Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
Vom Netzwerk:
stieg in ihr auf, und unwillkürlich beschleunigte sie ihren Schritt.
    »… glaubt Ihr, der verschwundene Domherr verberge sich auf einer der Hufen, die das Domstift besitzt?«, hörte sie Serafina fragen.
    »Wohin sollte er sich sonst wenden?«, erwiderte Bandolf. »Wie der Scholasticus sagt, hatte Bruder Bartholomäus au ßer seinem Vetter Ulbert keine näheren Anverwandten, an die er sich wenden könnte. Demnach muss er …«

    Heilige Jungfrau!, fuhr es Garsende durch den Kopf. Sollte er nicht klüger sein, als sich von einem jungen Frauenzimmer den Kopf verdrehen zu lassen?
    Mit einem lauten Räuspern machte sie sich bemerkbar, und die beiden drehten sich zu ihr um. Ein violetter Bluterguss färbte die Wange des Burggrafen. Der Anblick verschlug ihr für einen Augenblick die Sprache, und sie runzelte die Stirn.
    »Wo bist du nur gewesen?« Bandolfs ärgerliche Stimme lenkte sie ab.
    »Ich warte schon eine halbe Ewigkeit auf dich.«
    »Ihr hättet nur Schwester Lukas nach mir zu fragen brauchen. In meiner Abwesenheit wacht sie bei Beatrix und weiß stets, wo ich zu finden bin«, gab sie zurück, während ihre Augen unwillkürlich zu Serafinas Hand schweiften, die noch immer auf seiner Brust lag.
    Garsendes Unmut schien die junge Edelfrau zu erheitern, und mit betontem Gleichmut zog sie ihre Hand zurück.
    Garsende ignorierte ihren amüsierten Blick. »Ich bin froh, Euch zu sehen, Burggraf, und würde gerne ein paar Worte mit Euch wechseln.« Mit Schärfe fügte sie hinzu: »Allein, wenn es Euch keine Mühe macht.«
    Bandolf nickte und wandte sich mit einer Verbeugung an Serafina. »Wenn Ihr mich entschuldigen wollt?«
    »Natürlich, Burggraf. Ich werde meinen Platz gerne mit der Heilerin tauschen, so es Euch nützlich ist.«
    Sie schenkte dem Burggrafen einen reizenden Augenaufschlag, Garsende ein Nicken, dann schwebte sie davon.
    Einen Augenblick sah der Burggraf ihr versonnen hinterher, dann drehte er den Kopf und fuhr Garsende ärgerlich an: »Ich hatte dich doch gebeten, ein Auge auf Beatrix von Teveno zu haben. Und nun muss ich hören, dass du sie allein gelassen hast?«
    Ebenso verärgert gab Garsende zurück: »Davon kann keine
Rede sein. Ich sagte Euch schon, dass ich sie in der Obhut von Schwester Lukas ließ.«
    »Mir wäre wohler, wenn du selbst bei der Kranken wachtest.«
    »Bei allen Heiligen! Wollt Ihr damit sagen, dass Ihr einer Nonne weniger Vertrauen schenkt, als Ihr es einem jungen Weib gegenüber tut, das Ihr kaum kennt?«, rief sie gereizt, in schöner Missachtung der Tatsache, dass sich ihr Argwohn noch just selbst auf eine Nonne gerichtet hatte.
    Der Burggraf runzelte die Stirn. »Was soll denn das bedeuten?«
    »Ich habe gehört, was Ihr mit Serafina von Asti gesprochen habt. Gelinde gesagt, hat es mich überrascht, dass Ihr derlei Dinge, wie das Verschwinden des Dombruders mit einer Fremden erörtert.« Spitz fügte sie hinzu: »Seid Ihr doch sonst so darauf bedacht, dass sich kein Weib in Eure Belange mischt.«
    Für einen Augenblick sah er sie verdutzt an, dann schüttelte er den Kopf. »Wüsste ich es nicht besser, würde ich glauben, die Missgunst gibt’s dir ein und du neidest der jungen Frau Schönheit und Stand.«
    »Da solltet Ihr mich tatsächlich besser kennen«, schnappte Garsende. Mit Mühe schluckte sie hinunter, was ihr sonst noch auf der Zunge lag, und lenkte schließlich ein: »Lasst uns ein wenig die Beine vertreten. Es ist zu kalt, um lange auf der Stelle zu stehen.«
    Schweigend durchquerten sie den Durchlass im Gästehaus und schlenderten an der Mauer entlang, die das Klostergelände nach außen abschirmte. Während der Burggraf mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt schien, versuchte sie die ihren zu sammeln. Was sie ihm unbedingt sagen wollte, bestand in der Hauptsache aus Eindrücken - hier eine Andeutung, dort eine Betonung -, die sie beunruhigt und ihren Verdacht erregt hatten. Garsende unterdrückte
ein Seufzen. Sie kannte den Burggrafen nun lange genug, um seinen skeptischen Blick vorausahnen zu können, wenn sie ihm nichts Greifbares würde sagen können.
    »Auf dem Rückweg von deiner Hütte in die Stadt zurück wurde ich angegriffen«, brach er ihr Schweigen. »Jemand setzte mir einen Dolch an die Kehle, und wäre nicht eine Pilgergruppe des Wegs gekommen, wäre es aus mit mir gewesen.«
    »Süßer Jesus«, flüsterte Garsende erschreckt. »Daher also das Mal in Eurem Gesicht. Hat er Euch sonst noch irgendwo verletzt?«
    Er machte eine wegwerfende Geste.

Weitere Kostenlose Bücher