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Das Zeichen des Vampirs - The Society of S

Titel: Das Zeichen des Vampirs - The Society of S Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hubbard
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auseinander«, sagte mein Vater. »Die jüngsten Forschungsergebnisse legen allerdings nahe, dass ein beeinflussbarer Mensch unter den richtigen Bedingungen dazu gebracht werden kann, nahezu alles zu tun.« Als er mich ansah, lag ein amüsierter Ausdruck in seinen Augen, als wüsste er, was ich getan hatte.
    Ich stellte schnell die nächste Frage. »Hast du mich schon einmal hypnotisiert?«
    »Aber ja. Natürlich«, sagte er. »Erinnerst du dich nicht mehr?«
    »Nein.« Die Vorstellung, dass jemand in der Lage war, mein Verhalten zu kontrollieren, löste zwiespältige Gefühle in mir aus.
    »Als du noch sehr klein warst, hast du manchmal viel geweint.« Er sprach leise und legte nach dem Wort geweint eine Pause ein. »Du gabst ohne ersichtlichen Grund die schauerlichsten Geräusche von dir, obwohl ich natürlich versuchte, dich mit dem Fläschchen zu beruhigen, dich hin- und herzuwiegen,
dir Schlaflieder vorzusingen und was mir sonst noch so einfiel.«
    »Du hast mir vorgesungen ?« Ich hatte meinen Vater nie singen gehört. Jedenfalls erinnerte ich mich nicht.
    »Kannst du dich wirklich nicht mehr daran erinnern?« Ein wehmütiger Ausdruck huschte über sein Gesicht. »Das erstaunt mich. Nun gut, zurück zum Thema: Ja, ich habe dir vorgesungen, aber manchmal half nicht einmal das. Als ich eines Nachts nicht mehr weiterwusste, sah ich dir tief in die Augen und befahl dir mit meinem Blick, ruhig zu sein. Ich sagte dir, dass du in Sicherheit und wohlbehütet seiest und keinen Grund hättest, so zu schreien.
    Und plötzlich hast du aufgehört zu weinen und die Augen geschlossen. Du sahst so winzig aus, als du, in eine weiße Decke gewickelt, in meinen Armen lagst.« Er schloss einen Moment lang die Augen. »Ich hielt dich ganz fest an meine Brust gedrückt und lauschte bis zum Morgen deinem Atmen.«
    Am liebsten wäre ich von meinem Sessel aufgestanden und hätte ihn umarmt. Aber ich traute mich nicht.
    Er öffnete die Augen und sagte: »Bevor ich dein Vater wurde, wusste ich nicht, was Sorge war.« Dann nahm er wieder sein Buch zur Hand.
    Ich stand auf und wünschte ihm eine Gute Nacht, als mir noch eine Frage einfiel. »Welches Schlaflied hast du mir vorgesungen, Vater?«
    » Murucututu «, sagte er, ohne den Blick vom Buch abzuwenden. »Das ist ein brasilianisches Schlaflied, das meine Mutter mir immer vorsang. Murucututu ist der Name einer kleinen Eule. Ein brasilianischer Mythos besagt, dass die Eule die Mutter des Schlafs ist.«
    Als er kurz aufschaute, trafen sich unsere Blicke. »Ja, ich
werde es dir vorsingen«, sagte er. »Irgendwann. Aber nicht heute Abend.«

    Siehst du Buchstaben und Wörter in Farbe? Seit ich denken kann, ist der Buchstabe P für mich ein dunkles Smaragd grün und das S ist königsblau. Sogar die Tage der Woche haben bestimmte Farben: Der Dienstag ist lavendelfarben und der Freitag ist grün. Diese Wahrnehmungsform nennt sich Synästhesie, und man nimmt an, dass einer von zweitausend Menschen Synästhetiker ist.
    Den Quellen im Internet zufolge sind praktisch alle Vampire Synästhetiker.
    Vormittags surfte ich auf meinem Laptop immer im Internet und suchte nach neuen Informationen. Wenn ich welche fand, notierte ich sie in meinem Tagebuch. (Ich habe die Seiten inzwischen aus Gründen, die schon bald nachvollziehbar sein werden, herausgerissen.) Ich schrieb mir alles auf, was ich im Internet zu dem Thema finden konnte, und bald wurde mir klar, dass ich auch nicht besser war als Kathleen und ihre Rollenspiel-Freunde, die ihre schwarzen Notizbücher mit Gesängen und Zaubersprüchen füllten.
    Obwohl ich den Sinn meiner Recherchen von Zeit zu Zeit anzweifelte und alles, was ich erfuhr, hinterfragte, hielt ich daran fest. Ich wusste nicht, wohin mich meine Suche führen würde, konnte aber trotzdem nicht damit aufhören. Denk an ein Puzzlespiel. Auch wenn das Puzzle noch nicht vollendet ist, enthalten die Puzzleteile, die noch in der Schachtel liegen, bereits das fertige Bild.

    Mrs McG schien außerordentlich viel daran zu liegen, dass ich das Wochenende mit Kathleen verbrachte. Sie erinnerte mich täglich daran, und als sie am Freitag nach Hause fuhr, saß ich mit ihr im Wagen. (Für mich ist der Freitag strahlend grün. Für dich auch?)
    Kathleen kam mir eigentlich vor wie immer. An ihre schwarze Kleidung und ihr extrem geschminktes Gesicht hatte ich mich mittlerweile gewöhnt. Vielleicht war sie ein bisschen nervöser als sonst. Abends schauten wir mit der ganzen Familie fern und aßen

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