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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Verband, der uns auf der Nordseite der Somme gefolgt ist?», sagte Sir John. «Diese Bastarde werden bestimmt bald hier sein. Aber die andere, die große Armee? Das weiß nur Gott. Hoffen wir, dass sie glauben, wir wären immer noch auf der Südseite des Flusses.»
    Und selbst wenn nur der kleinere französische Armeeverband käme, dachte Hook, dann hatten die paar Bogenschützen der Vorhut nicht die geringste Aussicht, sie aufzuhalten. Er setzte sich neben den Bachlauf unter eine abgestorbene Erle, sah blicklos nach Norden und ließ seine Gedanken schweifen. Er war ein schlechter Bruder gewesen. Er hatte sich nie richtig um Michael gekümmert, und wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass ihn Michaels vertrauensseliges Wesen und seine unendliche Lebensfreude manchmal gereizt hatten. Er nickte kurz, als sich Tom Scarlet, der seinen Zwillingsbruder an Lanferelles Schwert verloren hatte, neben ihn hockte. «Es tut mir leid um Michael», sagte Scarlet unbeholfen. «Er war ein guter Kerl.»
    «Das war er», sagte Hook.
    «Matt war auch so.»
    «Stimmt, das war er. Und ein guter Bogenschütze.»
    «Das war er», sagte Scarlet. «Das war er.»
    Schweigend sahen sie nach Norden. Sir John hatte gesagt, dass der erste Hinweis auf einen französischen Truppenverband berittene Kundschafter sein würden. Doch es waren keine Reiter zu sehen.
    «Michael hat immer die Sehne schnappen lassen», sagte Hook. «Ich habe versucht, es ihm richtig beizubringen, aber er konnte es nicht lassen. Er hat sie immer schnappen lassen. Damit hat er sich die Treffgenauigkeit verdorben, das habe ich ihm immer wieder gesagt.» «Das passiert, wenn man die Sehne schnappen lässt», sagte Scarlet.
    «Er hat es nie gelernt», sagte Hook, «und er hat auch nie diesen gottverdammten Kasten gestohlen.»
    «Er kam einem nicht vor wie ein Dieb.»
    «Er war auch keiner! Aber ich weiß, wer den Kasten gestohlen hat, und ich schneide ihm seine dreckige Kehle durch.»
    «Dafür lohnt es sich nicht, gehängt zu werden, Hook.»
    Hook verzog das Gesicht. «Wenn uns die Franzosen einholen, ist es ohnehin gleich, oder etwa nicht? Dann werde ich entweder gehängt oder niedergemetzelt.» Mit einem Mal sah Hook wieder das Bild der qualvoll sterbenden, gefolterten Bogenschützen vor der kleinen Kirche in Soissons vor sich. Ein Schauder lief ihm den Rücken hinab.
    «Aber wir sind über den Fluss», sagte Scarlet nachdrücklich, «und das ist gut. Wie weit ist es jetzt noch?»
    «Pater Christopher meint, von hier aus müssen wir noch eine Woche lang marschieren, vielleicht auch einen oder zwei Tage länger.»
    «Das haben sie vor ein paar Wochen auch schon erzählt», sagte Scarlet freudlos. «Aber das macht nichts. Wir können ja eine Woche marschieren, ohne etwas zu essen.»
    Geoffrey Horrocks, der jüngste Bogenschütze, brachte einen Helm voller Haselnüsse. «Hab ich an der Hecke gesammelt. Wollt Ihr sie verteilen?», fragte er Hook.
    «Das machst du selbst, mein Freund. Erzähl ihnen, das ist das Abendessen.»
    «Und zugleich das Frühstück für morgen», setzte Scarlet hinzu.
    «Wenn wir ein Netz hätten, könnte ich ein paar Spatzen fangen», sagte Hook.
    «Spatzenpastete», murmelte Scarlet sehnsüchtig.
    Sie verfielen in Schweigen. Es hatte aufgehört zu regnen, doch der schneidende Wind ließ die durchnässten Bogenschützen bis auf die Knochen frieren. Ein Schwarm schwarzer Stare, die so dicht beisammenflogen, dass sie an eine dahintreibende Wolke erinnerten, hoben und senkten sich über einem Feld in der Nähe. Hinter Hook, auf der anderen Seite des Flusses, arbeiteten die Männer an der Instandsetzung der Dammwege.
    «Er war ein erwachsener Mann, musst du wissen.»
    «Was hast du gesagt, Tom?», fragte Hook, den die Worte aus seinen Gedanken gerissen hatten.
    «Nichts», erwiderte Scarlet. «Ich war gerade dabei einzuschlafen, da hast du mich geweckt.»
    «Er war ein sehr guter Mensch», sagte die Stimme leise, «und jetzt hat er im Himmel seinen Frieden gefunden.»
    Sankt Crispinian, dachte Hook, und sein Blick auf die Landschaft war verschleiert von Tränen. Du bist immer noch bei mir, wollte er sagen.
    «Im Himmel gibt es keine Tränen», fuhr der Heilige fort, «und keine Krankheit. Dort gibt es kein Sterben und keine Dienstherren. Und dort gibt es keinen Hunger. Michael genießt die himmlischen Freuden.»
    «Alles in Ordnung, Nick?», fragte Tom Scarlet.
    «Ja», sagte Hook und dachte, dass Crispinian alles über Brüder wusste. Er hatte mit seinem

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