Das Zeit-Tippen
bemerkbar zu machen, sondern so zu tun, als schliefe er, und horchte.
„Ich kann mich nicht entscheiden“, sagte Esme, während sie leise vor dem Sekretär hin und herging, auf dem Poppa stand.
„Ich habe immer noch Angst“, sagte Poppa mit schwacher Stimme. „Gönn mir noch eine Minute, es kam so plötzlich. Wo, hast du gesagt, bin ich?“
„Auf der Titanic“, sagte Esme gereizt. „Und ich muß mich entscheiden. Komm zur Besinnung.“
„Immer wieder hast du mir gesagt, du wüßtest, was du zu tun hattest, oder etwa nicht?“ sagte Poppa. Seine Stimme klang voller; seine Verwirrung schwand. „Hast du inzwischen deine Meinung geändert?“
„Ich glaube, die Dinge haben sich geändert.“
„Und wieso?“
„Durch Stephen. Er…“
„Oh“, sagte Poppa, „jetzt ist also die Liebe eine Ausflucht. Aber weißt du denn, wie lange die währt?“
„Ich habe nicht erwartet, ihm zu begegnen, ein besseres Gefühl allem gegenüber zu haben.“
„Es wird vorübergehen.“
„Aber im Augenblick will ich nicht sterben.“
„Du hast ein Vermögen für diese Seereise und für mich ausgegeben. Und jetzt willst du es über Bord werfen. Hör zu, deine Gefühle für Stephen machen das Ganze noch leichter, begreifst du das nicht? Dadurch wird dein Ableben nur noch köstlicher, denn du bist glücklich und verliebt, was immer du darunter verstehen magst. Und jetzt willst du alles, was wir geplant haben, über Bord werfen und dir das Leben ein andermal nehmen, wahrscheinlich, wenn du verzweifelt und unglücklich bist und mich nicht mehr zu deiner Hilfe in der Nähe hast. Du wünschst dir, genauso sinnlos zu sterben, wie du geboren worden bist.“
„Das stimmt nicht, Poppa. Aber ich muß mich entscheiden.“
„Du hast deine Entscheidung schon getroffen, halte dich jetzt also an sie, sonst wirst du tot umfallen, so wie ich.“
„Esme, zum Teufel, worüber redet ihr?“ sagte Stephen.
Esme blickte bestürzt in das trübe Licht und sagte dann zu Poppa: „Du hast absichtlich so laut gesprochen, um ihn zu wecken, nicht wahr?“
„Du hast das programmiert, um dir zu helfen. Ich liebe dich, und mir liegt viel an dir. Das kannst du nicht ungeschehen machen.“
„Ich kann tun, was ich will“, sagte Esme gereizt.
„Dann laß dir von mir helfen, wie ich es immer getan habe. Wenn ich lebte und meinen Körper hätte, würde ich dir genau dasselbe sagen, was ich dir jetzt sagen werde.“
„Was geht hier vor sich?“ sagte Stephen.
„Sie hält dich zum Narren“, sagte Poppa sanft zu Stephen. „Sie benutzt dich, weil sie sich fürchtet. Sie klammert sich an jeden, den sie finden kann.“
„Was, zum Teufel, sagt er dir?“ fragte Stephen.
„Die Wahrheit“, sagte Poppa. „Ich weiß alles über die Angst, weißt du das nicht?“
Esme setzte sich neben Stephen aufs Bett und brach in Tränen aus, dann schaute sie, als schlüpfte sie mühelos in eine neue Rolle, ihn an und sagte: „Ich habe Poppa so programmiert, daß er mir zu sterben hilft. Poppa und ich haben alles sorgfältig besprochen, wir haben sogar darüber diskutiert, was wir tun sollten, wenn so etwas geschähe.“
„Du meinst, wenn du dich verliebst und weiterleben möchtest.“
„Und, sie hat beschlossen, unter keinen Umständen von ihrer Entscheidung abzuweichen“, sagte Poppa. „Sie hat für sich den bestmöglichen Tod geplant, einen Tod, den sie bewußt erfahren und auskosten könnte. Sie hat deswegen alles aufgegeben und ihr ganzes Geld darauf verwendet. Sie ist pleite. Sie kann jetzt nicht mehr zurück, stimmt das, Esme?“
Esme faltete die Hände, schluckte und sah Stephen an. „Ja“, sagte sie.
„Aber du bist dir nicht sicher“, sagte Stephen. „Das sehe ich dir an.“
„Ich werde ihr helfen, wie ich es immer getan habe“, sagte Poppa.
„Mein Gott, bring dieses Ding zum Schweigen“, schrie Stephen.
„Er ist kein…“
„Bitte“, sagte Stephen, „gib uns wenigstens eine Chance. Du bist die erste echte Erfahrung, die ich gemacht habe, ich liebe dich, ich will nicht, daß es endet…“
Poppa verfocht beredt seine Sache, bis Esme zu ihm sagte, er solle den Mund halten.
Das große Schiff rammte in der vierten Nacht seiner Fahrt einen Eisberg, genau einen Tag früher als geplant. Stephen und Esme standen auf dem Promenadendeck an der Reling. Beide trugen die vom Schiff zur Verfügung gestellte Kleidung des frühen 20. Jahrhunderts – er Wollhosen, Jacke, Sportmütze und einen Kapuzenmantel mit einem langen Schal,
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