Das Zeitpendel
abgesprochen hätten. Bevor sie jedoch eine Antwort formulieren konnte, erlöste sie Dan-II mit der Feststellung: »Ich werde Dr. Schneiter morgen danach fragen.«
Alpha stand auf und ging. Sie wollte Jane nach den Einzelheiten des Treffens mit Dan befragen und von ihr erfahren, weshalb sie so optimistisch über ihre mißliche Lage sprach. Es stellte sich aber als sehr schwierig heraus, sie zu einem Gespräch unter vier Augen zu treffen.
Als sie zum erstenmal einen Blick in das Zimmer ihrer Tochter warf, sah sie die beiden Mädchen nebeneinander auf ihrem Doppelbett sitzen und schnatternde Laute ausstoßen.
»Wir lernen einen afrikanischen Dialekt«, sagte eine der beiden. »Eine sehr spaßige Sache.«
Als sie sich wenig später wieder der Tür näherte, hörte sie fremdartige Töne, die wie Zigeunermusik klangen. Sie spähte durch die Tür und sah die beiden Mädchen, die sich mit roten und blauen Bändern behangen hatten, wild, aber graziös miteinander tanzen.
Sie ging wieder. Wenn es Jane wirklich lieber war, überlegte Alpha, daß sie sich mit Spielereien befaßte, als mit Erklärungen, wie ihr persönliches Dilemma gelöst werden könnte, dann sollte ich sie es tun lassen.
Sie verbrachte den Rest des Abends mit ihren Grübeleien. Eine Weile lag sie auf ihrem Bett. Als sie wieder aufstehen wollte, war ihr, als ob eine warnende Stimme in ihrem Kopf sagte: Es ist besser, wenn du dich wieder hinlegst. Spare deine Kräfte.
Gehorsam folgte sie dem Rat und schlief kurz darauf ein.
Als sie erwachte, schien das helle Sonnenlicht durch das Fenster. Irgendwoher erklang sanfte Musik, und sie erkannte ihre Lieblingsmusik. Die Uhr zeigte das Datum und die Zeit: 10. Juli 2288 – 7.58 Uhr. Alpha-II stand am Fußende des Bettes. Eine der beiden Janes und Dan-II standen im Türrahmen.
»Ich bin schon früh aufgestanden, Mam«, sagte das Mädchen. »Dan-II und ich waren dabei, als Dr. Schneiter aus dem Gefängnis entlassen wurde.«
»Es ist gut, und es ist sehr vernünftig«, sagte Dan-II, »daß wir seine Entlassung erreicht haben.«
Alpha traute sich zunächst nichts zu sagen. Sie schluckte verwirrt und fragte sich, welchen Sinn der Ausgang wirklich gehabt haben mochte.
»Er ist entlassen worden?« fragte sie schließlich.
»Heute morgen um sieben Uhr«, sagte Jane zufrieden. »Dan und ich standen im Hintergrund, aber ich habe einen sehr guten Einblick in ihn genommen.«
»Sie meint, daß sie ihn gut gesehen hat«, verbesserte der Androide.
»Das wollte ich sagen«, meinte das Mädchen. Sie winkte ihrer Mutter zu. »Wir sehen uns gleich beim Frühstück.«
Daraufhin verließen Dan-II und Jane das Zimmer.
Noch etwas schläfrig wandte sich Alpha ihrem Duplikat zu, als dieses sagte: »Du solltest jetzt aufstehen. Es ist schon acht Uhr, und dein Mann wird bald kommen.«
Das Frühstück wurde von den beiden Androiden aufgedeckt, die reichlich nervös wirkten und pausenlos aus dem Fenster starrten. Alpha-II entdeckte ihn zuerst.
»Er kommt!« Sie war hochgradig erregt, und ihre Stimme klang schon fast hysterisch. Für einen Moment vergaß Alpha-I den Sinn der eben gehörten Worte und fragte sich nur, ob sie auch so hysterisch klingen würde, wenn sie sich aufregte.
»Wir müssen verschwinden«, sagte Dan-II, »bis Dr. Schneiter kommt. Du mußt dich schon selbst bedienen.«
Die beiden Androiden eilten durch den Gang, der das Frühstückszimmer mit dem Speiseraum verband. Von dort schritt Alpha-II in den Innenhof, während Dan-II in der Bibliothek verschwand.
In diesem Augenblick klingelte das Telefon.
»Ich nehme es hier auf«, rief Dan-II aus seinem Versteck. »Wenn Dr. Thaler kommt, sag ihm, er soll sich hinsetzen und keine hastigen Bewegungen machen. Wir haben dich und deine Tochter unter Kontrolle.«
Alpha fragte sich, wie er gleichzeitig telefonieren und sie kontrollieren wollte. Aber irgendwie glaubte sie ihm, und sie hatte auch keine Lust, es auf einen Versuch ankommen zu lassen.
Eine Weile war im Nebenraum Ruhe. Dann war wieder die Stimme von Dan-II zu hören, die diesmal aber unterwürfig und ergeben klang. »Ja, Dr. Schneiter. Alles ist in bester Ordnung. Er wird in einer Minute hier sein, gerade rechtzeitig zum Frühstück. Sie können sich also die Zeit aussuchen, wann Sie kommen möchten.«
Zufällig blickte Alpha auf Jane. Sie fuhr erschrocken zusammen, als sie sah, daß sich das Mädchen in ihrem Stuhl zurückgelehnt hatte. Ihre Augen waren geschlossen.
»Was ist?« fragte Alpha
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