Das zerbrochene Fenster: Thriller (German Edition)
sagte Darney.
Lillian kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. »Ja, das kann sein … Vor dreieinhalb Jahren? Soll ich in den Versicherungsunterlagen nachsehen?«
Die Darneys sahen mich erwartungsvoll an. Lillian war schon halb aufgestanden.
»Das müssen Sie nicht«, sagte ich. »Es ist in Ordnung. Wir müssen uns bei Ihnen entschuldigen. Ich war mir so unglaublich sicher, dass Sie Sean sind …« Zerknirscht, traurig.
»Nein, wirklich, so etwas ist eine schlimme Sache. Tut mir wahnsinnig leid, dass wir Ihnen nicht weiterhelfen konnten. Und bitte entschuldigen Sie, dass ich Sie angegriffen habe. Aber es gibt so viele Verrückte da draußen, denen das Fernsehprogramm nicht passt …«
Wir entschuldigten uns noch eine Weile, dann fuhren Ethan und ich zurück nach St Andrews.
»Nette Leute«, sagte Ethan und war beeindruckt.
»Leider eine falsche Spur«, sagte ich.
Ich bleibe trotzdem heute Nacht. Ich mag die Baddeleys so gerne, und sie scheinen mich zu mögen. Sie wollen mir die Gegend zeigen, ich kenne Fife wirklich noch gar nicht. Ich freue mich auf morgen. Endlich freue ich mich auf etwas.
Nachtrag:
Pete hat mich angerufen. Er hat irgendwie rausbekommen, wo ich bin. Wie kann er das rausbekommen haben? Er sagte: »Komm zurück, es hat doch alles keinen Sinn, wir müssen akzeptieren, dass Sean fort ist und mit uns nichts mehr zu tun haben will.«
Ich habe aufgelegt.
Nachtrag 2:
John hat Pete angerufen. Deshalb wusste er, dass ich hier bin.
18.
Danas Finger schwebte über der Return-Taste, aber sie drückte sie nicht. In ihrem virtuellen Einkaufswagen befanden sich Waren im Wert von über fünftausend Pfund. Sie hatte die Nummer ihrer Kreditkarte eingegeben, ihre Adresse ebenso, sie hatte die Datenschutzbestimmungen und Geschäftsbedingungen akzeptiert, sie musste nur noch auf »absenden« drücken, um ihre nächtliche Einkaufsorgie abzuschließen. Die Sachen würden an ihre Adresse in Plymouth geliefert werden. Simon würde sie zurückschicken. Das Geld würde wieder auf ihre Karte gebucht werden. Irgendwann würde dieser Luxus-Onlineshop sie als Kundin sperren, vielleicht aber auch nicht. Manchmal behielt sie einfach ein paar der Dinge, um nicht gesperrt zu werden. Sie hatte längst vergessen, was sie alles in ihrem begehbaren Kleiderschrank hatte, und so war es jeden Morgen ein neues Abenteuer, als ginge sie in eine Boutique, um sich rasch einzukleiden. Sie fand immer etwas, von dem sie glaubte, es nie zuvor gesehen zu haben.
Der Impuls war da, Return zu drücken, aber sie gab ihm nicht nach. Sie schloss stattdessen den Browser und fuhr den Computer ihrer Schwester herunter. Sie war schon im Schlafanzug, aber sie musste nachdenken, über sich, vor allem aber über ihre Schwester.
Sie ging aus dem Büro und setzte sich auf eine Klavierbank, lehnte sich mit dem Rücken an einen Flügel und schloss die Augen. Wann hatte sie mit dem Einkaufen angefangen? Es war schon früh losgegangen, schon während des Studiums. Sie war da irgendwie reingerutscht. Anfangs hatte man es ihr einfach als Klamottenfimmel durchgehen lassen, bis die Beträge, die sie den Boutiquen schuldete, monatlich in die Tausende gingen. Verhaltenstherapien, Tabletten gegen zwanghaftes Verhalten, das ganze Programm, nichts hatte geholfen. Es sei ein Versuch, etwas zu kompensieren, sagten die Therapeuten. Mangelndes Selbstbewusstsein. Sie hatte dann immer nur gelacht und gesagt: Ja, das habe ich, das weiß ich spätestens seit der Pubertät, und jetzt? Nein, sie hatten ihr alle nicht helfen können. Ihr Wunsch, endlich die geliebte Tochter zu sein, nicht das Schattenkind neben Pippa, war geblieben, den hatte man ihr nicht wegtherapieren können. Sie wollte dieses Loch im Herzen mit neuen Kleidern stopfen, und für ein paar selige Minuten funktionierte es. Manchmal.
Sie fragte sich schon seit Langem, ob sie wirklich Pippa hasste oder ihre Eltern und ihren Bruder. Sich selbst. Dafür, dass sie nicht einfach loslassen, das Thema Pippa hinter sich lassen konnte. Die Antwort darauf war ihr eines Nachts, als sie nicht schlafen konnte, klar geworden: Sie wünschte sich eine Schwester, mit der sie über alles reden konnte. Die Vergangenheit, die Zukunft. Die Eltern, den Bruder. Sie wünschte sich jemanden, der genau wusste, wie sie aufgewachsen war, der sie ihr Leben lang kannte. Eine Schwester, noch vertrauter, als es jede beste Freundin sein konnte. So eine Schwester hatte sie sich als Kind gewünscht, als ihre Mutter schwanger war, aber
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