Das zitternde Herz
irgend jemand haben konnte, Toni zu töten. Es ist durchaus denkbar, daß es mit einem anderen Teil ihres Lebens zusammenhängt und mit uns überhaupt nichts zu tun hat, aber irgendwie bezweifle ich das. Wenn Harriet aufwacht, werden wir sie fragen, woran sie und Toni derzeit noch gearbeitet haben. Jemand muß ihre Unterlagen im Büro durchgehen. Entweder läßt Harriet mich das mit ihr zusammen machen, oder die Polizei kommt mit einem Durchsuchungsbefehl. Aber da ich annehme, daß Toni wegen deines Falls überfallen wurde, finde ich, daß wir schnellstens Klarheit in das Ganze bringen müssen.«
»Was meinst du damit?«
»Wir haben unsere Taktik geändert. Wir haben beschlossen, Leslies Vorschlag zu folgen. Wir haben in eine völlig andere Richtung ermittelt. Und keine vierundzwanzig Stunden, nachdem du diese neue Richtung mit Harriet und Toni besprochen hattest, wurde Toni überfallen. Ich neige dazu, da eine Verbindung zu sehen. Oder?
Zumindest will ich ganz sicher sein, daß es keine gibt.«
»Du meinst also«, sagte Kate, nachdem sie das im stillen überdacht hatte, »daß, wer immer verantwortlich war für deine Entführung und den Versuch, mich zu zwingen, den Feminismus zu ver-werfen, und für all das andere, angesichts der Möglichkeit, wir könnten Leslies These nachgehen, derartig Angst bekam, daß er versuchte, Toni umzubringen? Zu welchem Zweck?«
»Reine Furcht – eine hysterische Reaktion. Oder der Versuch eines Ablenkungsmanövers. Bis jetzt sind das alles nur bloße Vermutungen. Vielleicht fürchtete jemand, daß irgendwas, worauf Toni zufällig gestoßen war, sie auf die Person bringen könnte, die hinter all dem steckt. Wer weiß? Eine andere Möglichkeit ist, daß sie oder er vorhatte, Harriet zu belasten und so die ganze Firma lahmzulegen, aber irgendwas unterbrach ihn oder sie, und deshalb ist Toni nicht tot.«
»Mein Gott«, sagte Kate. Ihr wurde klar, daß sie sich jetzt mit etwas auseinandersetzen mußte, was sie, während sie sich ganz und gar Harriet widmete, sorgsam verdrängt hatte. »Mit anderen Worten, ich bin verantwortlich für das, was Toni widerfahren ist. «
»In gewisser Weise bist du das«, sagte Reed. Er versuchte nie, die Wahrheit vor ihr zu verbergen, und dafür liebte sie ihn. »Aber das ist so, als sagte man, der Ladenbesitzer sei schuld, wenn ein Polizist von jemandem, der das Geschäft überfallen hat, erschossen wird. Toni arbeitete als Detektivin, als zugelassene Detektivin. Das Risiko gehört zum Job. Und sie muß denjenigen, wer immer es war, ins Büro gelassen haben. Ich habe Harriet diesbezüglich noch nicht gefragt, aber in New York läßt man keine Bürotür offen, es sei denn, drinnen sitzt jemand am Empfang, und selbst dann gibt es im allgemeinen einen Summer, mit dem die Tür geöffnet wird. «
»Daran hatte ich gar nicht gedacht.« Kate sah beschämt aus. Es war irritierend, zu merken, in welchem Ausmaß sie noch gar nicht begonnen hatte, überhaupt zu denken.
»Also«, sagte Reed, »was du jetzt zu tun hast, ist, noch intensiver nach der Frau zu suchen, deren mögliches Motiv Leslie beschrieben hat. Sie mag nicht der Schlüssel zu der ganzen Geschichte sein; vielleicht ist sie nur ein kleiner Teil davon. Aber der Zeitpunkt des Anschlags auf Toni legt die Möglichkeit eines Zusammenhangs gewiß nahe. Intuitiv glaube ich, daß die Lösung in dieser Richtung liegt.«
»Reed, wir wissen nicht einmal, ob sie überhaupt existiert. Und wenn sie existiert, wie um alles in der Welt soll ich auf sie kommen?
Das Ganze ist absurd. Wir brauchen wenigstens ein paar Hinweise.
Mein Gott, sie kommt womöglich aus meiner Kindergartenzeit, und ich kann mich an niemanden erinnern, den ich vor mehr als zehn Jahren kennengelernt habe – und an die meisten danach auch nicht.«
»Unsinn. Was hast du gemacht, als du dachtest, es könnte ein Professor aus deinem Fachbereich sein? Du hast Listen erstellt: möglich, unwahrscheinlich, unmöglich.«
»Es gibt nur dreißig Professoren in meinem Fachbereich. Vielleicht einunddreißig – ich habe sie nicht gezählt in letzter Zeit. «
Reed ging darauf nicht ein. »Wenn du einen solchen Eindruck auf sie gemacht hast, daß sie seither vor Wut kocht, dann mußt du wenigstens irgendeine Erinnerung an sie haben, wie tief versenkt sie auch sein mag. Du mußt sie ausgraben. Es ist kaum wahrscheinlich, daß eine beiläufige Bemerkung während einer einzigen Begegnung die Ursache für all das ist. Es ist möglich, aber in diesem Fall
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