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Das Zeitpendel

Das Zeitpendel

Titel: Das Zeitpendel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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unsicher.
    Eine Handbewegung deutete ihr an zu schweigen. »Pst!« warnte Jane. »Ich versuche zwei Sachen gleichzeitig wahrzunehmen, und das ist nicht ganz einfach.«
    Mindestens eine Minute verging, bis Jane ihre Augen wieder öffnete.
    »Gut«, sagte sie. »Das wäre erledigt.«
    Die Sonne strahlte durch die Gardinen des Fensters. Draußen war ein herrlicher, wolkenloser Morgen. Das hereinfallende Licht ließ das Geschirr funkeln und glänzen.
    Drinnen saß Alpha, von dunklen Ängsten und einer bösen Vorahnung geplagt, die sich schrecklich erfüllen würde, wenn Dan gleich das Haus betreten würde. Die Worte ihrer Tochter waren für sie wie ein schwacher Hoffnungsschimmer, der die Finsternis ihrer Gefühle erhellte.
    Sie hatte längst aufgehört zu essen. Mit starrem Blick sagte sie leise:
    »Was ist erledigt?«
    »Ich habe zu guter Letzt das Problem gelöst«, antwortete Jane. »Ähnlich sein mit etwas, bedeutet nicht, etwas zu sein, sondern zu etwas fähig zu sein.«
    Alpha blickte verständnislos auf ihre Tochter. Mit jedem Moment, der verstrich, war sie sich sicherer, daß das Mädchen etwas Unsinniges gesprochen hatte. Andererseits hatten die Worte irgendwie großartig geklungen.
    »Ich habe gerade einen jener tiefen, unverständlichen Gedanken gehört«, sagte sie schließlich, »mit denen die Philosophen all die Dummköpfe verwirren, die einen IQ unter 140 haben.«
    Ihre Gedanken flatterten, denn die Worte waren schließlich von ihrer vierzehnjährigen Tochter gekommen, die sie zwar immer für einen patenten Kerl gehalten hatte, nicht jedoch für ein Genie.
    »Ähneln«, versuchte Jane zu erklären, »führt zwangsläufig zu können, aber nicht zu sein .« Sie bewegte unsicher ihren Arm in einer Geste durch die Luft. »Die vielen Jahre mit Androiden-Eltern haben mich schließlich und endlich in die Lage versetzt zu erkennen, daß …«
    Alpha starrte weiter auf Jane und versuchte, den eigenartigen Sinn ihrer Worte zu erfassen. Das einzige, was sie verstand, war, daß es sich um ein Wachstumsproblem handeln mußte, das im Zusammenhang mit der Frage stand, ständig zwischen den richtigen Eltern und den Androiden unterscheiden zu müssen.
    Sie gab sich mit dieser dürftigen Erkenntnis zunächst zufrieden und stellte eine andere Frage, die ihr im Augenblick bedeutend wichtiger erschien.
    »Aber was hast du denn erledigt?«
    »Ich spreche lateinisch, französisch und jede andere Sprache, die ich mir aussuchen kann«, verkündigte Jane frohlockend. »Aber es muß ein Androide da sein, der die Sprache beherrscht, sonst geht es nicht.«
    »Du willst damit sagen, daß du die Gedanken der Androiden lesen kannst?«
    Jane schüttelte den Kopf. »Um Himmels willen, Mutter. Du weißt doch, daß ich getestet worden bin und keinerlei Begabung für so etwas habe. Hast du mir denn nicht richtig zugehört?«
    Alpha überdachte ihr Gespräch, aber sie verstand nicht, was Jane meinte. Am liebsten hätte sie sie gefragt, was sie denn tun könnte, um ihr und sich aus der schrecklichen Situation zu helfen, aber sie schnitt dieses Problem nicht an. Statt dessen versuchte sie es mit einer anderen Frage: »Du hast dir also eine neue Methode zu eigen gemacht, um Sprachen zu lernen?«
    »Mutter! Hast du mir denn nicht zugehört? Ich habe nichts gelernt, zumindestens nicht bis jetzt. Vielleicht lerne ich etwas mit der Zeit. Meine Methode kannst du nicht mit Lernen vergleichen.«
    »Und worin besteht diese Methode?« fragte Alpha schweratmend.
    »Es hängt mit dem Wahrnehmen zusammen. Ich habe dir das doch schon beschrieben.«
    Sie sah das völlige Unverständnis in den Augen ihrer Mutter und schüttelte verzweifelt den Kopf. Ihre Erklärungen waren für sie verschwendete Zeit, denn sie erkannte, daß sich der Kern der Sache nicht erklären ließ.
    Wir sind anders, und wir können etwas anderes, sagte sie sich, wir Kinder, die mit Androiden-Eltern aufgewachsen sind, die unseren richtigen Eltern so ähnlich sind …
    Da es keinen sichtbaren Unterschied zwischen den richtigen Eltern und ihren Duplikaten gegeben hatte, hatte sie unbewußt seit ihrer frühesten Kindheit nach anderen Unterscheidungsmerkmalen suchen müssen. Als sie von der Schule nach Hause gekommen war, dann war da stets ihre Mutter gewesen. Oder ihr Duplikat! Sie mußte den Unterschied einfach wahrnehmen.
    Unterscheiden war eigentlich eine einfache Sache, denn jeder Mensch unterschied sich von einem anderen durch eine Vielzahl von Merkmalen. Bei einem praktisch völlig

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