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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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galoppierten so nahe an die Stadt heran, als wollten sie die Bogenschützen auf der Stadtmauer zum Schuss herausfordern. Einige Armbrustschützen ließen Bolzen auf sie herabschnellen, doch kein Reiter und kein Pferd wurde getroffen. «Spart eure Pfeile auf», befahl Smithson, der Centenar, seinen englischen Bogenschützen. Er schnippte mit dem Finger in Richtung der Bogensehne, die Hook schon gespannt hielt. «Nicht, Kerl», sagte er. «Kein Pfeil soll verschwendet werden.» Der Centenar war aus seiner Stammwirtschaft, der Oie, gekommen und sah mit zusammengekniffenen Augen zu den herumgaloppierenden Reitern hinüber. Deren Rufe waren auf den Wällen nicht zu verstehen, wo die Männer die burgundische Fahne neben der Fahne des Garnisonskommandeurs Seigneur de Bournonville flattern ließen. Auch einiges Stadtvolk war auf die Wälle gekommen und beobachtete die Reiter. «Seht euch die Bastarde an», knurrte Smithson und machte eine Geste in Richtung der Stadtbewohner, «die würden uns am liebsten an den Feind verraten. Wir hätten sie bis auf den letzten Mann umbringen sollen. Wir hätten ihnen ihre verdammten Franzosenkehlen durchschneiden sollen.» Er spie aus. «Heute wird nichts weiter passieren. Da kann ich ebenso gut ein Ale trinken, solange es noch welches gibt.» Mit schweren Schritten ging er davon und ließ Hook zusammen mit einem halben Dutzend anderer englischer Bogenschützen auf dem Wall stehen.
    Den ganzen Tag über kamen immer mehr Franzosen, die meisten zu Fuß, und sie verteilten sich rund um Soissons und fällten Bäume auf den niedrigen Hügeln südlich der Stadt. Auf der freigewordenen Fläche wurden Zelte errichtet, und neben den Zelten wehten die leuchtenden Flaggen des französischen Adels im Wind, ein Meer aus roten, blauen, goldenen und silbernen Fahnen. Lastboote kamen den Fluss herauf, vorangetrieben mit riesigen Stakhölzern. Sie brachten vier Mangonellen, große, wuchtige Geräte, mit denen Felsbrocken gegen die Stadtmauern geschleudert werden konnten. Nur eines der gewaltigen Katapulte wurde an diesem Tag an Land gehievt, und Enguerrand de Bournonville, der glaubte, er könne es in den Fluss stürzen lassen, führte einen Ausfall von zweihundert berittenen Feldkämpfern vom Westtor aus an. Doch die Franzosen hatten mit dem Angriff gerechnet und schickten den Burgundern doppelt so viele Reiter entgegen. Beide Seiten standen sich mit erhobenen Lanzen gegenüber, und nach einer Weile zogen sich die Burgunder, verfolgt von den Spottrufen der Franzosen, wieder zurück. Am Nachmittag breiteten sich dichte Rauchwolken aus, als die Franzosen die Häuser außerhalb der Stadtmauer von Soissons niederbrannten. Hook sah, wie das rothaarige Mädchen mit einem Bündel auf das neuerrichtete französische Feldlager zulief. Keiner der Flüchtlinge bat um Einlass in die Stadt, alle liefen zur feindlichen Seite über. Im dichten Qualm wandte sich das Mädchen noch einmal um und winkte den Bogenschützen zum Abschied zu. Dann tauchten die ersten feindlichen Armbrustschützen auf, jeder von ihnen begleitet von einem Gefährten mit einer Pavese, einem Schild, der groß genug war, dass ein Mann hinter ihm Schutz suchen konnte, um nach einem Bolzenschuss die Armbrust mühsam neu zu spannen. Die schweren Bolzengeschosse schlugen in die Stadtmauer ein oder zischten darüber hinweg, um irgendwo dahinter niederzugehen.
    Dann, als langsam die Sonne hinter dem gewaltigen Katapult am Ufer des Flusses zu sinken begann, erklang eine Trompete. Dreimal wurde sie geblasen, die Töne erhoben sich klar und deutlich in die rauchverhangene Luft, und als der letzte Ton verklungen war, hatten die Armbrustschützen aufgehört zu schießen. Eine Funkenwolke stieg auf, als ein Strohdach in ein brennendes Haus stürzte, und der Qualm wälzte sich über die Straße nach Compiègne, auf der Hook zwei Reiter auftauchen sah.
    Keiner der beiden trug eine Rüstung. Beide waren stattdessen in buntleuchtende Wappenröcke gekleidet. Ihre einzige Waffe waren schlanke weiße Stäbe, die sie erhoben hielten, während sich ihre Pferde mit vorsichtigem Tritt über die tiefen Furchen auf der Straße bewegten. Seigneur de Bournonville musste sie erwartet haben, denn das Westtor wurde geöffnet, und der Stadtkommandant ritt den beiden mit einem einzigen Begleiter entgegen.
    «Herolde», sagte Jack Dancy. Dancy stammte aus Herefordshire und war ein paar Jahre jünger als Hook. Er hatte sich zum Dienst unter der burgundischen Flagge gemeldet, weil er

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