand der jüngere Krieger an der Seite des Älteren. Beide zusammen erzeugten mit ihrer Kampfkunst eine funkelnde, tödliche Wand aus wirbelnden Schwertern, die sie nicht durchdringen konnte. Machte sie einen Schritt vorwärts, würde sie von den Klingen innerhalb von Augenblicken zerlegt werden. Hinter ihr mündete der Weg in einen weiteren Hof.
Aber die Mauer der Gasse zeigte breite Fugen zwischen den Steinen.
Sie fauchte wütend, stieß sich vom Boden ab und sprang an der Wand empor.
Ihre langen Fingernägel krallten sich in die Zwischenräume, die Füße fanden recht schnell Halt. Wie eine Spinne erklomm sie die Wand, um sich aufs Dach zu schwingen und in luftiger Höhe ihre Flucht fortzusetzen.
Bevor sie den rechten Fuß über die Kante ziehen konnte, durchzuckte ihr Gelenk ein glühender Schmerz. Einer der Krieger hatte ihr seine Waffe hinterhergeschleudert.
Zuerst wollte sie sich nicht weiter darum kümmern, aber als sie ihren Fuß belasten wollte, knickte er einfach zur Seite weg. Krachend stürzte sie auf die Ziegeln, rutschte auf das Ende der schrägen Fläche zu und fing sich im letzten Moment an einem Kamin ab.
Fast vollständig abgetrennt baumelte der rechte Fuß am Unterschenkel. Die dumpfen, leicht zu ertragenden Schmerzen meldeten sich erst, nachdem sie sich ihrer Verletzung bewusst geworden war. Somit war ein Sprung auf das nächste Dach unmöglich. Ein zorniges Heulen drang aus ihrer Kehle.
Sie hörte, wie sich einer ihrer Verfolger ächzend die Mauer hinaufarbeitete. Kopfüber warf sie sich in den Schlot und brauste in die schwarze Tiefe hinab.
In einer dunklen Wolke aus Ruß und Staub schlug sie nach einem langen Fall in einem erloschenen Kamin auf. Hustend rutschte sie auf einen Teppich und wischte sich die Augen frei, damit sie ihre Umgebung betrachten konnte.
Belkala fand sich in einer gut eingerichteten Wohnstube wieder. Niemand hatte ihr ungewöhnliches Auftauchen bemerkt.
Leise fluchend zog sie sich an einem Schrank in die Höhe und wankte vorsichtig zu einem Sessel. Sie konzentrierte sich auf die Heilung ihres Beins und des Arms, den sie sich bei ihrem Sturz gebrochen hatte. Das Schließen der Wunden und Richten der Knochen, das normalerweise von selbst einsetzte, gelang selbst unter Aufbietung aller geistigen Kräfte mehr schlecht als recht. Dabei achtete sie auf jedes verdächtige Geräusch um sich herum. Ihre Verfolger, so schien es, hatten sie verloren.
Hungrig durchstreifte sie das Haus und fand Nahrung in der Gesindeküche, wo eine Köchin und der Diener eine willkommene, wehrlose Beute waren. Ihre Körper, denen sie sogar
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