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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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hätte.
    Ulbert, der sich an den Gedanken gewöhnt hatte, bald ein vermögender Mann und unabhängig vom Kaufmannsvater seiner Gattin zu sein, bestritt, das Dokument an sich genommen zu haben.
    Ein Lächeln huschte über Garsendes Gesicht. »Annalinde sagte, ihr Gatte sei ein Mann gewesen, dem man jede Regung vom Gesicht ablesen konnte«, bemerkte sie. »Es hat sie nicht verwundert, dass Arnold ihm nicht glaubte.« Ihr Lächeln verschwand. »Nachdem Ulbert auch weiterhin jede Kenntnis über das Schriftstück leugnete, verlegte sich Arnold aufs Drohen. Ulbert sei des Todes, wenn er das Dokument
nicht herausgäbe. Schließlich wurde er handgreiflich, und nur das Eingreifen eines Dritten hat verhindert, dass Ulbert schlimmer zugerichtet wurde.«
    »Der unsichtbare Lothar von Kalborn«, bemerkte Bandolf.
    Garsende spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. »Unsichtbar?«
    »Jedes Mal, wenn ich in der Bischofspfalz nach Lothar von Kalborn frage, ist er nicht da. Und ich muss wissen, ob er einen der beiden Männer kannte«, erklärte der Burggraf verärgert. »Offenbar hat er sich schon des Öfteren in Worms aufgehalten, doch was er in der Stadt eigentlich zu schaffen hat, scheint niemand zu wissen. Die Frage ist, was treibt dieser Mann eigentlich den lieben langen Tag?«
    Für einen Augenblick war Garsende, als würde ihr Herzschlag vor Schreck aussetzen. Was würde geschehen, wenn der Burggraf herausfand, mit wem Lothar seine Zeit verbrachte? Sie spürte, wie das Blut in ihre Wangen schoss, und aus dem Augenwinkel sah sie Bandolfs irritierten Blick. Rasch senkte sie den Kopf.
    Dumme Gans, nimm dich zusammen!, schalt sie sich, doch erst, als der Burggraf ungeduldig auf den Tisch zu klopfen begann und wissen wollte, wieso sie nicht weiterspräche, gelang es ihr, sich wieder zu sammeln. Mit einem weiteren Schluck aus dem Becher benetzte sie ihre plötzlich trocken gewordene Kehle und fuhr dann schließlich fort:
    »Ulbert kehrte zu Tode erschrocken in sein Quartier zurück. Nachdem er Annalinde alles gestanden hatte, beschwor sie ihn, sich dieses gefährlichen Dings sofort zu entledigen, und riet ihm, das Dokument Euch oder dem Kämmerer des Bischofs auszuhändigen. Doch obwohl Arnold ihn mächtig eingeschüchtert hatte, konnte Ulbert sich dazu nicht entschließen.« Garsende seufzte. »Die Aussicht, das Schriftstück möchte ihm den ersehnten Reichtum bringen,
war wohl zu verlockend. Er und seine Gattin gerieten darüber in Streit, und schließlich holte er die Schriftrolle aus der Truhe und stürmte davon. Das war das letzte Mal, dass Annalinde ihren Gatten sah.«
    »Was stand denn nun in dem Dokument?«, fragte der Burggraf ungeduldig.
    Garsende zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht.«
    »Was?« Die Stimme des Burggrafen überschlug sich, und er sprang auf. »Willst du damit sagen, die Witwe hat dir all das preisgegeben, um dir das Wichtigste zu verschweigen?«, brüllte er so laut, dass Filiberta vor Schreck ihren Kochlöffel in den Kessel fallen ließ und Penelope wie ein Pfeil unter dem Tisch hervorschoss, um das Weite zu suchen.
    Ruhig erwiderte Garsende: »Annalinde wusste es nicht.«
    Die Kiefer des Burggrafen mahlten, als er sich offenkundig bemühte, seines Zornes Herr zu werden. Langsam schien er sich auch zu beruhigen, und nachdem er die Tafel einmal umrundet hatte, als wäre ihm der Raum zu eng geworden, setzte er sich wieder.
    »Verdammnis!«, brummte er. »Bist du dir gänzlich sicher, dass die Witwe es nicht weiß?«
    Garsende nickte. »Es hat seinen Grund, warum ich glaube, dass Annalinde mir das nicht verschwiegen hat«, sagte sie und spürte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten. »Nachdem Ihr bei der Witwe gewesen seid, um mit ihr zu sprechen, wart Ihr kaum fort, als ein Mann in Annalindes Quartier stürzte. Er packte sie hinterrücks, setzte einen Dolch an ihre Kehle und verlangte die Herausgabe des Schriftstücks. Aber Ulbert hatte es ja mitgenommen, als er ging. Sie konnte es ihm nicht geben. Im letzten Augenblick fiel ihr ein, dass Ulbert es womöglich seinem Vetter zur Aufbewahrung gegeben haben könnte, und sie beschwor ihren Peiniger, bei Bruder Bartholomäus danach zu fragen.
Endlich ließ der Mann von ihr ab und verschwand, wie er gekommen war - nicht ohne Annalinde zu drohen, sie würde es bitter bereuen, wenn sie ihn belogen hätte.«
    »Allmächtiger!«
    »Ich glaube, dieses entsetzliche Erlebnis gab auch den Ausschlag, dass sie mir all das erzählte.«
    Nachdenklich kniff der

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