Das Zeitalter der Fuenf 01 Priester
zu wenige von ihnen, die es taten.
Zu wenige glaubten. Die Zirkler hielten Gareilem für tot und verachteten seine Anhänger. Die Pentadrianer glaubten das Gleiche und bemitleideten Kimyala. Die Traumweber gaben Zirklern wie Pentadrianern recht, aber sie behandelten ihn zumindest mit Respekt.
In einem Punkt war Kimyala sich jedoch sicher: Götter können nicht sterben. Dies war eins der alten Geheimnisse der Anhänger des Gareilem. Sollten andere ruhig zweifeln, aber er und sein Volk kannten die Wahrheit. Die Götter waren Wesen aus Magie und Weisheit. Sie existierten, solange die Magie existierte, also musste auch Gareilem irgendwo noch existieren, in irgendeiner Form. Vielleicht würde er eines Tages zurückkehren. Sein Schweigen konnte sogar eine Prüfung ihres Glaubens sein. Er ließ es zu, dass die Schar seiner Anhänger immer kleiner wurde, bis nur noch die Treuesten verblieben waren.
Nachdem das Ankleideritual beendet war, verließ Kimyala sein Zimmer und stieg zu dem Dach des alten Tempels hinauf. Gareilem war der Gott von Stein, Sand und Erde. Seine Tempel waren stets hoch oben auf den Hängen von Bergen erbaut worden. Hier, in der Nähe der Südküste von Sennon, gab es nur wenige Hügel. Der Tempel lag auf einem kleinen Felsvorsprung inmitten eines Dünenmeeres, aber da der Salzbusch die höchste Pflanze war, die in dieser Gegend wuchs, hatte man von hier aus einen ungehinderten Blick auf das umliegende Land.
Auf dem Dach des Tempels angekommen, ließ Kimyala seinen Blick über die Dünen wandern. Die Sonne hing direkt über dem Horizont und verlangte damit seine Aufmerksamkeit. Der rituelle Gesang für das Ende des Tages ging ihm durch den Kopf, aber es war noch ein wenig zu früh dafür. Im Westen gab es nicht viel zu sehen. Nur einige sanft gewellte Hügel entlang der Küste. Vor ihm erstreckte sich blaugrau der Golf des Grams. Ein wenig weiter zur Linken konnte er die Landenge von Grya sehen, die sich nach dem südlichen Kontinent ausstreckte. An seinem unteren Ende war ein dunkler Fleck zu erkennen: die Stadt Diamyane.
Die Stadt war nahe genug, um das Gewirr von Straßen und die langgezogenen, niedrigen Häuser dazwischen zu erkennen. An einem klaren Tag konnte er sogar ohne die Benutzung eines Fernrohrs die Bürger der Stadt ausmachen. Heute hatte ein leichter, aber beharrlicher Wind so viel Staub aufgewirbelt, dass die Umrisse der Stadt verwischt waren. Es gab nichts Interessantes zu sehen. Außer … Als er über die Stadtgrenzen hinausblickte, fiel ihm etwas Ungewöhnliches auf.
»Jedire!«, brüllte er. »Bring mir mein Fernrohr! Schnell!«
Er hörte hastige Schritte, als sein Akolyth, der im Raum unter ihm studierte, herbeigelaufen kam. Kimyala schaute zur Sonne hinüber und schätzte, dass ihm noch einige Minuten blieben, bevor sie den Horizont berührte. Schon bald würde alles Licht fort sein, und das Land würde in Dunkelheit versinken.
Das Klatschen von Sandalen auf den steinernen Treppenstufen kündete von der Ankunft Jedires. Kurz darauf war der Junge oben angekommen und reichte Kimyala das Fernrohr. Der Hohepriester hielt es sich ans Auge.
Er suchte die Stadt ab und fand von dort aus die Landenge. Der dunkle Fleck, den er gesehen hatte, nahm klare Formen an. Kolonnen von Gestalten marschierten auf Sennon zu, einige mit Bannern in Händen. In der Mitte eines jeden schwarzen Tuchs war ein weißer, fünfzackiger Stern zu sehen.
»Pentadrianer«, sagte er angewidert und gab seinem Akolythen das Fernrohr zurück.
Der Junge hielt sich das Rohr ans Auge. »Was tun sie da?«
»Keine Ahnung. Vielleicht eine Pilgerreise.«
»Sie haben Waffen bei sich«, sagte der Junge mit gedämpftem Tonfall. »Sie ziehen in den Krieg.«
Kimyala entriss dem Jungen das Fernrohr und drehte sich zu der Stadt um. Wieder hielt er Ausschau nach den Pentadrianern und betrachtete die Marschkolonnen genauer. Und tatsächlich, einige trugen Rüstungen. Mitten unter ihnen bewegten sich schwer beladene Karren. Im nächsten Moment hatte die Spitze der schwarzen Kolonne die Stadt erreicht.
Er murmelte einen Fluch. Er hatte bereits zwei Jungen an die Pentadrianer verloren. Es war nicht leicht, sie zu halten, wenn die Pentadrianer ständig in der Nähe waren und mit ihren Reichtümern und ihrer Macht protzten. Und als wenn das nicht genug gewesen wäre, um junge Männer wegzulocken, waren da immer noch die Gerüchte über Fruchtbarkeitsriten. Es hieß, sie hielten Orgien ab, in denen alle Teilnehmer maskiert waren
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