Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
Vom Netzwerk:
»Ich sage dir das nur, damit du dich vorsiehst. Außerdem möchte ich, dass du mir umgehend Bescheid gibst, sobald sich Beatrix wohl genug befindet, damit man sie in mein Haus schaffen kann. Mir wäre wohler, wüsste ich euch beide nicht hier.«
    Garsende schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, davon kann noch nicht die Rede sein«, sagte sie und fragte: »Konntet Ihr erkennen, wer Euch angegriffen hat?«
    Das Gesicht des Burggrafen verfinsterte sich. »Dazu war es zu dunkel«, brummte er. »Aber wie ich es auch drehe und wende, es bleiben nur drei Männer übrig, die über das Geschick mit Waffen und die nötige Kraft verfügen könnten. Bruder Kilian …«
    »Aber Bruder Kilian ist Mönch!«, unterbrach ihn Garsende. »Sagtet Ihr nicht, Arnold von Clemante sei einem Schwertstreich erlegen? Wie könnte ein Mönch eine solche Waffe führen?«
    »Er mag es gelernt haben, bevor er sich unter das Kreuz stellte. Der Domscholasticus hat mir erzählt, dass Kilian trotz seiner Jugend schon als rechte Hand des Erzbischofs von Bremen galt. Das lässt mich vermuten, dass Kilian einer Familie von hohem Stand entstammt. Wenn er also nicht bereits als Oblate ins Kloster kam, dann wurde er schon von
Kindesbeinen an im Umgang mit Waffen vertraut gemacht und könnte leicht …«
    Doch Garsende hörte nicht mehr zu. »Schwester Anselma hat mir erzählt, dass die Infirmarin, Schwester Walburga, eine Nichte des Erzbischofs von Bremen ist. Wäre es nicht möglich, dass sie auch Bruder Kilian kennt?«
    »Und als Mönch hätte er Zugang zu Bereichen, die einem anderen verwehrt blieben. Es würde niemanden verwundern, ihn beispielsweise in einem Kloster zu sehen«, führte Bandolf ihren Gedanken zu Ende. Er kniff die Augen zusammen.
    »Da kommt mir doch etwas anderes in den Sinn«, murmelte er.
    »Was …?«
    Die Glocken der Klosterkirche übertönten ihre Worte.
    »Des Weiteren käme auch der undurchsichtige Raoul de Saint Rémy als Täter in Frage«, sagte der Burggraf, als das Geläut verklungen war, ohne ihre Neugier bezüglich seines Gedankens zu befriedigen. »Raoul ist ein Edelmann aus Burgund. Die Grafschaft Maurienne liegt in Burgund, und von dort wiederum stammen die Münzen, die Ulbert bei sich trug, als ich seine Leiche fand. Hinzu kommt, dass er mir bislang keinen glaubwürdigen Grund für seinen Aufenthalt in Worms nennen konnte und dass er einen Tag vor Ulberts Tod in der Stadt ankam. Er behauptet, er sei auf dem Rückweg von Speyer gewesen, als ich angegriffen wurde, aber darin kann er gelogen haben.«
    »Kann denn niemand bezeugen, wo er gewesen ist?«, erkundigte sich Garsende.
    Bandolf zuckte mit den Schultern. »Ich habe keinen Mann übrig, den ich nach Speyer schicken könnte«, brummte er. »Aber noch verdächtiger als er erscheint mir Lothar von Kalborn. Er war es, der …«
    »Aber Lothar kann Euch nicht angegriffen haben. Er verließ
noch vor dem Überfall auf Euch die Stadt«, stieß Garsende unbedacht hervor. »Woher willst du das wissen?«, fragte Bandolf scharf.
    Errötend biss sie sich auf die Lippen und senkte den Kopf. »Ich hörte davon«, murmelte sie.
    »Du hörtest davon? Wo denn?«
    »Herrje, wie man eben reden hört«, sagte sie gereizt.
    »Wer immer das behauptet, befindet sich im Irrtum«, erklärte Bandolf trocken. »Lothar von Kalborn ist sehr wohl noch in der Stadt. Zwar behauptet er, er sei in Lorsch gewesen, aber der Stallknecht des Bischofs ist anderer Meinung. Lothars Knecht holte den Gaul seines Herrn am frühen Morgen. Er selbst brachte es dann spät in der Nacht wieder zurück. Selbst mit einem Pferdewechsel unterwegs muss es ein scharfer Ritt gewesen sein, wenn man an einem Tag von Worms nach Lorsch und wieder zurückwill. Und der Hörige sagt, Lothars Pferd sei in gutem Zustand gewesen. Wo immer er auch war, mich hat er über seinen Verbleib angelogen.«
    Mich ebenso. Oder doch nicht?, fuhr es Garsende durch den Kopf. Lothars Gesicht und der Blick aus seinen dunklen Augen, als er sie zum Abschied küsste, wirbelten durch ihre Gedanken. Hatte er ihr nicht gesagt, er müsse die Stadt verlassen? Warum war er zurückgekehrt? Oder hatte er es gar in Worten nicht gesagt, und sie hatte es nur angenommen? Die Vorstellung, er könne sie belogen haben, traf sie härter, als sie vermutet hätte, und für einen Augenblick gab sie sich dem Schmerz hin. Dann dachte sie, dass das nicht möglich sei, hatte sie doch nie um Auskunft über sein Tun und Lassen gebeten. Warum also hätte er sie belügen

Weitere Kostenlose Bücher