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Das zweite Königreich

Das zweite Königreich

Titel: Das zweite Königreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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eingetroffen.« Er sah zur Wache an der Tür. »Laßt den Lumpen eintreten.«
    Auf ein Zeichen der Wache stolzierte ein junger Geck herein, der Cædmon schon draußen auf dem Korridor ins Auge gefallen war. Er war ein gutaussehender junger Kerl, aber zu bunt und auffällig gekleidet. Er trug ein kostbar verziertes Schwert, doch seine Hände waren so weich und rosig, daß man auf den Gedanken kommen konnte, er trage es nur zum Schmuck. Sein Name sei Roger de Beauvais, verkündete er mit einem hochnäsigen Nicken in Williams Richtung, und Cædmon dachte, daß Roger de Beauvais die Fleischwerdung aller Vorurteile war, die man in England und der Normandie gegen Franzosen pflegte: Er war eitel, eingebildet und dumm.
    »Alsdann«, sagte der König auffordernd. »Welche Antwort bringst du mir von König Philip?«
    »Mein Herr und König läßt Euch wissen, daß er Eure zu Unrecht und in Willkür erhobenen Ansprüche auf das französische Vexin in aller Schärfe und Entschiedenheit zurückweist.«
    Niemand war übermäßig überrascht, und die Miene des Königs blieb unbewegt, als er mit leiser Stimme fragte: »Und was ist mit dem normannischen Vexin?«
    »Es gibt kein normannisches Vexin, Monseigneur.«
    »Wie würdet Ihr dann das Gebiet nennen, das Philips Vater meinem Vater aus Dank für seine Treue und seinen Schutz gegen Burgund verlieh?«
    Roger de Beauvais wußte anscheinend keine Antwort auf diese heikle Frage und fuhr stur mit seiner auswendig gelernten Botschaft fort: »Darüber hinaus hat König Philip mir aufgetragen, Euch daran zu erinnern, daß Ihr als französischer Herzog sein Vasall seid, und er erwartet Euch noch in diesem Monat in Paris, um Eure Huldigung entgegenzunehmen.«
    William lachte verächtlich. »Ich bin König von England und schulde niemandem Huldigung als Gott allein.«
    De Beauvais zog die verdächtig schmalen Brauen in die Höhe. »Für den Fall dieser Antwort hat mein König mir aufgetragen, Euch folgendes in Erinnerung zu rufen: Ihr seid König von England nicht durch Geburtsrecht, sondern durch Usurpation. Und Ihr seid ein Bastard und könnt darum niemals im Stande göttlicher Gnade sein. Somit seid Ihr ihm keineswegs ebenbürtig an Rang und schuldet ihm Vasallentreue und Lehnseid.«
    Die Prinzen tauschten einen entsetzten Blick.
    William starrte den französischen Boten einen Moment ausdruckslos an, das Kinn auf die linke Faust gestützt. »Von allen Beleidigungen, die diese feige kleine Kröte, Philip von Frankreich, mir je zugefügt hat, war wohl die unverzeihlichste, mir einen so unglaublichen Dummkopf wie Euch als Boten zu schicken.«
    Rufus konnte sich ein Lachen nicht verbeißen und schlug sich hastig die Hand vor den Mund.
    Der König neigte den Kopf zur Seite. »Sagt uns, Roger de Beauvais, wie viele Männer an seinem Hof haben sich freiwillig erboten, mir diese Nachricht zu bringen?«
    »Ich verstehe nicht …«
    William winkte ab. »Nun, es ist nicht weiter von Belang. Ich könnte Euch auftragen, der kleinen Kröte auszurichten, daß ich in der Tat nach Paris kommen werde, aber anders, als er es sich vorstellt. Und ich könnte Euch auftragen, meinem verräterischen Sohn Robert zu bestellen, daß er gut beraten wäre, Paris zu verlassen, ehe ich dort einziehe, weil ich keine Verantwortung übernehmen kann für das, was passiert, wenn er mir je wieder unter die Augen kommt. Aber Tölpel, der Ihr seid, würdet Ihr die Botschaft sicher vergessen oder verfälschen, darum müssen wir einen anderen Weg finden.«
    Beleidigt reckte der junge Franzose das Kinn vor. »Ich werde Eure Nachricht wortgetreu übermitteln, seid unbesorgt.«
    Williams Mundwinkel verzogen sich nach oben. »Ja. In gewisser Weise werdet Ihr das tun. Ihr werdet der Überbringer meiner unmißverständlichen Botschaft an Philip sein. Wache.«
    Die beiden Soldaten traten hinzu und drehten de Beauvais die Arme auf den Rücken.
    »Was erlaubt ihr euch …«
    »Schneidet ihm die Zunge heraus und schickt sie Philip«, unterbrach William den empörten Boten leise. »Wartet drei Tage, dann schlagt ihm den Kopf ab und schickt ihn hinterher. Und jetzt raus mit ihm.« Die vierschrötigen Wachen nickten und führten den vor Entsetzen verstummten de Beauvais hinaus.
    Alle im Raum starrten den König an, und es war Rufus, der sich schließlich ein Herz faßte und fragte: »Paris, Sire?«
    William nickte versonnen. »Ja. Über Mantes. Weißt du noch, was du vor zehn Jahren gesagt hast, als Philip Mantes besetzte?«
    »Natürlich«,

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