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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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einiger Höriger zum Dienst in der Gästeküche eingeteilt war, warf Garsende einen durchdringenden Blick zu, als sie eintrat.
    »Du bist wohl die Kräuterfrau, von der hier jedermann spricht? Was willst du in meiner Küche?«, fragte sie, während sie sich wieder den Rüben auf ihrem Schneidbrett zuwandte. Ihre Miene war streng, doch eine Vielzahl feiner Fältchen um Mund und Augen schien anzuzeigen, dass sie Humor besaß und gerne lachte.
    »Ich möchte Euch bitten, für Beatrix von Teveno eine Suppe zuzubereiten«, erklärte Garsende. »Es sollte eine sehr dünne Suppe aus feinem Dinkel sein, nicht schwer und mit einer winzigen Spur Salz als Würze. Ferner ein wenig Apfel, in kleine Stücke geschnitten und weich gesotten.«

    Die Schwester hob den Kopf, und Garsende sah sich neugierig gemustert. Endlich lächelte sie. »Du scheinst zu wissen, was du tust, Kindchen. Nun denn, du sollst deine Dinkelsuppe haben.«
    Erleichtert dankte ihr Garsende und wollte sich wieder zurückziehen, aber die Nonne hielt sie zurück. »Du siehst selbst aus, als bedürftest du einer Stärkung, und niemand verlässt hungrig die Küche, wenn Schwester Anselma Dienst tut«, meinte sie. Ohne eine Antwort abzuwarten, scheuchte sie ihre Gehilfinnen um Brot und eine Schüssel des Hirsebreis, der im Kessel über dem Herdfeuer köchelte.
    Garsende protestierte, doch Schwester Anselma bestand darauf, dass sie sich auf einen Schemel niedersetzte und aß. »Du bist lang wie ein Mann und dünn wie eine Bohnenranke«, erklärte sie. »Was nützt es deiner Kranken, wenn du selbst zusammenbrichst?«
    Garsende lachte. »Das steht wohl nicht zu befürchten«, meinte sie und klaubte ihren Hornlöffel aus einem Beutel an ihrem Gürtel.
    »Ich sage es, wie es ist. Der Herrgott vergilt es nicht, wenn man nur nach dem Maul redet«, erwiderte Anselma gleichmütig. »Nun iss, und berichte mir, wie es deiner Kranken geht.«
    Die Heilerin seufzte. »Sie ist noch immer sehr schwach, und auch wenn ich gerne behaupten würde, sie könne genesen, weiß ich es nicht.«
    Nach einem strengen Blick auf ihre Gehilfinnen zog sich Schwester Anselma ein Fass ihrer Vorräte heran und ließ sich darauf nieder.
    »Seit sie hier ist, hat das arme Weib schon für einige Aufregung im Kloster gesorgt«, sagte sie.
    Fragend hob Garsende die Brauen.
    »Zuerst wusste niemand, wer sie war. Dann gab es Aufruhr
wegen ihres rüden Gatten und ihrer unverständlichen Flucht. Und dann hieß es, es käme die Kräuterdrude von Worms, um sich um sie zu kümmern.« Schwester Anselmas breites Gesicht verzog sich zu einem verschmitzten Lächeln. »Eines kann ich dir sagen: Schwester Walburga war nicht erfreut, als die Ehrwürdige Mutter beschloss, der Bitte des Burggrafen nachzukommen und die Kranke einer Fremden anzuvertrauen. Sie ist der Ansicht, du würdest Beatrix binnen kurzem ins Grab bringen.«
    »Und Ihr glaubt das nicht?«
    »Ich habe Augen und Ohren im Kopf und weiß alles, was hier in meinem Kloster geschieht. Auch war ich mir nicht zu schade, Schwester Lukas über dich auszuholen und mich zu erkundigen, was du in der Krankenstube treibst. Mir scheint, du weißt, was du tust. Und besser als Schwester Walburga. Sonst wärst du in meiner Küche nicht willkommen.« Schwester Anselma beugte sich vor und senkte ihre Stimme. »Seit Jahren kümmere ich mich um unseren Garten und verstehe mich auf die Kräuter, die darin wachsen. Schwester Walburga hingegen ist noch nicht sehr lange als Infirmarin bestellt, und Schwester Luitgard, die vor ihr den Dienst an den Kranken versah, ist plötzlich verschieden. Es blieb ihr keine Zeit, Schwester Walburga in ihr Handwerk einzuweisen. Nun sollte man zwar meinen, Schwester Walburga würde die Erfahrung einer älteren Schwester zu schätzen wissen, doch auf mich mag sie nicht hören.« Die Nonne lachte. »Ich kam als Tochter eines freien Bauern nach Mariamünster, da ist ihr meine Herkunft wohl nicht edel genug.« »Aber weshalb wurde Schwester Walburga zur Infirmarin bestellt, und nicht eine andere Schwester, die sich besser auf das Handwerk versteht?«, erkundigte sich Garsende.
    Schwester Anselma zögerte, doch dann sagte sie geradeheraus: »Es wird gemunkelt, der Erzbischof von Bremen
habe bei der Ehrwürdigen Mutter für seine Nichte gesprochen, als er im letzten Herbst zum Hoftag in Worms war.«
    »Schwester Walburga ist eine Verwandte des Erzbischofs von Bremen?«, rief Garsende überrascht.
    »Gewiss. Und wenn du mich fragst, dann hofft sie

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