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Das zweite Imperium der Menschheit

Das zweite Imperium der Menschheit

Titel: Das zweite Imperium der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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Testsiedlungen
auf ihnen untergebracht werden. Wie Sie sehen, sind sie über die gesamte
Kugelfläche verteilt, hauptsächlich an den Grenzen. Zu einem solchen
Planeten geht Ihre morgige Fahrt. Sie begleiten eine Gruppe von sechzig Testkolonisten
– dreißig Frauen und ebenso viele Männer. Sie vermessen das
Siedlungsgelände, überwachen die erste Woche, aber Sie helfen auf
keinen Fall. Doch das wissen Sie schon aus ähnlichen Fahrten. Neu ist diesmal,
dass Sie eines der ersten Teams sind, die erstmalig der Roboter freundlicherweise
ausgesucht hat. Nach welchen Gesichtspunkten, entzieht sich meiner Kenntnis.
Ich weiß nur, dass die Maschine skurrilen Humor zu besitzen scheint. Sind
noch Fragen?«
    »Wann dürfen wir starten?«, fragte Serai Ho, der Botaniker. Hinter
seiner Höflichkeit verbarg sich eine Mischung aus europäischer Tatkraft
und asiatischer Klugheit.
    »Sie starten morgen früh um fünf Uhr. Ich bestehe auf äußerster
Pünktlichkeit. Miss Andreatta fehlt bisher. Ich darf also meine kostbare
Zeit noch einmal verschwenden. Es ist ein Jammer mit euch Wissenschaftlern.«
    Hinter Ryan ertönte plötzlich ein dumpfer Gongschlag; dann erhellte
sich der Schirm des Kommandanten. Aus farbigen Nebeln schälte sich eine
schlanke Gestalt heraus: eine junge, gutaussehende Frau. Beaufort drehte sich
gleichzeitig mit Ryan um und bemerkte, dass es sich um Jean handelte. Sie trug
einen engen Hausanzug, lehnte nachlässig, aber nicht ohne Grazie, an einem
mit Büchern und Papier beladenen Schreibtisch. »Die Götter lohnen
Euch Eure Freundlichkeit – die Dame ist unter uns. King Lear, fünfte
Szene.«
    Beaufort zitierte, während er Jean musterte. Der Eindruck des Holos war
faszinierend; Die schillernde Gestalt antwortete: »Sieh, wie er steht und
glotzt! Auch King Lear. Guten Tag, meine Herren, Kommandant Sanderholm, entschuldigen
Sie bitte, ich wurde aufgehalten. Würden Sie so nett sein und für
mich noch einmal die wichtigsten Daten wiederholen?«
    Sanderholm verzog keine Miene. Er kannte seine Wissenschaftler und auch Jean.
Sie machte an Können viel von ihrer Arroganz wett. Nachdem er noch einmal
die Daten des Auftrags heruntergesagt hatte, kam er hinter seinem Schreibtisch
hervor.
    »Ich möchte noch etwas sehr Wichtiges sagen: Sie starten morgen früh
zu einem Flug, der für das Imperium große Folgen haben kann. Positive, wie wir hoffen, und negative, wie wir fürchten. Es hängt von drei
Dingen ab. Zunächst sind die Siedler hinzubringen. Sie liegen seit mehreren
Tagen im Kälteschlaf. Dann: Wenn Sie auf ein Schiff des fremden Volkes
stoßen – und es besteht in diesem Sektor die Wahrscheinlichkeit,
dass Sie eines sichten –, keinesfalls die Feindseligkeiten eröffnen.
Sie, Gillard, haften mir dafür, dass Beaufort nicht seine Rohre heiß
laufen lässt, verstanden?«
    »Jawohl, Kommandant.« Gillard salutierte knapp.
    »Drittens: Sie gehen auf Ihre erste Große Fahrt. Sie werden eines
Tages vor der Überlegung stehen, dass alles vor der Größe und
Kompliziertheit des Weltalls verschwindet. Zeitmaß der Natur sind nicht
Menschenalter, sondern Äonen. Jetzt sehe ich noch den Zweifel auf Ihren
Gesichtern, aber an irgendeinem Punkt der Reise werden diese Zweifel weichen.
Geraten Sie nicht in Panik. Es ist wichtig, dass Sie alle zurückkommen.
Es ist alles so weit und gewaltig.« Sanderhom blickte sie in einer Art
menschlicher Hilflosigkeit an und wandte sich zurück zu seinem Sternenmodell.
»Trotz ENIGMAs Hilfe werden wir die kosmische Komplexität nie ganz
begreifen. Selbst Menschen, die wie wir aus Nova Sakkara kommen und dort mehr
Einsichten gewonnen haben, sind nicht über ein gewisses Maß der Erkenntnis
hinausgekommen.
    Vielleicht wird Ihr intellektueller Hochmut eine Kleinigkeit gedämpft werden.
Ich hoffe es. Der Start erfolgt pünktlich. Ich erwarte dieselbe Pünktlichkeit
von Ihnen. Das war alles. Guten Tag.«
    Der Kommandant sah, dass während seiner letzten Worte der Fernsehschirm
verblasst war und Jean die Verbindung getrennt hatte. Er blickte zum Fenster
hinaus. Im Schatten dunkelgrünen Sequoias schwebte dunkel spiegelnd das
Schiff und wartete auf seinen Kapitän und die Wissenschaftler.
    Noch siebenundzwanzig Stunden. Als Sanderholm sich umdrehte, waren die Männer
aus dem Raum verschwunden. Nur der Geruch von Marco Theilles Narkorette hing
verloren in der Luft.
     
    Serai Ho wusste, dass

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