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Das zerbrochene Siegel - Roman

Das zerbrochene Siegel - Roman

Titel: Das zerbrochene Siegel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Eder
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Bergkirche schaffen lassen, doch Annalinde glaubte nicht, dass man sich dort angemessen um sie kümmern konnte. Zum Nonnenkloster Mariamünster war es nicht mehr allzu weit, und sie schlug vor, den kleinen Umweg zu machen und die Kranke dorthin zu bringen. Schließlich gab Ulbert nach.«
    Garsende trank einen Schluck aus ihrem Becher.
    »In ihrem Gefährt hatte Annalinde Gelegenheit, den Beutel zu durchsuchen, den die Fremde bei sich hatte«, erzählte sie weiter. »Sie hoffte, etwas zu finden, das ihr Aufschluss über die Herkunft des Weibes geben würde. Aber sie fand nur ein wenig Proviant, einen Kamm, ein Unterkleid - Dinge, die man auf Reisen mitnimmt.«

    »Hatte sie auch Münzen bei sich?«, erkundigte sich Bandolf.
    »Münzen?« Garsende runzelte die Stirn. »Davon hat Annalinde nichts gesagt. Wie kommt Ihr darauf?«
    Bandolf klaubte einen abgetragenen Beutel aus einer Tasche, die an seinem Gürtel hing, und schüttelte den Inhalt auf den Tisch. Silber glänzte im Schein der Fackeln, die an den Wänden der Halle befestigt waren. Garsende schnappte hörbar nach Luft. »Woher habt Ihr das?«
    »Ich fand sie in der Tasche von Ulberts Umhang, als er tot in meinem Hof lag.« Bandolf nahm eine der Münzen und drehte sie nachdenklich zwischen Daumen und Zeigefinger. »Heute Morgen war ich beim Münzmeister. Seinem weitschweifigen Geschwatze über den Unterschied zwischen den Münzen in früheren Zeiten und den Münzen, die heutzutage in Umlauf sind, und Begriffen wie Initialen und Buchstaben, Prägungen und Stempel, die er mir um die Ohren schlug, konnte ich schließlich entnehmen, dass diese Münzen vor mindestens einer Dekade geprägt wurden. Sie stammen eindeutig aus der Grafschaft Maurienne.« Behutsam, als handle es sich um zerbrechliches Gut, steckte er die Münzen zurück in den Beutel. Mit einer steilen Falte zwischen den Brauen sah er Garsende an. »Und nun frage ich dich: Wie kommt ein kleiner Edelmann wie Ulbert von Flonheim an wertvolle Denare, die aus einer Münzwerkstatt in Maurienne stammen? Mit dem Bildnis Odos, Graf von Maurienne und Savoyen, Markgraf von Turin. Des verstorbenen Vaters unserer zukünftigen Königin?«
    »Womöglich bekam er sie von seinem Schwiegervater«, überlegte Garsende laut. »Annalindes Vater ist Kaufmann. Er könnte die Münzen eingetauscht und sie Ulbert, seinem Eidam, gegeben haben.«
    »Vielleicht«, räumte der Burggraf ein. »Aber was in dem Beutel steckt, mag so manchem als Schatz gelten. Damit
ließe sich leicht eine kleine Hufe nebst Vieh und Hörigen erwerben.«
    »Es könnte sich um Annalindes Mitgift handeln«, schlug Garsende vor, doch Bandolf schüttelte den Kopf.
    »Wie es scheint, hat Ulbert die Mitgift seiner Gattin in Pferd, Rüstung und Schwert angelegt. Da wird nicht viel übrig geblieben sein.«
    »Ließe sich das nicht leicht in Erfahrung bringen?«, fragte Garsende vorsichtig.
    »Hmm«, murmelte der Burggraf, offenbar in Gedanken. Schließlich räusperte er sich und fragte: »Was hatte dir die Witwe sonst noch zu sagen?«
    Garsende sammelte ihre Gedanken. »Annalinde erzählte mir, der Trubel ihrer Ankunft in Worms habe sie derart in Anspruch genommen, dass die Begebenheit mit der Fremden …«
    »Beatrix von Teveno. Ich erfuhr ihren Namen im Kloster«, warf Bandolf ein.
    Mit einem Lächeln nickte Garsende. »… die Begebenheit mit Beatrix bei der Bergkirche bald ihrem Gedächtnis entschwunden sei. Es vergingen einige Tage, bis sie eine Veränderung im Verhalten ihres Gatten wahrgenommen habe.«
    Zunächst nahm Ulbert am Tisch des Propstes noch an den Verhandlungen um seinen Weinberg teil. Doch dann schien sein Interesse plötzlich nachzulassen. Mehr und mehr übertrug er die Sorge um einen rechten Preis seinem Vogt, während er sich selbst immer häufiger, fern seiner Gattin und seines Sohnes, in der Stadt aufhielt. Auch seine Stimmungen wechselten rasch von Ausgelassenheit, die an Übermut grenzte, zu gereiztem Zorn, den sich seine Gattin kaum erklären konnte. Ihre Verbindung war nicht aus Neigung geschlossen worden, doch, wie Annalinde behauptete, war Ulbert ihr doch größtenteils mit Freundlichkeit begegnet. Zu Anfang ihrer Ehe hatte Annalinde befürchtet,
er würde sie spüren lassen, dass er unter seinem Stand vermählt worden war. Aber wenn es Vorwürfe darüber gab, äu ßerte er sie nur seinem Vater gegenüber. Nun jedoch begegnete Ulbert auch ihr ungehalten und mürrisch und machte spitze Bemerkungen über die Kaufmannstochter, die sich

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