Das Zombie-Trio
ich. Nur befürchte ich, dass du nicht stark genug bist, und deshalb werde ich dich nicht allein in das Krankenhaus gehen lassen.
»Du willst mit?«
»Ja, ich werde dich begleiten...«
***
Zwar wurde ich nicht sprachlos, überrascht war ich allerdings schon. Es gehörte wirklich Mut dazu, den Bau zu betreten, nach allem, was ich über ihn erfahren hatte.
»Warum sagst du nichts, John Sinclair?«
»Nun ja, ich bin überrascht, denn du weißt ja selbst, wie gefährlich es werden kann, wenn man sich im Dunstkreis des Bösen bewegt. Da tanzt man auf einem dünnen Seil.«
»Es ist mir alles klar. Aber ich bin nicht allein, du stehst an meiner Seite. Vielleicht habe ich nur darauf gewartet, dass jemand erscheint, der mir den letzten Ruck gibt. Ja, so ist es. Ob wir es schaffen, weiß ich nicht. Zumindest könnten wir die andere Seite, dieses verflucht Böse, zurückdrängen oder den Geist des Magiers für alle Zeiten vernichten.«
»Weißt du denn, was er zurückgelassen hat? Ist es überhaupt sicher, dass sich jemand in diesem alten Krankenhaus aufhält? Oder laufen wir beide nur einem Phantom nach?«
»Nein, das tun wir nicht. Das Böse ist kein Phantom. Es ist leider wahrhaftig, und Menschen wie dieser Crowley haben es manifestiert. Aber noch gibt es Menschen wie du und ich, die sich ihm entgegenstellen und ihr Leben aufs Spiel setzen.«
»Das würdest du tun?«, fragte ich.
»Ja, das würde ich. Dann wüsste ich nämlich, dass mein Tod einen Sinn hätte.«
»Bitte, ich kann dich nicht daran hindern.«
»Das würde ich auch nicht zulassen.«
Nach diesem Ausspruch verließen wir die Hütte. Jetzt stellte ich fest, dass es hier draußen doch um einiges kälter war als im Innern. Hinter mir drückte sich Jesaja aus dem Eingang, und ich wollte erfahren, ob er fror.
Die Frage konnte ich mir sparen. Er stand aufrecht neben mir, und hielt den Kopf so gedreht, dass er gegen das alte Mauerwerk schaute. An dem etwas stärker gewordenen Wind störte er sich nicht. Er brachte die Kälte mit, die ich nur im Gesicht spürte, der Prophet musste sie am ganzen Körper erleben. Er zeigte es nur nicht. Es entstand auch keine Gänsehaut auf seinem Körper. Sein Leben hatte ihn wirklich hart gemacht.
Er ging zwei Schritte, blieb wieder stehen und deutete auf das düstere Haus.
»Das ist es«, flüsterte er. »Schau dir die Fenster an. Sie liegen recht hoch. Sie beginnen in der ersten Etage, und ich habe sie oft beobachtet.«
»Hast du auch was gesehen?«
»Ja, das habe ich.«
»Und was?«, hakte ich nach.
»Bewegungen hinter ihnen. Mal ein Huschen, mal einen Schein...«
»Kein Gesicht?«
»Ich weiß es nicht«, gestand er ein. »Es kann sein. Es ist alles möglich, doch ich bin mir nicht sicher.«
»Wer könnte denn dort noch vorhanden sein?«, fragte ich.
Der Prophet drehte den Kopf und schaute mich starr an. »Geister«, flüsterte er. »Die Geister der Toten, die keine Ruhe gefunden haben. Die in Crowley’s Sinne weitermachen. Davon bin ich überzeugt.«
»Sieht man Geister?« Ich provozierte ihn bewusst mit dieser Frage.
»Manchmal schon. Immer dann, wenn sie auf sich und ihr Schicksal aufmerksam machen wollen. Dann kann man sie zu Gesicht bekommen. Es sind diejenigen, die keine Ruhe finden können.« Er deutete zu den Fenstern hoch und zeichnete mit einer Handbewegung ihre Standorte nach. »Dort waren die Erscheinungen zu sehen.«
»Kannst du sie mir beschreiben?«
Er hob die Schultern. »Vielleicht kann ich sie beschreiben. Ich habe keine genauen Gestalten gesehen, nur Umrisse, aber die waren schon etwas Besonderes.«
»Inwiefern?«
Jetzt lächelte Jesaja. »Hast du schon Geister gesehen, die eine bestimmte Farbe besitzen?«
»Nein, wohl eher nicht. Ich gehe bis heute davon aus, dass Geister die Farbe von Dunst oder Nebel besitzen.« Ich diesem Fall gab ich mich bewusst naiv.
»Aber ich, John. Ich habe etwas anderes gesehen. Sie waren blau. Sie schimmerten in dieser abweisenden kalten Farbe.«
Jetzt hatte er mich überrascht. Von blauen oder bläulichen Erscheinungen hatte ich noch nie etwas gehört. Ich kannte sie anders, und ich vernahm das Lachen des Propheten.
»Jetzt bist du überrascht, wie?«
»Das bin ich.«
»Sie waren blau«, beharrte Jesaja.
»Ja, ja, ich glaube dir. Kannst du mir auch verraten, zu wem sie wohl gehörten?«
»Zum ihm, John. Zu Crowley, zu seinen Beschützern, davon bin ich überzeugt.«
»Trotzdem haben sie ihn nicht vor dem Tod bewahren können«, erinnerte ich.
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