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Das zweite Imperium der Menschheit

Das zweite Imperium der Menschheit

Titel: Das zweite Imperium der Menschheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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die Blüte der Lilie abgeschlagen
war und im Holz des Glasrahmenfensters sich eine scharfe Kerbe abzeichnete.
Als hätte jemand mit einem scharfen Messer zugeschlagen.
    Der Chronist hatte an diesem Tag drei Seiten voll zu schreiben. Er benutzte
den letzten seiner von der Erde mitgebrachten Stylos. Er klappte das Buch zu
und überlegte sich, woher er seinen nächsten Schreibstift nehmen würde.
Aldo war einer seiner Freunde gewesen. Sein plötzlicher Tod hatte bei der
Planungsabteilung eine Lücke hinterlassen. Er war das zweite Opfer der
Siedlung. Die Vorsicht wuchs wieder in Hiorakonpolis.
    Nachts wurden die Fenster geschlossen. Alle Blaulilien wurden herausgerissen
und verbrannt.
     
    CHRONIST: Oliver Salim Sevenaer XXXII
    GESCHICHTE DES II. IMPERIUMS
     
    Robot-Handschriftliches Original,
    dazu verwendet die Logbücher der SANHERIB und der PHARAO III
     
    PROTOKOLL: Von den dreißig Elternpaaren in Hiorakonpolis stammten
achtundfünfzig Kinder, Es wurden unter diesen Nachkommen dreiundzwanzig
neue Verbindungen geschlossen, diesen entsprossen dreißig Kinder. Es gab
insgesamt acht Todesfälle. Heute, am 30. Tag des 55. Jahres der Besiedlung,
bewohnen einhundertvierzig Menschen die Siedlung.
    (Chronik von Hiorakonpolis, aus dem Register)
     
    Rim und sein Sohn blieben Jäger. Sie besaßen neben den Bögen
auch einfache Hinterlader, mit denen sie genau schießen konnten. Sie verschossen
Patronen aus Papiermasse, mit Zündhütchen versehen und mit einer Kugel
aus gehärtetem Eisen. Außerdem hatten sie noch Feuerrohre, die aber
nur als Nahkampfwaffe gedacht waren. Sie taugten nichts bei der Jagd. Nur, wenn
sie eines der Riesentiere anging, konnten sie eingesetzt werden.
    »Mehr als dreißig Mal sind wir von Tieren angefallen worden, die
sich aus vorhandenen Kleinformen herausmutiert haben«, sagte Rim ruhig.
    »Aber sie waren nicht so lebenstüchtig wie die anderen, Paps«,
meinte sein Sohn und hielt sich an der Halskette des Hundes fest. Michael war
siebzehn Jahre alt, hochgeschossen und beweglich. Auch er war Mutant. Er besaß
weiße Hornplatten anstelle der Zähne, war kräftiger geraten
und besaß mehr Ausdauer als seine Eltern.
    »Sie hatten meist irgendeinen Defekt. Entweder war ein Sinnesorgan verkümmert
oder zu schwach und an einer falschen Stelle ausgebildet. Alle diese Riesenmutationen
taugten nichts«, erklärte Michael weiter.
    Der Hund, ein Nachkomme der Kinder Fowks, war ebenfalls mutiert. Ein Riesentier
mit messerscharfen Fangzähnen. Michael wurde als einziger von ihm als Herr
anerkannt. Sie waren zusammen aufgewachsen.
    Ihr Boot glitt flussabwärts. Sie hatten Schleppnetze ausgeworfen und wollten
abends zurückkommen, um den Fang auszuteilen. Vater und Sohn verstanden
sich prächtig. Sie hatten sich zusammengetan und übten den Beruf der
Jäger in der Siedlung aus. Da sie die einzigen waren, konnten sie jedes
Beutestück zu günstigen Bedingungen umtauschen – einhundertvierzig
Menschen aßen viel.
    Es war sehr früh. Eben erst war der gelbe Ball der Sonne über die
Kurve des Steilufers hochgeklettert. Morgenwind kräuselte die Wellen. Fische
schnappten nach Luft.
    »Paps, erzähle mir bitte etwas aus den Jahren, in denen ich noch nicht
auf der Welt war«, bat der Junge. Michael unterschied sich in nichts von
anderen seines Alters; er beurteilte alle Dinge danach, ob er in ihren Mittelpunkt
passte.
    »Was soll ich dir erzählen? Du weißt es schon von mir und den
Lehrern.«
    »Pah, Lehrer! Sie brachten mir Schreiben und Lesen bei. Aber niemand konnte
mir sagen, wie eine vierschüssige Armbrust hergestellt wird.«
    »Du wirst eines Tages Schreiben und Lesen benötigen, dringender als
den Gebrauch einer Armbrust.«
    »Wann?«, maulte Michael, der es sich im Heck bequem gemacht hatte.
Boss lag hinter ihm und gab ein weiches Polster ab. Im Bug saß Rim, dem
man nicht ansah, dass er fast achtzig Jahre alt war. Die Wissenschaftler Terras
hatten gut gearbeitet, als sie seine Zellen aktivierten.
    »Eines Tages wird hier ein Schiff landen. Wenn man unsere Fortschritte
sieht und die Art erkennt, in der wir alle uns hier behaupten können, dann
wird dieser Planet zur Besiedlung freigegeben. Das heißt: Mengen von Menschen
kommen hierher, Maschinen, Flugzeuge, Schlepper und Vermessungsapparate. Häuser
und Straßen werden gebaut, Fabriken gegründet. Große Schiffe
werden in den Meeren schwimmen, die Flüsse mit

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