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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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seiner Besitztümer, denn dort gebe es nicht nur den besten Räucheraal, sondern auch die schönsten Mädchen von East Anglia. Und alles, was einmal Onkel Ulf gehört hatte, war heute Cædmons Besitz.
    »Nur leider gibt es keine Urkunde, die das bestätigt«, gab Alfred zu bedenken.
    »Aber sicher Dutzende freier Männer, die es bezeugen könnten«, entgegnete Cædmon.
    Alfred seufzte. »Das werden sie nicht, Vetter. Alle Leute von Blackmore zittern vor Lucien de Ponthieu. Er hat einen Haufen wilder Gesellen, die er ausschickt, um die Bauern in Angst und Schrecken zu versetzen.« Cædmon runzelte ärgerlich die Stirn. »Dann ist es ein Fall für den Sheriff.«
    Alfred sah ihn verdutzt an. »Gott, Cædmon, ich vergesse immer, wie lange du fort warst. Lucien de Ponthieu ist der Sheriff von Norfolk.« »O nein …«
    »Hm. Seit einem Jahr. Und seitdem hält ihn nichts mehr. Er läßt nichts unversucht, um mich zu einem unbedachten Schritt zu provozieren. Letzten Winter haben sie meinen Vater überfallen und übel zugerichtet, als er von einem Besuch bei Tante Edith in Blackmore zurückkam. Als wir ihn fanden, habe ich wirklich gedacht, das war’s. Aber zum Glück war er sternhagelvoll, darum ist er nicht erfroren. Hat nicht mal einen Schnupfen bekommen. Aber sie hatten ihm ein paar Rippen gebrochen. Er hat sich erst im Frühling richtig erholt, schließlich ist er nicht mehr der Jüngste.«
    Cædmon lauschte ihm voller Schrecken. »Und ich nehme an, es gibt keinerlei Beweise, daß es Luciens Männer waren, die einen friedlichen, alten, englischen Edelmann überfallen haben?«
    Alfred schüttelte resigniert den Kopf. »Mein Vater hat sie gesehen. Aber was gilt das Wort eines friedlichen, alten, englischen Trunkenbolds gegen das der Männer des normannischen Sheriffs?«
    »Nichts, du hast recht.«
    »Wirst du hinreiten und mit ihm reden? Jetzt ist er schließlich dein Schwager.«
    Cædmon schnitt eine Grimasse. »Ich weiß nicht, ob das die Dinge schwieriger oder einfacher machen wird.« Ihm graute davor, Lucien wiederzusehen. Bei der Erinnerung an ihre letzte Begegnung überlief ihn jedesmal ein eisiger Schauer. Aber er konnte Alfred schlecht gestehen, was allein der Gedanke an Lucien de Ponthieu in ihm auslöste. »Irgend etwas werden wir unternehmen müssen. Schon wegen der Leute von Blackmore und Ashby. Ganz zu schweigen von Tante Edith und ihren Söhnen.«
    »Du hast recht. Zum Glück hat der Sheriff keine Ahnung, daß sie Verwandte von uns sind. Aber wenn er es je rausfindet, werden sie keinen Tag Frieden mehr haben.«
    Cædmon nickte versonnen. Sie ritten in östlicher Richtung, vorbei an den großen offenen Feldern von Helmsby, die durch tiefe Furchen in Streifen unterteilt waren. Die Mehrheit der Pächter verfügte über drei dieser Streifen, wobei je einer brachliegen mußte, damit die Erde neue Kräfte sammeln konnte. Mehr als die Hälfte der Streifen gehörte zu Cædmons Gut und wurde von Sklaven und den unfreien Pächtern bestellt, die Cædmon je nach Jahreszeit ein oder zwei Tage Arbeit die Woche schuldeten. Heute wollte er jedoch nicht die Feldarbeit inspizieren, sondern die Schafherden – die Quelle seines Wohlstandes –, und so ließen sie die bestellten Felder bald zurück und kamen auf das weite, flache Weideland.
    »Was gibt es sonst Neues?« wollte Cædmon wissen. »In drei Jahren muß sich allerhand ereignet haben.«
    Alfred hob langsam die massigen Schultern. »Die alte Berit von Metcombe ist vorletzten Winter gestorben. Jetzt hat der Müller das Sagen im Dorf.«
    Cædmon war ebensowenig überrascht wie erfreut. »Und … Gytha?« »Kriegt jedes Jahr ein Kind und scheint zufrieden. Ab und zu reitet sie für einen Tag herüber, um Ælfric und Wulfnoth zu sehen. Aber sie kommt immer seltener. Die Jungen sind ihr fremd geworden und verlegen, wenn sie hier ist. Wer weiß, jetzt, da du deine Frau hergebracht hast, kommt sie vielleicht gar nicht mehr. Wär’ sicher besser so.«
    »Ja.« Er spürte Alfreds fragende Blicke und seine Unsicherheit, und er wußte, er mußte ihm erklären, wie es kam, daß er die Frau seines Freundes als Braut nach Helmsby brachte. »Alfred … erzähl mir noch ein bißchen mehr. Laß uns die Schafe ansehen und anschließend durchs Dorf zurückreiten. Ich will mir meine Kirche von innen ansehen. Laßmich erst einmal nach Hause kommen. Und heute abend oder morgen trinken wir in Ruhe einen Becher zusammen und reden.«
    »Du schuldest mir nichts, Thane«, erwiderte Alfred und

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