Das zweite Imperium der Menschheit
Aschenbecher auf und machte
eine Bewegung, als wolle er ihn auf den Rostrovier schleudern. Shemnouk ließ
sich aus dem Sessel fallen.
»Unser Freund«, erklärte Louis mit tapferem Lächeln, denn
er hatte eingesehen, dass Fragen beantwortet werden mussten, »meint, dass
ich unbedingt heiraten sollte. Als bedauernswerte Kandidatin für diesen
Job schlug er schon vor einer halben Stunde dich vor. Völliger Unsinn,
trotz Generationenerfahrung.«
»Ich habe seit vier Jahren im Urwald auf einer Krankenstation gelebt. Um
mich herum gab es wilde Tiere, unappetitliche Seuchen und Eingeborene. Ich habe
dort Dinge erlebt, die kaum möglich erschienen. Jedenfalls versagte das,
was man gesunden Menschenverstand nannte, in vielen Fällen völlig.«
Britt machte eine Pause. »Im Ernst, ich bin froh, dass ihr Humor habt.
Freue mich, euch kennen zu lernen und bin auf die Expedition neugierig.«
Britt begann, die Hände der Männer zu schütteln. Auch Shemnouk
ließ sich begrüßen. Rahard Perera tat es ihr nach. Er trug
die übliche Arroganz der Waffenmeister zur Schau; unter ihr verbargen sich
tödliche Präzision, Verantwortungsgefühl und blitzschnelle Reaktionen.
Aber die geringe Anzahl dieser hoch dekorierten Männer machte sie zu kleinen
Halbgöttern. Irgendwo schlug sich dies nieder. Privat war Rahard einer
der feinsten Kerle, die Iron kannte. Er war zusammen mit Perera zu Kolonisationsplaneten
geflogen. Sonderholm lächelte leicht.
»Da die sechs Herrschaften zur gegenseitigen Begrüßung eine
Übermenge Zeit, sehr viel Worte und wenig Höflichkeit benötigt
haben, ist es sicher angebracht, wenn die Forderungen des Imperiums auch einmal
zu Wort kommen«, sagte er. »Ihr startet also mit der TUTMOSIS in zwei
Stunden. Ziel der Fahrt: hier!«
Er übergab Baricad einen verpackten und gesiegelten Datenträger.
»Danke«, sagte der Kapitän.
»Noch etwas. Es betrifft die Flotte. Kapitän Baricad, Sie werden,
ehe Menschenleben in Gefahr gebracht werden, die Flotte zu Hilfe rufen. Ich
weiß, dass Sie nicht ohne dringende Gründe zurückfinden werden,
aber im Falle eines größeren Angriffs müssen Sie es tun. Wir
kennen viel von der Gegend zwischen Grenzplaneten und äußerem Ödland.
Aber selbst die Sternenspringer finden Kulturen, von denen niemand etwas ahnen
konnte. Dies alles geschieht in diesem Bereich der Galaxis, in den wir das Schiff
schicken werden. Achten Sie auf alles.«
»Ich werde es versuchen«, versprach Baricad. Shemnouk rollte zum Kapitän
hinüber und sprach wieder.
»Es ist einfach das Prinzip des Daseins, das zur Anwendung gelangt. Nach
der Wahrscheinlichkeitsrechnung werden das Zweite Imperium und die assoziierten
Planeten noch oft und sehr lange Zeit hindurch Planeten mit fremdartigen Kulturen
finden. Wir können sie unmöglich alle kennen. Es gab weit vor dem
Zweiten Imperium genügend Rassen, die die interstellare Raumfahrt beherrschten.
Sonst würde mein Gedächtnis keine diesbezüglichen Informationen
enthalten. Sie haben die Raumfahrt eingestellt, sind ausgestorben oder vernichtet
worden. Machen wir uns also auf die widersinnigsten Dinge gefasst. Je mehr wir
mit ihnen rechnen, desto weniger werden wir überrascht.«
Die Männer standen auf. Baricad sah hinunter auf das Gewimmel des Raumhafens.
Er war auf Berenicae Vier die einzige Verbindung zu anderen Bezirken des Alls
und zum Zentrum des Imperiums. Berenicae Vier war eine Außenkolonie. Der
riesige Schotte nahm das Thema auf und sprach mit dem Rostrovier.
»Es ist alles logisch«, erklärte er bedächtig, »denn
der Aufbau jeder Kultur findet stets nach Gesetzen statt, die wir kennen. Nur
die Variationsbreite ist unbeschränkt. Aber wenn wir erst das Schema erkannt
haben, fällt jedes Verständnis leicht.«
Sie verabschiedeten sich von Sonderholm und schüttelten ihm die Hand.
»Eigentlich beneide ich euch – ich wäre wesentlich lieber mit
euch an Bord anstatt hier in diesem Glaskasten. Aber ich bin hier eingesetzt
worden; andere Möglichkeiten scheiden aus«, sagte er. Baricad sah
ihn lange an, während Perera und Iron schon hinausgingen.
»Wenn Sie nicht der Typ sind, den es mit unwiderstehlicher Macht und Kraft
hinauszieht, dann ist es nicht das Richtige. Ein echter Raummann kommt auf der
Oberfläche eines Planeten nicht zur Ruhe. Bleiben Sie, wie und wo Sie sind.«
Louis nickte ihm zu.
»Es sind Träume«, sagte Sonderholm junior.
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