Das Zweite Imperium
gewiß – wobei deine Schwächen vor allem auf technischem Gebiet liegen dürften –, aber du hast dafür andere Talente, die niemand von uns besitzt. Mach dir bitte keine Sorgen – du bist eine Lens-Trägerin wie wir alle. Und glaubst du, daß die Arisier die Lens für dich angefertigt hätten, wenn sie nicht derselben Meinung wären?«
»Natürlich nicht, aber ich kann es einfach nicht verstehen. Ich fürchte mich so, Kim ...«
»Das brauchst du aber nicht. Du wirst oft vor schweren Problemen stehen, die sich aber immer irgendwie lösen lassen. Niemand wird etwas verlangen, was ernsthaft über deine Kräfte geht. Zunächst solltest du dich im Gebrauch der Lens üben. Ich komme, Lens-Trägerin!« Und er stellte die Lens-Verbindung her, die er langsam zu einem unbeschränkten Doppelkontakt ausweitete.
Clarissa war zuerst mehr als schockiert, doch nach einer halben Stunde hatte sie schon Gefallen an der Sache gefunden.
»Ich glaube, das reicht fürs erste«, sagte Kinnison. »Wir wollen dich nicht überanstrengen.«
»Keine Sorge, Kim«, sagte sie. »Würdest du mir die Lens bis zum nächstenmal aufbewahren? Ich möchte sie noch nicht ständig tragen, solange ich noch so wenig darüber weiß.«
»Natürlich«, erwiderte Kinnison. »Ach übrigens, ich möchte dich noch mit einer neuen Freundin bekanntmachen.«
»Mit einer
Freundin?
«
»Ja, Freundin Beschäftige dich ein wenig mit ihr. Als Informationsquelle ist sie sehr wertvoll. Ich bin auf dein unvoreingenommenes Urteil über sie gespannt, deshalb sage ich vorher nichts.«
»Mac – das ist Illona«, stellte er die beiden Mädchen vor, als er die Aldebaranerin hereingerufen hatte. »Ich habe Anweisung gegeben, daß du in der Kabine neben Illona einquartiert wirst, Chris«, fügte er hinzu und verließ den Raum.
»Es freut mich sehr, daß ich Sie endlich kennenlerne«, sagte Illona leise. »Ich habe schon so viel von Ihnen gehört, Miß ...«
»Nennen Sie mich ›Mac‹, meine Liebe – alle meine Freunde nennen mich so«, wurde sie unterbrochen. »Und glauben Sie nicht alles, was man sich an Bord eines solchen Raumschiffes erzählt.« Clarissa lächelte, doch in ihren Augen stand ein beunruhigter Ausdruck.
»Oh, es war nur Gutes«, fiel Illona ein. »Daß Sie eine ganz großartige Person sind und daß Sie und Lens-Träger Kinnison ein herrliches Paar abgeben – und so weiter. Sie scheinen ihn ja wirklich zu lieben!« fügte sie überrascht hinzu.
»Ja«, sagte Clarissa MacDougall einfach und musterte ihr Gegenüber. »Und Sie lieben ihn auch, was die Sache ...«
»Um Klonos willen – nein!« rief die Aldebaranerin so heftig, daß Clarissa zusammenfuhr. »Sie irren sich. Ich habe sogar Angst vor ihm. Er ist so ... nun, so überwältigend ... er ist einfach ... naja, jedenfalls könnte ich ihn niemals lieben. Bei Ihnen verstehe ich das, Sie sind selbst eine so wunderbare Person, daß ich Sie mit einem Ehrentitel anreden sollte, anstatt ›Mac‹ zu Ihnen zu sagen.«
»Das wäre wohl übertrieben«, sagte Clarissa protestierend; doch es war nicht zu verkennen, daß sie sich geschmeichelt fühlte. »Ich glaube, Sie gefallen mir.«
Minuten später waren die beiden jungen Frauen in ein angeregtes Gespräch vertieft.
Tage vergingen. Clarissa machte sich täglich mehr mit ihrer Lens vertraut, und Kimball Kinnison begann schließlich mit dem ernsthaften Training.
Da diese Art Ausbildung an anderer Stelle bereits beschrieben wurde, soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden. Jedenfalls verlangte sie Lehrer und Schülerin das Äußerste ab, wobei es sich herausstellte, daß Clarissas Geist eine ausreichende Widerstandskraft besaß. Natürlich reichten Kinnisons Möglichkeiten nicht aus, sie gleich zu einer Lens-Trägerin Zweiter Ordnung zu machen, aber es gelang ihm, dem Mädchen den besonderen Wahrnehmungssinn zu vermitteln, der ihm schon so oft geholfen hatte. Allerdings kam er hierbei nicht ganz ohne Hilfe aus, und jedesmal wenn er zu versagen drohte, wenn er nicht mehr recht weiter wußte, war ein stärkerer Geist zur Stelle, der helfend eingriff.
Kurz vor der Landung auf der Erde besprachen Clarissa und Kinnison noch einmal ihre Pläne.
»Ich stimme dir zu, daß Lyrane II ein äußerst wichtiger Planet ist«, sagte sie nachdenklich. »Daran besteht im Hinblick auf die Expedition von Lonabar und den noch unbekannten Planeten ›X‹ kein Zweifel.«
»›X‹ – das dürfte die richtige Bezeichnung dafür sein. Dabei dürfen wir aber nicht
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