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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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erkennen waren. «Wer ist da?», rief Tom Scarlet plötzlich.
    «Ein Freund!», rief eine Männerstimme zurück.
    Der nächste Blitz tauchte einen Feldkämpfer in gleißendes Licht, der sich ihnen vom englischen Lager aus näherte. Er hatte ein Kettenhemd an und gepanzertes Beinzeug, und in dem kurzen Aufleuchten des Blitzes sah Hook, dass der Mann keinen Wappenrock trug und, statt eines Helmes, einen breitkrempigen Lederhut. «Wer seid Ihr?», forderte Hook Auskunft.
    «Swan», sagte der Mann. «John Swan. Wessen Männer führt Ihr?»
    «Sir John Cornewailles», antwortete Hook.
    «Wenn jeder Mann wäre wie Sir John», sagte Swan, «dann wären die Franzosen klug beraten, möglichst schnell Reißaus zu nehmen!» Er schrie fast, um sich über die Geräusche des Regens hinweg verständlich zu machen. Keiner der Bogenschützen sagte etwas darauf. «Sind eure Bögen bespannt?», fragte Swan.
    «Bei diesem Wetter, Sir? Nein!», antwortete Hook.
    «Und was ist, wenn es morgen immer noch so regnet?»
    Hook zuckte mit den Schultern. «Dann kürzen wir die Sehnen und schießen trotzdem. Aber die Sehnen werden sich erneut ausdehnen.»
    «Und irgendwann werden sie reißen», fügte Will of the Dale hinzu.
    «Die Verwirbelung löst sich auf», erklärte Tom Scarlet.
    «Was wird also morgen früh geschehen?», fragte Swan. Er hatte sich zu den Bogenschützen gekauert. Doch die fühlten sich in der Gesellschaft dieses Fremden seltsam unbehaglich.
    «Das müsst Ihr uns sagen, Sir», sagte Hook.
    «Ich möchte aber wissen, wie ihr darüber denkt», drängte Swan. Verlegenes Schweigen breitete sich aus. Keiner der Bogenschützen wollte über seine Ängste sprechen. Lachen und Hochrufe brandeten vom französischen Lager herüber.
    «Morgen», sagte Swan, «werden viele Franzosen betrunken sein. Wir aber sind nüchtern.»
    «Aber nur, weil wir kein Ale haben», sagte Tom Scarlet.
    «Also, was, glaubt ihr, wird geschehen?», fragte Swan beharrlich.
    Erneutes Schweigen. «Die gottverdammten besoffenen Bastarde werden uns angreifen», sagte Hook schließlich.
    «Und dann?»
    «Dann werden wir die gottverdammten besoffenen Bastarde umbringen», sagte Tom Scarlet.
    «Und so die Schlacht gewinnen?», fragte Swan.
    Alle schwiegen. Hook fragte sich, weshalb sich Swan ausgerechnet seine Männer für dieses Gespräch ausgesucht hatte. Dann, als keiner der anderen etwas sagte, antwortete Hook. «Das liegt in Gottes Hand, Sir», sagte er steif.
    «Gott ist auf unserer Seite», erwiderte Swan mit großem Nachdruck, «denn die Sache unseres Königs ist gerecht. Und auch wenn sich in der Morgendämmerung die Tore der Hölle auftun und die Legionen des Satans gegen uns kämpfen würden, dann wäre der Sieg dennoch unser. Denn Gott ist auf unserer Seite.»
    Hook erinnerte sich an den weit zurückliegenden, sonnenüberglänzten Tag in Southampton Water, an dem die beiden Schwäne mit rauschenden Flügeln zwischen den Schiffen der Flotte hindurchgeflogen waren, und er erinnerte sich auch, dass der Schwan eines der Wappentiere Henrys war. Henry, König von England.
    «Glaubt ihr das?», fragte Swan, «dass die Sache unseres Königs gerecht ist?»
    Keiner der Bogenschützen antwortete. Doch jetzt verstand Hook. «Ich weiß nicht, ob die Sache des Königs gerecht ist», sagte er schroff.
    Einige Augenblicke herrschte Schweigen, und Hook spürte, wie der Mann, der sich Swan nannte, vor Empörung erstarrte. «Warum sollte sie es nicht sein?», fragte er mit eisiger Stimme.
    «Weil der König an dem Tag, bevor wir die Somme überquert haben», sagte Hook, «einen Mann als Dieb aufgehängt hat.»
    «Der Mann hatte von der Kirche gestohlen», sagte Swan herablassend, «also war ihm der Tod gewiss.»
    «Aber er hat dieses Kästchen niemals gestohlen», sagte Hook.
    «Das hat er nicht», bestätigte Tom Scarlet.
    «Er hat dieses Kästchen niemals gestohlen», wiederholte Hook schroff, «und dennoch hat ihn der König gehängt. Und einen unschuldigen Mann zu hängen ist eine Sünde. Warum also sollte Gott auf der Seite eines Sünders sein? Erklärt Ihr mir das, Sir? Erklärt Ihr mir, warum Gott einen Mann begünstigen sollte, der einen Unschuldigen ermordet hat?»
    Wieder breitete sich Schweigen aus. Der Regen hatte etwas nachgelassen, und Hook hörte die Musik aus dem französischen Lager, der wildes Gelächter folgte. Sie mussten Lampen in ihren Zelten haben, denn das Zelttuch schimmerte gelblich. Der Mann namens Swan bewegte sich leicht, seine Beinpanzerung

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