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Das Zeichen des Sieges

Das Zeichen des Sieges

Titel: Das Zeichen des Sieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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den Angriff vorbereiten», sagte Sir Roger, offensichtlich wenig beeindruckt von der grauenvollen Szene, die sich soeben vor seinen Augen abgespielt hatte.
    «Sehr gut, Sir», sagte Smithson. Der Centenar wischte eine glibbrige Masse von seinem Gürtel. «Ein verdammtes Holländergehirn», murmelte er angewidert und schnippte etwas davon Sir Roger hinterher, der sich inzwischen umgedreht hatte und davonging.
    Sir Roger und drei Feldkämpfer, die sein Wappen mit den drei Habichten trugen, trafen sich mit den englischen und walisischen Bogenschützen der Garnison von Soissons kurz nach Sonnenuntergang in der Kirche Saint-Antoine-Le-Petit. Sir Rogers Wappenrock war gewaschen worden, dennoch waren die Blutflecken auf dem grünen Leinen noch schwach zu erkennen. Er stand vor dem Altar, auf den das Licht flackernder Binsenlämpchen von den Säulen fiel, und immer noch trug er die distanzierte Miene eines Mannes zur Schau, dem die Gesellschaft, in der er sich befand, echte Qualen bereitete. «Eure Aufgabe», sagte er ohne jede Einleitung, sobald sich die neunundachtzig Bogenschützen auf dem Boden des Kirchenschiffs niedergelassen hatten, «wird es
    sein, die Bresche zu verteidigen. Ich kann nicht sagen, wann der Feind angreifen wird, aber ich kann euch versichern, dass es bald geschieht. Ich vertraue darauf, dass ihr jeden derartigen Angriff abwehrt.»
    «Das werden wir, Sir!», warf Smithson ein. «Verlasst Euch darauf!»
    Bei dieser Bemerkung überlief ein Zucken Sir Rogers langes Gesicht. In der englischen Truppe gingen Gerüchte darüber um, dass er sich von italienischen Bankhäusern Geld geliehen hatte, weil er fest damit gerechnet hatte, von einem Onkel ein Landgut vererbt zu bekommen. Doch dann war das Gut an einen Cousin gegangen, und nun schuldete Sir Roger den gnadenlosen Lombarden ein Vermögen. Die einzige Hoffnung, die er hatte, seine Schuld zu begleichen, war, einen reichen französischen Ritter gefangen zu nehmen und gegen Lösegeld wieder freizulassen. Und das war vermutlich auch der einzige Grund, aus dem er in die Dienste des Herzogs von Burgund getreten war. «Für den Fall», sagte er, «dass es euch nicht gelingen sollte, den Feind aus der Stadt herauszuhalten, werdet ihr euch hier sammeln, in dieser Kirche.» Diese Worte lösten leises Gemurmel unter den Bogenschützen aus. Für den Fall, dass sie die Bresche nicht verteidigen konnten und die neue Befestigung dahinter verloren, hatten sie damit gerechnet, sich in die Festung zurückzuziehen.
    «Sir Roger?» Smithsons Frage kam zögernd.
    «Ich habe nicht um Fragen gebeten», sagte Sir Roger.
    «Gestattet dennoch,'Sir Roger», beharrte Smithson mit unterwürfiger Stimme, «aber wären wir nicht in der Festung sicherer?»
    «Ihr werdet euch hier in dieser Kirche sammeln!», sagte Sir Roger nachdrücklich.
    «Warum nicht in der Festung?», fragte der Bogenschütze neben Hook streitlustig.
    Sir Roger hielt inne und ließ seinen Blick auf der Suche nach demjenigen, der gesprochen hatte, durch das dämmrige Kirchenschiff schweifen. Er konnte ihn nicht entdecken. «Den Stadtleuten», sagte er schließlich, «sind wir verhasst. Wenn ihr versucht, die Festung zu erreichen, metzeln sie euch in den Straßen nieder. Diese Kirche steht viel näher an der Bresche, also kommt hierher.» Er unterbrach sich kurz. «Ich werde mich bemühen, eine Waffenruhe für euch auszuhandeln.»
    Eine unbehagliche Stille trat ein. Sir Rogers Erklärung ergab Sinn. Die Bogenschützen wussten, dass sie von den meisten Bewohnern Soissons gehasst wurden. Es waren Franzosen, sie unterstützten ihren König und hassten die Burgunder, aber die Engländer hassten sie noch mehr, daher war es nur allzu wahrscheinlich, dass sie versuchen würden, die Bogenschützen auf ihrem Rückzug in die Festung anzugreifen. «Eine Waffenruhe», sagte Smithson zweifelnd.
    «Frankreich liegt mit den Burgundern im Streit», sagte Sir Roger, «nicht mit uns.»
    «Und werdet auch Ihr hierherkommen, Sir Roger?», rief einer der Bogenschützen.
    «Gewiss», sagte Sir Roger. Er wartete, doch keiner äußerte sich mehr. «Kämpft gut», sagte er schließlich kühl, «und denkt daran, dass ihr Engländer seid!»
    «Waliser!», riefen ein paar Männer. Sir Roger zuckte bei diesen Rufen sichtbar zusammen, und dann ging er ohne ein weiteres Wort an der Spitze seiner drei Feldkämpfer aus der Kirche. Ein Proteststurm erhob sich, als er verschwunden war. Die Kirche Saint-Antoine-Le-Petit war aus Stein erbaut und leicht

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