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Das zitternde Herz

Das zitternde Herz

Titel: Das zitternde Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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galt, das wurde Kate klar, als Verdächtige. War derjenige, der eine Leiche fand, immer verdächtig? Sie nickte Reed zu. Was sie nicht erwähnten, weil es sich von selbst verstand, war, daß Reed aus jenen Jahren, da er als Bezirks-Staatsanwalt gearbeitet hatte, noch immer Beziehungen hatte. Vielleicht hatte er unterdessen auch anderswo welche.
    »Wir warten hier, es sei denn, sie sagen uns in der Zwischenzeit so viel, daß wir gehen können. In diesem Fall sind wir zu Hause.«
    Kate drängte Harriet auf einen der Stühle und setzte sich auf den anderen.
    Reed legte seine Hand auf ihre Schulter, dann ging er. Kate sah, daß er kurz stehenblieb, um mit der Polizistin zu sprechen, dann war er fort. Stundenlang, so schien es, erzählte Harriet Kate jede Einzelheit, wie sie Toni auf dem Boden ihres Büros fand, sie legte Rechenschaft über jede Minute ab, da sie nicht im Büro gewesen war und so den Anschlag auf Toni ermöglicht hatte, und drehte jede mögliche Erklärung für das, was geschehen war, hin und her, Kates Fall, andere Fälle, an denen sie arbeiteten. Kate hatte keine Ahnung, wieviel Zeit vergangen war, als der Arzt abermals erschien. Sie hatte Harriet reden lassen, teils, weil sie glaubte, daß es ihr vielleicht half, vorausgesetzt, es wurde ihr nicht zur Gewohnheit, sich endlos zu wiederholen – was auf eine mögliche neurotische Reaktion hätte schließen lassen – und teils, weil sie, Kate, wirklich darauf brannte, alle Ereignisse und Begleitumstände dieses Nachmittags zu erfahren.
    Und dann erschien abermals der Arzt. Harriet brach mitten im Wort ab. Schwankend zwischen Hoffnung und Furcht, wandten sie sich ihm zu.
    »Ich glaube, Ihre Kollegin wird wieder gesund«, sagte er zu Harriet. »Jedenfalls gesünder, als wir auch nur zu hoffen wagen konnten.
    Sie hat bereits das Bewußtsein wiedererlangt, was ein außerordentlich gutes Zeichen ist, auch wenn sie noch nicht wirklich ansprech-bar ist. Womöglich wird sie sich an nichts von dem, was passiert ist, erinnern können, selbst wenn sie Menschen erkennt und sich an andere Dinge erinnert. Das ist nichts Ungewöhnliches. Wenn alles gut geht, kehrt die Erinnerung an den Überfall mit der Zeit vielleicht zurück. Sie hatte ein Blutgerinnsel, aber wir haben es gefunden und aufgelöst. Wir haben einen Arzt hier, der auf Hirntraumata speziali-siert ist, was die meisten Neurologen nicht sind.« Hier schien es, als habe er beschlossen, daß er zuviel redete – sei es aus Erschöpfung, Erleichterung oder Stolz –, und er wandte sich zum Gehen.
    Harriet streckte die Hand aus und berührte seinen Arm. »Heißt das, daß sie wieder ganz gesund wird? Daß sie nicht – na ja, gelähmt oder taub oder so etwas sein wird?« Oder nur noch dahinvegetiert, wollte Kate hinzufügen, unterließ es aber Harriets wegen.
    »Ich kann nichts versprechen. Es sieht recht gut aus – mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Entschuldigen Sie mich jetzt bitte.«
    Harriet wollte ihn offensichtlich abermals zurückhalten, aber Ka-te fiel ihr in den ausgestreckten Arm. »Für einen Arzt war er bemerkenswert mitteilsam«, sagte Kate. »Die meisten äußern entweder irgendwelchen Unsinn im Telegrammstil oder fragen, was mit der Leiche geschehen soll. Sei dankbar. Ich glaube, er hat uns wissen lassen, daß wir jetzt gehen können und sollen. Laß uns das tun. Du fragst diese nette Polizistenperson, ob du gehen darfst, gibst ihr meine Adresse, wenn sie danach verlangt, und ich vergewissere mich inzwischen, daß das Krankenhaus meine Nummer hat, obwohl ich glaube, daß Reed sie ihnen schon gegeben hat. Ich will nur sichergehen. Nun mach schon«, sagte Kate und gab Harriet einen ganz sanften Schubs. Sie hatte Harriet nie anders erlebt als absolut beherrscht, und sie fühlte sich, obwohl sie das ungern wahrnahm, wie ein Kind, das feststellt, daß sein Idol nicht allmächtig ist. Kate ging zu der Frau an der Anmeldung und wartete, um ihre Nummer noch einmal zu hinterlegen. Nichts brauchte sie so dringend wie ein paar Minuten, um sich wieder zu fassen.
    Als sie zu Hause ankamen, war Harriet – die im Taxi so heftig gezittert hatte, daß weder die Schlaglöcher noch die Fahrweise des Fahrers dafür verantwortlich sein konnten – zu Kates Verwunderung abermals den Tränen nahe. Harriet hatte einige bizarre Abenteuer in ihrem Leben bestanden, ohne zusammenzubrechen; sie hatte Ent-schlossenheit und Willenskraft aufgeboten und getan, was getan werden mußte. In dieser Situation hatte sie zweifellos die

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