Das Zeitalter der Fuenf 02 Magier
stellte sie fest. »Hast du es gebrochen?«
Er errötete. Sie ahnte langsam, wie er die Begegnung mit der Möwe empfunden haben musste. Nach seiner Rettung durch ein mystisches Wesen hatte er eine Erklärung für das Geschehene benötigt und so viel von seiner Geschichte erzählt, wie er glaubte, wagen zu können, bis ihm eines Tages eine Einzelheit entschlüpft war, die er nicht hatte offenbaren wollen.
»Warum willst du das wissen?«
Sie runzelte die Stirn, als sei sie besorgt. »Ich will es nicht wissen, ich muss es wissen. Die Geheimnisse der Möwe müssen sicher sein.«
Seine Augen weiteten sich, und er erbleichte. »Ich dachte, du... sie haben nicht verstanden, was ich ihnen erzählte. Ich bin davon überzeugt, dass sie es nicht verstanden haben.«
»Was hast du gesagt?«
»Ich... ich habe ihnen von dem Hort erzählt. Sie hatten mir etwas in meinen Wein gegeben.« Er sah sie flehentlich an. »Ich wollte das nicht. Und ich habe ihnen nicht erzählt, wo der Hort ist. Du glaubst doch nicht, dass sie ihn ohne meine Hilfe finden werden, oder?«
Sie seufzte. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wo der Hort ist. Wir alle bekommen unterschiedliche Geheimnisse zugewiesen, die wir hüten müssen, und dies war dein Geheimnis. Hast du ihn gewarnt?«
Wieder machte er große Augen. »Wie?«
Sie blinzelte, als überrasche seine Frage sie. »Du hast keine Möglichkeit, dich mit ihm in Verbindung zu setzen?«
»Nein... aber ich nehme an, wenn ich dorthin zurückginge... Aber es ist so weit weg von hier, und ich habe kein Boot.«
»Ich auch nicht, aber ich könnte eins kaufen.« Sie schüttelte den Kopf, wandte sich dem Meer zu und tat so, als denke sie nach. »Du solltest mir wohl besser alles erzählen, Gherid. Ich bin weit fort von zu Hause, und von hier aus ist mir der übliche Weg, mich mit ihm in Verbindung zu setzen, verschlossen. Wir müssen der Möwe eine Nachricht schicken. Vielleicht wird mir nichts anderes übrigbleiben, als zum Hort zu gehen und dort eine Nachricht für dich zu hinterlegen.«
Bei der Dankbarkeit, die er jetzt verströmte, bekam sie leichte Gewissensbisse. Sie manipulierte den armen Jungen. Es ist ja nicht so, als hätte ich böse Absichten, sagte sie sich. Ich möchte die Möwe finden, damit wir einander helfen können.
Er ging zu einem Steinbrocken in der Nähe und ließ sich darauf niedersinken. »Es ist eine lange Geschichte. Du solltest dich besser setzen. Hast du schon mal ein Boot gesegelt?«
Emerahl lächelte. »Schon sehr, sehr oft.«
21
D evlem schob sich die letzte Scheibe von der Frucht in den Mund, dann leckte er sich den süßen Saft von den Fingern. Einer der drei Diener, die in der Nähe standen, trat vor und hielt ihm ein goldenes Tablett hin. Devlem nahm das säuberlich gefaltete, feuchte Tuch von dem Tablett, wischte sich damit die Hände ab und legte es wieder auf das Tablett.
Das Geräusch hastiger Schritte hallte im Hof wider. Ein Diener kam an Devlems Tisch gelaufen und verbeugte sich.
»Die Fracht ist eingetroffen.«
Mit nur zwei Tagen Verspätung, dachte Devlem. Wenn ich den Färbern ein wenig zusetze, werde ich es vielleicht vor Arlem auf den Markt schaffen - aber nur, wenn die Lieferung nicht verdorben ist.
Er stand auf und durchquerte den Hof. Ein überwölbter Flur führte ihn zur Vorderseite des Hauses. Von dort aus folgte er einem gepflasterten Pfad zu den schlichteren Gebäuden, in denen seine Waren lagerten.
Draußen standen mehrere Tarns, und seine Männer waren bereits damit beschäftigt, die großen Tuchballen unter der Anleitung seines Aufsehers hineinzutragen.
Devlem trat in das Gebäude, ohne den Dienern Beachtung zu schenken, und untersuchte die Fracht. Bei einem Tuchballen war die wasserdichte Plane aufgerissen.
»Öffnen«, befahl er.
Einige Diener eilten herbei, um die Plane aufzuschneiden.
»Vorsichtig!«, blaffte Devlem sie an. »Ihr werdet noch den Stoff beschädigen!«
Jetzt gingen sie langsamer und sorgfältiger zu Werke. Während sie arbeiteten, warfen sie ihm immer wieder nervöse Blicke zu. Gut, dachte er. Die Peitsche hat sie endlich gelehrt, sich respektvoller zu zeigen. Sie wurden den genrianischen Frauen von Tag zu Tag ähnlicher mit ihrem Gejammer und ihrem Klagen.
Die Plane teilte sich, und darunter kam sauberer, unversehrter Stoff zum Vorschein. Devlem trat näher heran.
»Herr Händler!«
Hastige Schritte wurden laut, und er drehte sich um, verärgert über die Störung. Es war eine der Rasenschneiderinnen. Sie
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