Das zweite Imperium der Menschheit
seine Kollegen ausnahmslos, auf bestimmte Weise, gute
Männer waren.
»Ich bin mit meinem Helikopter gekommen«, sagte er. »Es wäre,
denke ich, eine tolle Sache, Jean zu überfallen und in ihrer Wohnung die
Datei zu öffnen, die Cerac in seiner Brusttasche hat. Man kann über
Jean schimpfen, aber sie hat immer etwas zu trinken. Macht ihr mit?«
Ihre Stimmen schwirrten durcheinander, schließlich einigten sich die Männer
und stürmten auf den glänzenden Apparat zu, der Serai gehörte.
Keiner von ihnen war älter als zweiunddreißig, nur Jean hatte noch
nicht das sechsundzwanzigste Jahr überschritten. Serai schwang sich in
den Pilotensessel. Er riss die Maschine hoch, beschleunigte und hetzte in geringer
Höhe über den Sandstreifen der Straße.
Sie kamen von Nova Sakkara, der Universität, in der die kommenden Genies
gezüchtet wurden. Seitdem die Männer unter Garry Viper das Virus kristallisiert
und es jedem Wissenschaftler eingeimpft hatten, kamen nur noch die besten Leute
von Khorsabad in den Imperiumsdienst. Außerdem waren sie noch eine besondere
Klasse Menschen: Die Wahrscheinlichkeit, dass sie etwa vierhundert Jahre alt
werden konnten, war groß.
Der Bungalow Jean Andreattas stand zwischen Bäumen und Büschen eines
Waldes. Er war in den Abhang hineingebaut und sah von außen alles andere
als eigenwillig aus. Serai landete seinen Schrauber auf der Plattform. Er ging
die Treppe hinunter und schlug mit der Faust an die Tür. Das Namensschild
trug nur Buchstaben in Kleindruck: j.a.
Die Tür ging auf; Jean blickte verwundert auf die Männer in ihren
farbenprächtigen Uniformen. Außer Serai kannte sie niemanden. Sie
musterte aus schmalen Augen die Gesichter. Serai drängte sich zwischen
Jean und der Tür durch und legte Handschuhe und Pilotenhelm ab. Er schien
sich gut auszukennen.
Vier Augenpaare sahen die junge Frau kritisch an. Gillard malte sich aus, welche
Unruhe diese Frau in die kühle Atmosphäre einer Pilotenkanzel bringen
würde und schätzte versuchsweise ihre Leistung als Biologin ab. Theille
war kritischer. Er kannte genügend Raumfahrerinnen und wusste, dass in
jedem Falle ein großer Unsicherheitsfaktor einkalkuliert werden musste.
Aber dieses junge Geschöpf lief gleichzeitig mit ihrem berühmten Namen
auch mit der lästigen Verpflichtung herum, es ihrem Vater gleichzutun.
Den gleichen Gedanken sprachen Capelts Augen aus; grün und aus dem schwarzen
Kreis von Haar und Bart seltsam hervorstechend. Er schluckte den Ansatz einer
Diagnose herunter – streiten konnten sie im Schiff später noch genug.
Beaufort suchte verzweifelt nach einem passenden Shakespeare-Zitat.
»Ich denke, dass ihr hier seid, um zusammen mit mir die Order aufzubrechen
und die Zeit des Kennenlernens zu verkürzen?«, fragte Jean und gab
die Tür frei. Die Männer traten näher und sahen sich konfrontiert
mit der stilvollen Einrichtung einer modernen Wohnhalle, die zugleich auch als
Arbeitszimmer diente. Die Fotos an den Wänden hingen in Wechselrahmen und
zeigten mikroskopische Vergrößerungen; farbig und interessant. Die
Bar war ein langer Tisch auf einem Fundament aus Naturstein; die Hocker davor
standen leer bis auf den, auf dem Serai lässig saß. Er sagte: »Ich
habe mich schon bedient. Vorausgesetzt, dass du für uns noch etwas übrig
hast.«
»Für Kollegen immer«, gab sie lachend zur Antwort, hob die Jacke
Beauforts auf und schloss die Tür. Sie trug immer noch den eng anliegenden
Hausanzug und die hochhackigen Stiefel. Sie füllte Gläser, schob sie
über den Tisch, während Gillard das Siegel von der kleinen Kassette
entfernte und den Kunststoff aufriss. Der Kapitän schien deutlich angespannt
zu sein.
»Mir bitte nichts«, brummte er.
»Ich wusste nicht, dass Raumleute enthaltsam leben müssen«, sagte
Jean schnippisch.
»Sie müssen nicht. Sie tun es nur, wenn sie sich beherrschen können.
Ich rauche auch nicht.«
»Was haben dann die Kapitäne sonst für Laster?«, erkundigte
sie sich und schob den Datenträger in den Schacht des Recorders, der das
wandgroße Holo bediente.
»Nur Sterne und Schiffe«, entgegnete Gillard und blitzte Jean an.
»Und die Frauen ...«
Marco Theille nippte an seinem Glas. Er schob den Oberkörper über
den Tisch und blickte Gillard herausfordernd an. Dann brummte er kurz:
»Der Kurs! Wohin geht es?« Gillards Blick fuhr entlang der Leitlinie
auf der Sternenkarte,
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