Das zerbrochene Fenster: Thriller (German Edition)
abkaufen oder einfach nur mit mir flirten?« Ihr Schweizer Akzent klang sehr charmant, und Ben lachte mit ihr. Der Weimaraner fing an, Bens Hand zu beschnüffeln.
»Entschuldigen Sie, ich gehe hier nur ein bisschen spazieren und warte auf Freunde. Ich bin viel zu früh eingetroffen, und sie sind noch beim Arbeiten.«
»Oh, wen besuchen Sie denn?«
»Die Chandler-Lyttons. Kennen Sie sie?«
Die Blondine lächelte. »Nicht sehr gut, aber natürlich kenne ich die beiden. Hier kennen sich fast alle, mehr oder weniger.«
»Ach, Sie wohnen auch hier?« Er ließ den Weimaraner an seiner Hand lecken.
»Sehen Sie mal, er mag Sie«, sagte die Frau fröhlich.
»Das ist übrigens ein interessantes Haus«, sagte Ben und deutete auf die Bauhaus-Villa.
»Noch mal danke. Wir sind vor Kurzem erst dort eingezogen.« Sie streichelte ihrem Hund den Rücken. »Es ist eine schöne, ruhige Gegend. Sie entschuldigen mich, ich muss wieder zurück, sonst frieren wir noch fest. Hoffentlich kommen Ihre Freunde bald!« Sie nickte Ben freundlich zu und ging zügig mit ihrem Hund weiter.
Ben sah ihr nach. Eine perfekt schöne Frau. Groß, schlank, langes blondes Haar, strahlende blaue Augen, gerade weiße Zähne und ein Gesicht wie ein Hollywoodstar. Natürlich reich verheiratet. Die Reichen hatten solche Frauen. Und solche Häuser.
Die Frau drehte sich zu ihm um, bevor sie das Tor der Einfahrt zum Haus öffnete, und winkte ihm kurz zu.
Ben ging weiter, sah sich in der Nachbarschaft um. An einigen Häusern fanden sich Maklerschilder. Es war immer derselbe. Große Häuser auf großen Grundstücken. Keine Gastronomie, keine Geschäfte. Nichts, wo er warten könnte. Aber vielleicht musste er auch gar nicht warten. Er ging zurück zur Bushaltestelle, wunderte sich mittlerweile, dass es überhaupt eine in dieser Gegend gab, vermutete, dass sie einzig zu dem Zweck eingerichtet worden war, damit das Personal den Weg hierherfand, und fuhr zu Andrews Büro.
Es war beängstigend leicht, zu ihm durchzukommen. Sein Büro war in einem modernen, etwas zurückgesetzten Neubau. An der Straße befand sich eine Tafel, auf der sämtliche Firmen, die in dem Gebäude untergebracht waren, aufgeführt wurden. Auch große internationale Namen waren darunter. Irgendwo stand klein und bescheiden »ACL Consulting«, und ein Pförtner erklärte ihm den Weg in den vierten Stock.
Natürlich hatte der Pförtner ihn angekündigt, und Chandler-Lytton stand in der Tür seines kleinen Büros, um ihn in Empfang zu nehmen. Er hatte genug Zeit gehabt, sein Erstaunen über Bens Besuch zu verdauen.
»Wie geht es Ihnen? Haben Sie tatsächlich einen Flug bekommen? Oder sind Sie schon länger in der Gegend? Falls ja, bin ich natürlich beleidigt, dass Sie mich erst jetzt besuchen. Kommen Sie doch rein.«
Der Teufel persönlich könnte nicht charmanter sein, und Ben musste sich eingestehen, dass er diesen Mann mochte. Ganz egal, was er alles über ihn wusste, er war ihm sympathisch.
Ben ließ sich Kaffee anbieten, hörte sich ein paar Klagen über die Schweizer und ihre Eigenarten an, gab höflich Auskunft über das Wohlbefinden Fionas, erkundigte sich ebenso höflich nach Shannon, und war erleichtert, als er endlich gefragt wurde: »Hat Cedric Sie geschickt?«
Ben nickte.
»Schlimme Sache, mit seiner Stiefmutter. Ich habe sie nicht wirklich gut gekannt, aber ich finde es natürlich trotzdem höchst tragisch.«
»Sie haben sie nicht gut gekannt? Haben Sie vergessen, mit wem Sie gerade reden?«
Andrew lachte. »Sie war die Patientin meiner Frau, und während der Sprechstunde bin ich nun wirklich nicht dabei.«
»Andrew, Sie kennen den Vorwurf, der im Raum steht. Cedric glaubt, dass seine Stiefmutter so lange mit Embryonen hat herumexperimentieren lassen, bis ein gesunder Junge abzusehen war. Betonung auf gesund und Junge , weil es so im Testament ihres Mannes gefordert war. Und Cedric glaubt weiter, dass Sie und Ihre Frau ihr dabei in welcher Form auch immer geholfen haben.«
»Ja«, er seufzte, »das ist wohl bei ihm zu einer fixen Idee geworden … Er konnte schon damals nichts beweisen. Es gab auch nichts zu beweisen, selbstverständlich. Aber er schickt Sie doch nicht den ganzen weiten Weg bei diesem Wetter, um wieder mit alten Geschichten anzufangen?«
»Sie wissen, dass Lillians Sohn krank ist?«
Er wusste es nicht. Für den Bruchteil einer Sekunde weiteten sich seine Augen. Ben glaubte nicht, dass er schauspielerte.
»Krank? Nein. Das hätte ich doch erfahren.
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