Das zitternde Herz
noch, und das machte mir Hoffnung. Ich rief die Polizei und einen Krankenwagen an, zuerst den Krankenwagen, aber sie kamen gleichzeitig. Dann, als ich im Krankenhaus war, habe ich euch angerufen. Die Polizei war mir gegenüber sehr mißtrauisch. Ich glaube, sie haben es auf mich abgesehen. Sie stellten eine Menge Fragen.
Die Polizei schätzt Privatdetektive nicht sonderlich. In Büchern ist der Privatdetektiv immer ein tougher Kerl, manchmal ein Ex-Polizist, und die Polizei kommt mit ihm klar. Ich glaube, der einzige Grund, weshalb sie mich nicht festgenommen haben, war mein Alter.
«
Es schien, als könne Harriet, da sie einmal begonnen hatte zu sprechen, kaum mehr aufhören. Erst die Ankunft eines Arztes unterbrach ihren Redefluß.
Er sah Kate und Reed, vielleicht könnte man sagen – hoffnungsvoll an. »Sind Sie mit der Patientin verwandt?« fragte er.
Reed stand auf. »Nein«, sagte er. »Wir kennen sie nur beruflich.
Sie arbeitet mit unserer Freundin hier zusammen«, er wies auf Harriet.
»Also ist sie auch nicht verwandt«, sagte der Arzt und warf einen Blick auf seine Karteikarte. »Wir müssen die Verwandten verständigen. «
Alle drei sahen Harriet an.
»Ich habe keine Ahnung, wo sie sind«, sagte Harriet. »Oh, mein Gott. Als sie anfing, an der Juristischen Fakultät zu arbeiten, erzählte sie, ihre Familie sei aus Idaho, aber ihre Eltern seien tot. Sie hat nie irgend jemanden sonst erwähnt. Ich weiß nicht mal, wo in Idaho. Ich kenne Idaho so gut wie gar nicht.« Sie fing an zu weinen und drückte Reeds Taschentuch an ihre Augen.
Reed wandte sich um, so daß er dem Arzt gegenüberstand. Ein offenkundig kompetenter professioneller Mann Auge in Auge mit einem anderen professionellen Mann. Der Arzt beschloß, daß Reed derjenige war, mit dem er reden würde.
»Diese Dame hier ist eine langjährige Freundin von uns«, sagte Reed, »sie ist, wie ich schon sagte, die Partnerin der Frau, auf die der Anschlag verübt wurde. Im Augenblick jedenfalls sind wir die einzigen, die Auskunft über sie geben können. Könnten Sie uns sagen, wie ihr Zustand ist?«
»Kritisch«, sagte der Arzt, mit unverhohlener Offenheit, die er der Familie vielleicht nicht zugemutet hätte, wie Kate hoffte. »Sie wurde mit einem schweren Gegenstand auf den Hinterkopf geschlagen. Wir vermuten, daß der Täter sie in dem Glauben, sie sei tot, liegengelassen hat. Wir haben es hier mit einem Schädelhirntrauma zu tun, aber wir können damit besser umgehen als manches andere Krankenhaus. Es war nicht genügend Zeit, sämtliche Formulare auszufüllen. Da die Polizei eingeschaltet wurde, spüren die vielleicht irgendwelche Verwandte auf; ich nehme an, sie ist nicht verheiratet.
«
Reed schüttelte den Kopf.
»Wir können also nur abwarten. Aber ich warne Sie, sie wird sich womöglich an nichts erinnern. Bei Hirnverletzungen ist das häufig. «
»Dürfen wir Ihnen unsere Namen dalassen«, fragte Reed, »nur für den Fall, daß Sie jemanden erreichen wollen? Ich gehe davon aus, daß Sie Name und Adresse ihrer Partnerin hier bereits haben.«
Der Arzt sah aus, als wolle er ablehnen, aber Reed hielt seinem Blick stand und reichte ihm seine Karte.
»Ah«, sagte der Arzt, als er einen Blick darauf warf. »Ein Professor der Jurisprudenz.« Und damit eilte er davon.
»Komm doch mit uns nach Hause«, bat Kate. »Wir können ihnen sagen, wo du bist.«
»Ich möchte hierbleiben«, sagte Harriet. »Vielleicht lassen sie mich zu ihr. Vielleicht spürt sie, daß ich da bin, selbst wenn sie be-wußtlos ist. Es heißt, Menschen im Koma spüren, daß man da ist.«
Kate beschloß, nicht darauf hinzuweisen, daß Toni vielleicht gar nicht im Koma lag. Sie wußte auch gar nicht, ob man sofort nach so einem Schlag ins Koma fiel oder erst nach einer gewissen Zeit. Im Wartezimmer der Notaufnahme herrschte ständig Bewegung und eine geradezu fühlbare Atmosphäre von Besorgnis und Furcht. Kate blickte Reed an, um zu sehen, ob er einen Vorschlag hatte.
»Schaut«, sagte er. »Dort drüben sind zwei Stühle. Warum setzt ihr beide euch nicht da hin und wartet? Vielleicht gibt es bald etwas Neues. Und ich sehe zu, ob ich irgendwelche Informationen bekomme – vielleicht finde ich heraus, wie weit sie in der Zwischenzeit gekommen sind, und kann sie überreden, Harriet gehen zu lassen.«
Er warf einen Blick zu der Polizistin hinüber, die am Eingang stand.
Die Polizistin beobachtete sie, als sie jetzt zu den beiden freien Stühlen gingen. Harriet
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